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Wie so viele andere Horrorfilme greift auch „Der Teufel tanzt um Mitternacht“ alias „The Witches“, eine britische „Hammer“-Produktion aus dem Jahre 1966, die Angst vor Dörfern und Kleinstädten auf, die von der restlichen Zivilisation unbemerkt ein dunkles Geheimnis beherbergen und nach ihren ganz eigenen Idealen, Regeln und Gesetzen funktionieren. Der Film basiert auf einem Roman von Norah Lofts und Hollywood-Diva und Hauptdarstellerin Joan Fontaine („Verdacht“) höchstpersönlich erwarb die Filmrechte, um mit der Verfilmung unter Regie von Cyril Frankel ihr Comeback einzuleiten.

Das misslang zwar, der Film an sich jedoch über weite Strecken nicht. Fontaine als ehemalige Missionarin Gwen Mayfield, die nach einem aus Konflikten mit Voodooriten arbeitender Medizinmänner resultierenden Nervenzusammenbruch im englischen Dorf Heddaby eine Stelle als Lehrerin antritt, stellt ihre schauspielerischen Qualitäten über Gebühr unter Beweis und deckt zahlreiche Facetten auch subtilerer menschlicher Emotionen ab. Das trägt entschieden dazu bei, die sich eigentlich eher langwierig gestaltende Handlung dieses Okkult-Thrillers zu einem Genuss für diejenigen Zuschauer zu machen, die eine gewisse Wohlfühlatmosphäre zu schätzen wissen. Ja, es macht Spaß, Gwen dabei zuzusehen, wie sie zunächst überaus freundlich aufgenommen wird, mit zunehmenden Kennenlernen der etwas verschrobenen Dorfbewohner und ihrer Gepflogenheiten aber zu zweifeln beginnt und letztlich Gefahr läuft, einen erneuten Nervenzusammenbruch zu erleiden.

„The Witches“ ist ein wahrer Charmebolzen von Film, was nicht zuletzt in den zahlreichen starken weiblichen Charakteren begründet liegt, die hier das Heft in der Hand halten und sowohl männliche Helden als auch Schurken überflüssig machen. Ja, „The Witches“ wirkt emanzipiert, ohne in Amazonenhaftigkeit zu verfallen. Auch wenn man schon recht früh ahnt, wie der Hase läuft, fesselt insbesondere das Handlungselement um die junge Liebe zwischen einem Mädchen und einem Jungen, die von den Alten mit Nachdruck zu sabotieren versucht wird. Erinnerungen werden wach an die Spießigkeit vergangener Zeiten, Raum für etwas Romantik öffnet sich, Schmalz bleibt außen vor.

Trotz nur sehr geringen Horroranteils, der häufig lediglich durch Einblendungen afrikanischer Voodoo-Masken erzeugt wird, unterhält „The Witches“ auf seinem Weg zur Aufdeckung der Dorfverschwörung, um sich dort anhand eines blasphemischen Rituals, eines „Hexensabbats“, um 180° Grad zu drehen und während einer wahnwitzig choreographierten Tanzszene Overacting-Trash in Reinkultur zu zelebrieren. Die motorischen Zuckungen des auserwählten, jungen Opfers lassen in diesem Zusammenhang sogar einen gewissen Erotikfaktor erahnen, doch um konsequenterweise die hexenhörigen Teilnehmer und ihre Veranstaltung als lasterhaften Sündenpfuhl darzustellen und auf Nacktheit und Blut zu setzen, ist „The Witches“ letztlich doch zu bieder und vermutlich zu… emanzipiert. Das ist, zumindest was Blut und Gewalt betrifft, insofern schade, als das Finale nur noch lächerlich, unfreiwillig komisch wirkt und seine vermutlich angestrebte Wirkung verfehlt. Dem Unterhaltungsfaktor indes tut dies selbstredend kaum einen Abbruch.

Ich jedenfalls habe meinen Ausflug nach Heddaby nicht bereut.

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