Review

„Für eine Archäologiestudentin sind Sie nicht sehr wissenschaftlich!“

Im Jahre 1990 war der ehemalige italienische Kult-Regisseur Lucio Fulci („Über dem Jenseits“) bereits ganz unten angelangt, hatte furchtbar billige TV-Produktionen gedreht und kaum mehr an seine alten Leistungen anknüpfen können. Insofern hat man von „Demonia“ nicht viel zu erwarten, auch wenn Horror auf Splatter auf Nunploitation trifft:

Während einer Seance bekommt die kanadische Archäologiestudentin Liza (Meg Register) schreckliche Visionen. Als Mitglied einer archäologischen Expedition entdeckt sie schließlich an einem geheimen Ort eines sizilianischen Klosters die Überreste dreier im Jahre 1486 wegen blasphemischer Rituale am Kreuz hingerichteter Nonnen. Dadurch provoziert sie die Rachegelüste der Geister der Getöteten, die fortan jeden umbringen, der die Totenruhe im Kloster stört. Liza recherchiert die Biographien der Nonnen, kann aber auch nichts mehr gegen sie ausrichten.

Der Prolog zeigt dem Zuschauer, was 1486 los gewesen ist. Nach wenigen Minuten siedelt sich „Demonia“ in der filmischen Gegenwart an und verbindet eine relativ hohe Anzahl mal mehr, mal weniger gut getrickster Splatterszenen ohne viel Sinn und Verstand durch eine wenig aufregende Geschichte, die dilettantisch erzählt wird. Die Zeit zwischen den Splattereien wurde mit reichlich belanglosen Füllszenen gestreckt, wodurch sich der Film unheimlich zieht. „Demonia“ ächzt unter erheblichen Timing-Problemen und hält sich lange mit totalen Nebensächlichkeiten auf, z.B. den Verdächtigungen gegen den Archäologen, obwohl der Zuschauer längst weiß, dass dieser nichts mit den Toten zu tun hat. Das hat die pure Langeweile zur Folge und ist ein Indiz dafür, dass das Drehbuch geradezu dahingeschludert wurde und über kaum Substanz verfügt, Fulci zudem kaum eine Idee hatte, wie er es ansprechend auf die Leinwand bringen sollte. Wer im Subtext Kritik am Klerus vermutet, liegt leider daneben, denn die Nonnen bzw. ihre Geister werden recht plump als böse dargestellt, die Unschuldige brutal foltern und ermorden und die eigentlich auch schon für fünfhundert Jahren die gerechte Strafe ereilt hat.

Visuell ist „Demonia“ auch nicht sonderlich gelungen; über vielen Bildern scheint ein Nebelschleier zu hängen, sie sehen aus, wie durch milchiges Plexiglas betrachtet. Vom typisch italienischen Kameragenie so vieler Produktionen ist nicht viel übrig geblieben. Und wenn wie im Theater geschminkte Damen in Nonnenkluft und mit punktlosem Fragezeichen auf der Stirn herumlaufen, ist das unfreiwillig komisch, aber bestimmt nicht gruselig. Die schauspielerischen Leistungen sind nicht weiter erwähnenswert, Brett Halsey („Der Pate III“) als Professor Paul Evans schlägt sich mit mäßig auffälligen bzw. mäßig talentierten „Namenlosen“ herum, die wiederum treffen auf Al Cliver („Woodoo - Die Schreckensinsel der Zombies“) in einer Nebenrolle und Lucio Fulci als Inspector Carter in einem der langweiligsten und überflüssigsten Momente des Films. So ist es also an den Spezialeffekten, das Ruder herumzureißen und tatsächlich, einige Szenen haben es in sich: Aufspießungen, der Kopf am Ankerhaken und die von einem kleinen Kind verursachte Zweiteilung des eigenen Vaters (der Kracher des Films überhaupt) erfreuen das morbide Herz; Fulcis berühmte Tierattacke, diesmal in Form augenauskratzender Katzen, darf auch nicht fehlen, wurde aber arg durchschaubar umgesetzt. Das Finale schließlich hat auch durchaus seine Momente, wirkt aber reichlich konfus, womit es sich nicht vom Restfilm unterscheidet. „Restfilm“ scheint mir auch allgemein eine gute Bezeichnung für „Demonia“ zu sein, denn der wirkt wie aus Drehbuchresten mit Fulcis restlicher Kraft und übriggebliebenen Schauspielern mittels irgendeines Restbudgets umgesetzt worden zu sein, der letzte Rest Kreativität floss dabei in die Splattereffekte. Einem „normalen“ Publikum gibt man mit „Demonia“ den Rest, Splatter-, Fulci- und Italo-Affiniciados werden ihn zumindest einmal sehen wollen und ihn möglicherweise wie ich im gerade noch gehobenen unterdurchschnittlichen Bereich einordnen. Ein schönes, irgendwie passendes Zitat aus „Demonia“ zum Schluss: „Hier ist ein Menschenleben weniger wert als ein Gefühl!“

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