Review

Die Japaner sind ja dafür bekannt, etwas andere Filme zu machen, die oft voller Gewalt stecken und eine heftige Schockwirkung beim Zuschauer hinterlassen. Der erste "Guinea Pig" aber übertrifft alles bisher Dagewesene in Sachen Gewalt und realistischer Effekte.
Eigentlich ist es unmöglich, Stellung zu diesen "Guinea Pig" Filmen zu nehmen, man kann sie nämlich nicht zu 100 % gut und zu 100 % schlecht finden. Einerseits wäre da die Frage, wieso dreht ein Mensch solch einen Film? Was will er damit bezwecken und wen spricht er damit an? Und vor allem, was ist der Sinn des Ganzen? 3 Jugendliche oder herangehende Erwachsene entführen eine Frau. Wieso es gerade die ist, bleibt dem Zuschauer auch vorenthalten. In den kommenden 40 Minuten wird diese gekidnappte Frau aufs Übelste und Brutalste gefoltert. Im Rahmen eines Experiments, wie viel Schmerz und Demütigung ein durchschnittlicher Mensch ertragen kann. Auf Blut wird so gut wie ganz verzichtet. Die Folter fängt mit ganz "normalen" Schlägen und Tritten an und geht über Verbrennen mit kochendem Öl, Qualen durch eine Zange bis hin zum realistischsten Splattereffekt, den ich je gesehen habe. Der Frau wird eine Nadel ganz langsam und in Großaufnahme durchs Auge geschoben, bis sie an einer Stelle des Augapfels wieder austritt.
Das alles wären Gründe, den Film zu verabscheuen und zu hassen. Jeder Splatterfilm hat eine Story, wenn auch meistens eine ziemlich dünne, und in fast jedem Film haben die brutalen Szenen irgendeinen Hintergrund, um das Ganze den Leuten nur um einen geringen Bruchteil sinnvoller zu machen. Bei "Guinea Pig" ist das aber völlig anders. Und hier kommen Aspekte zum Vorschein, durch die der Film einfach nicht als schlecht bezeichnet werden kann. Bei aller Perversionen und Absurdität.
Es wird eine solch geniale Atmosphäre mit den billigsten und naivsten Mitteln erzeugt, dass ein Glaube, alles geschehe echt, nicht allzu fern liegt. Der Film wurde mit einer ganz normalen Home-Video-Kamera gedreht, dem Zuschauer wird somit ab der ersten Sekunde an der Eindruck vermittelt, es handle sich um keinen Film, sondern um eine Art Dokumentation. Dies wird mit der spärlichen bis vielleicht gar nicht vorhandenen Raumbeleuchtung noch verstärkt. Auf Musik und andere Stilmittel, die einen Film auch als solchen entlarven, wird so gut wie ganz verzichtet, ab und zu bekommt man eine, allerdings für Dokus eher übliche, Musik geboten, ganz leise und passend zum Gezeigten. Geredet wird so gut wie gar nicht, wenn, dann wird das Opfer nur beschimpf und abgrundtief erniedrigt. Und so brutal es auch klingt, die Schauspielerleistung der jungen Dame ist absolute Klasse, in keiner, wirklich keiner Situation könnte man aufgrund ihrer Mimik oder Gestik erkennen, dass alles nur gestellt ist. Sie ist neben den Effekten der Hauptgrund, "Guinea Pig" am Rande des totalen Snuff-Films siedeln zu lassen. Die Make-Up Effekte zählen ebenfalls zu den besten, die man je bestaunen durfte/konnte. Seien es die blauen Flecken, die durch die zahlreichen Schläge und Tritte entstanden sind, oder die Symptome der Verbrennung, die der Frau durch kochendes Öl zugefügt wurden oder eben die Szene mit der Nadel, die fast schon in Zeitlupe durch das Auge gestochen wird, das sich nebenbei sogar noch ein wenig bewegt.
Bei aller Abartigkeit muss man den Machern des Filmes eines lassen. Sie waren bzw. sind in der Lage, Fans von Filmen, die dachten, sie hätten das Brutalste, Abstoßendste und Schockierendste schon längst gesehen, davon zu überzeugen, dass es eben noch eine Stufe höher geht. Fans von ultrabrutalen Filmen, die "Guinea Pig" am Anfang ihrer "Karriere" gesehen haben sollten, sei es bewusst oder unfreiwillig, haben zweifelsohne das Brutalste gesehen und können ihre Leidenschaft schnell wieder aufgeben. Denn bei "Guinea Pig" vergisst man für knapp 40 Minuten, dass alles nur gestellt ist. Man muss sich nicht nur einmal während des Films fragen, wie realistisch das Ganze dargestellt wird. Wären da nicht die beiden Making-Ofs, ich würde nachvollziehen können, wieso so viele dachten, es handle sich um einen Snuff-Film.
Es ist schwer, eine Punktzahl für solch einen Film zu vergeben, aber in Anbetracht, dass es bei solchen Werken um die Atmosphäre und den Realismus der gezeigten Effekte geht, sind 9/10 Punkte angebracht. Für Leute, die sich sonst jenseits des Mainstreams befinden, wird "Guinea Pig" wohl ein Haufen Scheiße sein. Ich fühle mich auch nicht wirklich wohl dabei, dem Film 9 Punkte zu geben, aber aufgrund seiner Schockwirkung, seiner Atmosphäre und den mehr als realistischen Effekten bin ich fast dazu verpflichtet. Um das geht es ja bei solchen Filmen! Jeder sollte es sich aber vorher ernst und lange überlegen, ob er sich den Film ansehen sollte oder will.

Details
Ähnliche Filme