Handlung
Die junge Kate (Franka Potente, „Nach Fünf Im Urwald“, „Lola Rennt“, „Bin Ich Schön ?“) möchte gern dem sich in London befindlichen George Clooney auf einer PR- Veranstaltung nachstellen. Also begibt sie sich, ohnehin gerade in der Metropole, zu der in der Innenstadt gelegenen Underground-Station „Charing Cross“ und wartet auf den nächsten Zug zu ihrem Ziel. Da sie grade in Partylaune ist, nimmt sie, auf einer Bank sitzend, noch ein paar Schluck aus ihrem mitgebrachten Flachmann. Und sie schafft das Kunststück, auf der Bank einzuschlafen und erst nach der Schließung der Station wieder aufzuwachen. Natürlich sind alle Ein-/Ausgänge verriegelt (Komisch, dass das niemand kontrolliert...) und es scheint, als müsse Kate bis zum nächsten Morgen warten. Unerwarteterweise kommt aber doch noch ein Zug eingefahren, den Kate auch gern betritt, ohne sich groß Gedanken zu machen, dass das doch etwas komisch ist. Der Zug ist komplett leer, er hält plötzlich, das Licht geht aus und der verschmähte Guy (Jeremy Sheffield) steht hinter ihr. Angetrunken und auf Koks, kommt es fast zur Vergewaltigung Kates, die aber jäh unterbrochen wird, indem der Angreifer letztlich aus dem Zug gezerrt wird. Kate ist natürlich von den Socken und rennt aus dem Zug zurück zur Station, wo sie auf einen ihr bekannten Hund trifft, der sie zu einer Tür führt. Sie trifft auf das Junkiepärchen Mandy (Kelly Scott), die sie noch von einem Vorfall am Fahrkartenautomaten her kennt, und Jimmy (Paul Rattray), die sie um Hilfe anfleht du Jimmy schließlich Geld gibt, damit er sie zu einem Wachmann bringt. Der Rettungsplan läuft schief, die zurückgelassene Mandy verschwindet, Jimmy verliert den Kopf und Kate ist bald wieder auf sich allein gestellt.
Als sie auch noch in die Fänge des die Tunnel unsicher machenden „Creep“ gerät, fängt der Alptraum richtig an. Sie trifft auf den Farbigen George (Vas Blackwood, Sie wollte ja auch einen George treffen in jener Nacht. Jaja.), der weder schwimmen noch die Luft anhalten kann und muß all ihren Mut und ihre Kräfte zusammennehmen, um aus der Gewalt des „Creep“ zu entkommen.
Kritik
So lässt sich der wirklich nicht sehr komplizierte Inhalt umschreiben.
Nach den beiden rein deutschen Horrorvertretern „Anatomie“ (2000) und „Anatomie 2“ (2003) scheint der Dülmener mittlerweile -Export („Blow“/“Blow“, „The Bourne Identity“/“Die Bourne Identität“) Franka Potente nicht ganz vom Genre loszukommen beziehungsweise loskommen zu wollen. Dafür hat es sie dieses Mal nach England für eine Deutsche Co-Produktion (na ja, es sind halt ein paar Filmförderungsgelder aus deutschen Landen hinein geflossen und Frau Potente ist Deutsche), genauer in den Londoner Untergrund verschlagen.
Sie, Franka Potente, fungiert denn quasi auch als namhaftes Zugpferd der ganzen, schon beim Kinostart für Aufruhr ob sehr gewalttätiger Vorkommnisse sorgenden Produktion, denn der Rest der Besetzung ist doch weitestgehend unbekannt. Dabei agiert man insgesamt doch gar nicht mal schlecht und das vor allem in der Originalfassung, die man, zur Not auch mit entsprechenden Untertiteln, nicht verpassen sollte, da zum einen der englische Dialekt hier mitunter wieder wunderbar blüht und zum anderen die heimische Synkronisation nicht gerade einen Glanzpunkt der Zunft darstellt. Die Dialoge sind dabei nicht immer wirkliche Lichter, um es so auszudrücken, aber so ganz habe zumindest ich das auch nicht erwartet.
