Review

L.A. Crash


36 Stunden in L.A. Rassismus, Diskriminierung und Distanz werden in sich fein verflochtenen Geschichten episodisch erzählt.

Mehr will ich zu den einzelnen Geschichten gar nicht erzählen, es sind auf jeden Fall eine gute Hand voll Geschichten des Alltags, welcher aus den Fugen gerät für die Beteiligten.

L.A. Crash ist facettenreich, ist tiefgründig und ist unkonventionell. Ein Appell an die Vernunft der Menschen, ein Appell weg von üblichen vereinfachenden Denkmustern mit schwarz/weiß Denken im wahrsten Sinne des Wortes hin zu einer ambivalenten Welt, die eben nicht durch ein einfaches Weiß hasst und Schwarz wird unterdrückt und Vorurteile sind völlig aus der Luft gegriffen erklären lässt. Die Welt ist vielschichtiger als in den üblichen „Ein Hoch auf die Gleichberechtigung Filme“ der Neuzeit, welche die unterdrückten Minderheiten stets als gut denkende und unschuldige, weit von den Vorurteilen der Gesellschaft stehende Menschen darstellt. L.A. Crash zeigt Minderheiten die zwar auf ihr gutes Recht pochen normal behandelt zu werden, aber auf der anderen Seite selber diskriminieren und hassen. Jede ethnische Gruppe hat mind. einen „bevorzugten“ Feind, wenn nicht sogar gleich gar alle nicht zur selben Minderheit zugehörigen Personen mit Argwohn und Misstrauen begegnet werden. Mutig diese Seite auch einmal aufzuzeigen. Es werden Schwarze gezeigt, die tiefgründig über ihre Position in der Gesellschaft reden, sich darüber mokieren, dass Leute sie schräg ansehen obwohl sie „nicht wie Gangster aussehen“. Und eine Minute später hitchhiken sie ein Pärchen, das ihr Auto gerade besteigt.

Doch diese Sichtweise ist nur völlig herunter gebrochen und man wäre angemaßt dem Film rassistische Tendenzen zu unterstellen, wenn er eben nicht so grandios feinfühlig an das Thema herantreten würde. Es wird gezeigt: ja, manche Vorurteile sind eben nicht aus der Luft gegriffen, ja, Diskriminierte verurteilen und diskriminieren selber und ja, das Resultat aus diesen Vergehen trifft dann oft die Unschuldigen – in diesem Fall z.B. den mexikanischen Mechaniker, der Türschlösser auswechselt. Wobei ich hier auch meinen Senf dazugeben muss: wenn man nicht den Vorurteilen unterworfen werden will, dann darf man sich eben auch nicht als mexikanischer „wetback“ geben, dann darf man eben auch nicht Türschlösser austauschen und dabei seinen tättowiert Schädel und Nacken präsentieren. Wer provoziert muss auch damit rechnen, dass Leute darauf reagieren – und zwar mit Misstrauen!

Aber wieder zurück zum Film: es wird ein rassistisch handelnder Cop gezeigt, der die zuvor begrabschte Schwarze aus einem brennenden Wrack unter Einsatz seines Lebens rettet, es werden hysterisch nach Gleichberechtigung und voller falschem Stolz handelnde Schwarze gezeigt, die gar nicht merken, dass sie durch dieses Fordern Kontraproduktives erreichen, die gar nicht sehen, dass sie Klischees, gegen die sie kämpfen, erfüllen. Es werden aber auch mexikanische Hausfrauen gezeigt, die unter den Vorurteilen von Weißen leiden müssen. Es wird aufgezeigt, wie schwer es ist seine Identität zu wahren, seinen Stolz zu behalten, wenn es gilt sich unterordnen zu müssen um das oben Genannte zu erfüllen, nicht Klischeebeladen und hasserfüllt durch die Welt zu laufen.

Der Film ist leider weit zu vielschichtig um ihn hier auch nur annähernd auseinanderzunehmen. Kleinigkeiten sind mit Sorgfalt genau richtig abgestimmt, das kein falsches Bild transportiert wird. Vielleicht das eines rassistischen Backgrounds oder andersrum, dass wiedermals das übliche schwarz/weiß Denken in Hollywood, das sich zu ängstlich verhält einen schwarzen Menschen auch mit negativen Eigenschaften auszustatten, ihn als raubenden und stehlenden, tötenden Menschen zu zeigen, wie es auch vorkommt in der Welt, zu erschaffen.

Die Episoden werden unüblicherweise schon relativ früh zusammengeführt nach ca. 80% des Filmes – 20min Restspieldauer! Was einen relativ langen, meiner Empfindung nach fast schon einen Tick zu langen Schluss gab, was wiederum durch die Dichte und vor allem Anzahl der Episoden notwenig war!

Der Film ist ein Ruf und Appell an die Vernunft, an den Frieden. Großartig.

Doch nun ein paar Worte zu meiner Bewertung, die ja eigentlich nach 10 Punkten förmlich schreit.

Ich hab dem Film die 9/10 Marke verwehren müssen, da er subjektiv für mich keine neuen Erkenntnisse brachte, er mich persönlich nicht in meinen Problemen betrifft. Ich bin weder diskriminiert noch lebe ich in der eingangs kritisierten urbanen Distanziertheit und Isolation. Ich bin weder diskriminierend noch selbst diskriminiert.

Von demher kann ich keine Vergleiche mit meinem Favourite American Beauty ziehen, der mich persönlich thematisch in meinen Ängsten und Problemen zu tiefst bewegt und betroffen hat!

Parallelen dagegen sehe ich beim mexikanischen Überraschungsfilm Amores Perros, der nicht nur vom Aufbau durch episodische Erzählstruktur und Zusammenführung der Stränge L.A. Crash ähnelt, sondern auch vom Gefühl her. Zwar wird hier nicht Diskriminierung als inhaltlicher Schwerpunkt gesetzt doch man fühlt sich an die Szenen mit der schönen Frau und die Ehekrise erinnert. Wer den Film kennt wird mich verstehen, alle anderen die L.A. Crash kennen und Amores Perros noch nicht sei dieser ihnen hiermit auch ans Herz gelegt!

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