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Einer der schönsten Disney-Filme ist immer noch „Susi und Strolch“, die zarte Liebesgeschichte zwischen einer feinen Cockerspaniel-Dame und einem streunenden Mischlingshund. Zunächst wohlbehütet und liebevoll bei einem Ehepaar aufgezogen wird Susi aufgrund der Schwangerschaft ihres Frauchens plötzlich vernachlässigt und gerät mit Strolch in Kontakt, der das Leben in der freien Wildbahn ohne Verpflichtungen liebt und das Abenteuer braucht. Als das Kind da ist und die böse Tante vorübergehend mit ihren gemeinen Siamkatzen das Haus hütet, büchst Susi aus und lernt Strolchs Lebensweise kennen – nicht aber lieben…

Präsentiert in prächtigen Farben, auf die spätere Disney-Produktionen wie „Die Hexe und der Zauberer“ mit ihren eher schlichten Zeichnungen verzichteten, ist dieser 1955 fertig gestellte Film vor allem eins, nämlich unglaublich charmant. Für Kinder dürfte „Susi und Strolch“ sowieso ein Hochgenuß sein, nicht zuletzt wegen der niedlichen Tierfiguren, zu denen neben Susi mit ihren großen Augen auch Scottish Terrier Jock und Bloodhound Pluto gehören. Insbesondere letzterer sorgt für visuellen Humor und erobert allein deshalb die Herzen im Sturm, weil seine Falten je nach Bewegung entweder nach vorn oder nach hinten rutschen oder wenn er mittels Bodenschnüffeln versucht, Witterung aufzunehmen, obwohl er seinen Geruchssinn längst verloren hat. Die kleine Episode beim Biber, der unbewußt dabei hilft, Susi von ihrem Maulkorb zu befreien, ist aber ebenso einen oder mehrere Lacher wert.

Ansonsten gibt es reichlich fürs Herz – sei es, wenn Susi verzweifelt um Beachtung kämpft und damit erfolglos bleibt oder sei es, wenn sie und Strolch sich des Nachts näher kommen und vor einem italienischen Restaurant bei einem Spaghettimahl mit Fleischbällchen dinieren, während sie von den Besitzern romantisch besungen werden („Bella Notte“). Das ist zugleich sicherlich die bekannteste Szene, sogar so bekannt, daß sie fast 40 Jahre später für „Hot Shots 2“ von Charlie Sheen und Valeria Golino nachgestellt werden durfte. Später kommt auch noch ein Liebeskummeranfall Susis allererster Güte dazu, der sich so sicherlich auch analog auf die Menschenwelt übertragen läßt. Unbestrittener Höhepunkt ist allerdings der kurzzeitige Aufenthalt im Hundezwinger, der die bemitleidenswerte Umgebung besonders überzeugend darstellt und angemessen beklemmend rüberkommt. Überhaupt mehren sich gegen Ende die Konflikte und der Humor wird weitgehend durch Spannung abgelöst. Am Ende ist natürlich dennoch wieder alles happy, auch wenn es für wenige Augenblicke nicht so aussieht, und Streuner Strolch bekommt doch noch Herrchen und Frauchen – sprich: Es wird einmal mehr das Loblied auf das harmonische Familienleben gesungen, aber das kennen wir ja irgendwie nicht anders.

All das ist wie gesagt erstklassig und traumhaft gut mit Liebe zum Detail gezeichnet und unterhält über seine 70 Minuten ganz ausgezeichnet, ohne allzu sehr in den disney-typischen Süßlichkeiten zu versinken. Stets wird der Faktor Humor und Niedlichkeit eine Ecke hochgeschraubt, wenn es droht, zu rührselig zu werden. Dankenswerterweise gilt dies auch für die Songs, die auf grelles Mausgepiepse (im Gegensatz z.B. zu „Cinderella“) verzichten und sogar recht pfiffig und einprägsam sind (neben „Bella Notte“ auch das Lied der Siamkatzen). So ist „Susi und Strolch“ immer noch ein ebenso lustiges wie spannendes Vergnügen für Klein und Groß, das auch im Alter nichts von seinem Charme einbüßt. 8/10.

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