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Mit ironisch-blutigem Splatter ("Severance") und clever ausgetüfteltem Mystery-Grusel ("Triangle") hat der britische Regisseur Christopher Smith etwas frischen Wind ins Horrorgenre gebracht. Auch mit seinem Debütfilm "Creep" hat er bewiesen, dass er ein Händchen für atmosphärischen Horror hat - auch wenn hier noch nicht alles überzeugt.

Die Story zum Beispiel ist schlicht und übersichtlich: Franka Potente verschläft in der Londoner U-Bahn den letzten Zug. Als sie feststellt, dass sie über Nacht hier eingeschlossen ist, beginnt ein blutiger Albtraum - denn sie ist nicht allein.

Nun sind die verlassenen Stationen und dunklen Tunnel eines nächtlichen U-Bahn-Systems geradezu prädestiniert, Handlungsort von Horrorfilmen zu werden. Und so baut der Film in der ersten halben Stunde wirklich eine ziemlich dichte Atmosphäre von Bedrohung, Hilflosigkeit und Angst auf. Auch der Trick, die tatsächliche Gefahr lange nicht zu zeigen, sondern sie nur durch entfernte Schreie, seltsame Geräusche, Andeutungen und Subjektiven des Mörders einzuführen, wirkt - besonders wenn dann etwa nach der Hälfte des Films die hässliche Fratze des Verrückten urplötzlich ins Bild kommt. Smith beweist schon hier, dass er ein Talent für gelungene Schocksequenzen hat.

Allerdings kränkelt sein Einstieg ins Genre noch an einigen Kinderkrankheiten. Zwar ist die Zweiteilung des Films durchaus in Ordnung - in der ersten Hälfte dominieren gruselige Bilder und Andeutungen, während in der zweiten hammerharter Splatter hinzukommt. Allerdings ist das alles noch nicht ganz ausgegoren: So ergötzt sich "Creep" irgendwann in völlig unnötigen Gewaltexzessen und vermengt obendrein ein paar Genre-Zutaten zu viel. So sind die Andeutungen über die Kindheitstraumata des Killers zwar atmosphärisch durchaus gelungen, werden aber nur so kurz und beiläufig angerissen, dass sie für die Handlung keinerlei Bedeutung haben und ebenso gut ganz weggelassen werden könnten.

Auch hakt die Story an allen Ecken und Enden gewaltig. Wie so oft agieren die potenziellen Opfer wiederholt absolut dämlich und unglaubwürdig, neben den gelungenen Schockszenen gibt es auch einige uralte Klischees und besonders gegen Ende häufen sich inhaltliche Logikschnitzer oder Schnittfehler - so liegt ein Obdachloser im einen Moment völlig zugedröhnt da und springt im nächsten plappernd auf, um seine verschleppte Frau zu retten.

Diesen Schwächen stehen die eindrücklichen, beängstigenden Bilder des Londoner U-Bahn-Systems sowie das absolut gelungene Finale gegenüber. Wer also gegen Gewaltszenen am Rande der Geschmacklosigkeit nichts einzuwenden hat, kann in "Creep" durchaus einen unterhaltsamen Schocker finden. Auch wenn Regisseur Smith später bewiesen hat, dass er es noch viel besser kann.

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