Das Regiedebüt von einem, der in de Folgejahren immer wieder im Genre des phantastischen Films von sich reden machen sollte: Christopher Smiths „Creep“.
Sein Erstling ist ein aufs Nötigste eingedampfter Grusler nach bekannten Bahnen, der nach der üblichen Auftaktattacke, die hier zwei Kanalarbeiter bei der Ausübung ihrer Pflicht erwischt, geht es schnell weiter und wir lernen Kate (Franka Potente) kennen, die von einer Londoner Party mit der realistischen Idee abhaut den gerade in der Stadt befindlichen George Clooney klarzumachen (selbiger hat, soviel soll verraten werden, keinen Gastauftritt in dem Film, man redet nur drüber). Das ist dann auch fast alles, was an Charakterisierung der Hauptfigur stattfindet.
Nach dem Konsum von Alk und Gras (Hauptfehler im Horrorgenre, wissen wir ja) schläft Kate in der U-Bahn-Station ein. Als sie aufwacht, sind nicht nur die Tore nach oben verschlossen, auch der titelgebende Creep macht Jagd auf sie und alle in dem Komplex befindlichen Menschen…
„Creep“ ist ein Film des Regisseur und des Drehbuchautors Christopher Smith – und schnell kristallisiert sich heraus, dass seine Stärken im inszenatorischen Bereich liegen. Aus der hundertfach gesehenen Prämisse aus der Flucht vor dem immer wieder auftauchenden, die Besetzung dezimierenden Mörder kitzelt er in den Jagd-, Verfolgungs- und Versteckszenen möglichst viel Spannung heraus, folgt getreu den Genreregeln, dass man Angreifer erst gar nicht, dann teilweise und später dann ganz zu sehen bekommt, ehe dann das übliche Zwischenspiel im Reich der Bestie und der schlussendliche Showdown folgen. Ein dreckiger Look, düstere Farben und Stilmittel wie Bildverengung dominieren das handwerklich gut umgesetzte Geschehen, doch beim Drehbuch, da ist das Handwerk weniger ausgereift.
So verhält sich der Creep recht inkongruent, meuchelt einige Opfer direkt mit Kehlenschnitt oder Stange in die Rübe, andere lässt er andauernd verletzt rumliegen, damit diese für den Ich-bin-noch-nicht-tot-Effekt auftauchen können, und wieder andere werden lebendig und kaum verletzt gefangen. Auch von den menschlichen Figuren erwartet man in Extremsituationen durchaus nicht immer die besten Entscheidungen, aber sich auf der Flucht vor dem immer nach dem gleichen Muster zuschlagenden Biest in einem Wagon zu verstecken und dann minutenlang vor einem kaputten Fenster stehenzubleiben, ist doch mehr Dummheit als man ertragen mag (das Resultat der Aktion ist dann auch wenig überraschend).
Ebenfalls leicht problematisch ist die nur grob charakterisierte Hauptfigur, die passagenweise wahrlich unsympathisch ist (sie kauft die Hilfe von Obdachlosen und scheint sich um deren Gefährdung nicht zu scheren, gibt einem mehr Geld, damit dieser einen verletzten Beinahe-Vergewaltiger von den Schienen zieht), dann aber wieder als gute Seele sein soll (sie vergibt dem Beinahe-Vergewaltiger, sorgt sich mehr um eventuell Creep-Opfer als andere). Es sind Kleinigkeiten, denn Figuren sind bei der knackig-kurzen Hatz weniger wichtig.
Interessant wird es dann, wenn sich Smith seinem Killer widmet und ein paar höher gesteckte Ambitionen offenbart, wie man vor allem auch an den Extras der DVD sehen kann: Der Creep als Kind aus einem Labor, dessen Morde teilweise falsch verstandenes und falsch ausgeübtes Chirurgenhandwerk sind, wie man in der beklemmendsten Tötungsszene des Films sehen kann. Doch viele dieser Ansätze werden nur angerissen und hinterlassen dabei auch Fragen: Wie genau hat der Creep so lange dort unten überlebt? Wenn er jede Nacht so wütet wie im Film zu sehen, warum kam das Verschwinden so vieler Leute niemandem all die Jahre über spanisch vor?
Die Darsteller sind hier dann letztendlich nicht mehr als Erfüllungsgehilfen, Franka Potente jedenfalls liefert hier auch nicht mehr als die übliche Slasherperformance des Schreiens, Wegrennens und Zurückschlagens, da mag sie anderswo noch so viel können gezeigt haben. Beim Rest vom Fest sieht es kaum anders aus, einzig und allein Paul Rattray kann als Obdachloser Jimmy noch ein paar Akzente setzen.
Kurz, knackig und inszenatorisch wirklich gut umgesetzt: Kurzweiliges Genrevergnügen bietet „Creep“ auf alle Fälle, sofern man an deftiger Hausmannskost Spaß haben kann. Über ein paar logische Ungereimtheiten, eine doch leicht unsympathische Hauptfigur und das Nicht-Nutzen einiger interessanter Ansätze muss dabei allerdings hinwegsehen können.