Aber zurück zu Frau Potente. Täusche ich mich, oder wirkt sie, ihren englischen Text eigenmündig interpretierend, nicht so charismatisch, als würde sie deutsch agieren ? Konzentriert man sich dann doch zu sehr auf die Fremdsprache ? Als Zugpferd, um den Terminus wieder aufzugreifen, will sie, so ergeht mir das dabei jedenfalls, aus welchen Gründen auch immer, nicht wirklich taugen. Oder ist es lediglich die mangelnde bis kaum vorhandene Zeichnung ihres Charakters an sich ? Zumindest mir ging der Charakter der Mandy mehr zu Herzen als Potentes profillose Power- Puppe mit blondiertem Haupthaar, obwohl erstgenannte lediglich zunächst kaum mehr als ein Sidekick ist.
Kommen wir nun aber zum Film selbst.
Regisseur Christopher Smith ist ein Neuling, was die bewegten Bilder betrifft. Das Horrorgenre scheint er aber recht gut zu kennen, zitiert er sich doch unbewusst oder bewusst in Wort und vor allem Bild quer durch den Garten des Genres. Die Urangst vor dem Allein- und Gefangensein wird durch das vermeintlich verlassene Tunnelsystem repräsentiert. Stromausfälle ist eine Referenz an jene, die Angst im Dunkeln haben, halboffene Türen verraten, dass die Protagonisten eben nicht alleine sind und „Zutaten“ wie Ratten, verwahrloste Kleidung, Abwasser, altes medizinisches Material, schmutzige Puppen und Blut repräsentieren ja für viele Zuschauer Ekel und verursachen Abscheu. So macht es den Anschein, als hätte man bei verschiedenen Horrorfilmen die gruseligen Stellen kopiert und daraus einen Film gemacht . Das fängt konkret zunächst natürlich an beim großartigen, englischen Horror „Death Line“/“Tunnel Der Lebenden Leichen“ (1972), von dem eigentlich die Gundidee übernommen und in eine etwas andere Richtung getrieben wurde, Referenzen an „An American Werewolf In London“/“American Werewolf“ (1981) finden sich und eine Menge Slasher-PiPaPo der Achziger Jahre. Lau eigener Aussage, hat Smith bei Dreh auch öfters an „Texas Chainsaw Massacre“/“Kettensägenmassaker (1974, Regie: Tobe Hooper) gedacht. Nun, das ist an und für sich ok, denn besser gut zusammengerafft und variiert als schlecht neu erfunden. Zumal das angestrebte Bemühen, dem Bösewicht emotionale Tiefe über die Negativfigur hinaus zu verleihen durchaus richtig und löblich ist. Aber leider scheitert es dann doch an eben jener Tiefe. Abgesehen von den zum Teil faustgroßen Logiklöchern, die sich nicht zuletzt in Bezug auf das „Untergrundwesen“ beziehen, sind die Umtriebe doch zu klischeebeladen, eindimensional unausgearbeitet und unbefriedigend, um wirklich zu funktionieren. Warum bringt der „Creep“ Mandy nicht gleich sofort um, sondern gönnt ihr erst mal eine Pause nach dem Kidnapping, um sie dann urplötzlich, in einem völlig unmotiviert scheinendem Sinneswandel zu töten ? Warum lagert er seine Gefangenen im Wasser ? Warum wartet er erst, bis sie tot sind, bevor er sich an sie macht ? Geht das jede Nacht so ? Wenn ja, warum ist dem Wachmann nie etwas aufgefallen ? Wozu braucht der „Creep“ seine Opfer ? Wurde „Craig“ einst im Untergrund vergessen oder dorthin abgeschoben oder ist dies seine Zuflucht ? Warum macht man den „Creep“ nicht einfach unschädlich, obwohl man mehrfach die Chance dazu hat ? Wie kommt Guy ungeschoren in den Zug ? Warum erledigt der „Creep“ Kate nicht gleich zu Anfang im Zug ? Will er spielen ?
Die im Ansatz gelungene Szene der zögernden Kate, als der „Creep“ Mandys letzte Worte wiederholt, wird zum Beispiel leider nicht vertieft oder erklärt. Bedarf es etwa erst des Sequels, das hier mitunter geradezu vorinszeniert und von den Beteiligten selbst auch alles andere als verneint wurde ? Überhaupt klopfen sich jede recht selbstgewusst auf die Schulter, wie man im „Making Of“ der DVD sehen kann. Aber sollte ein Film nicht für sich allein funktionieren müssen ? Ich denke schon.
Gut, Atmosphäre kommt streckenweise durchaus auf, der erste Teil der Laufzeit ist durchaus spannend und ein paar nette, zum Teil doch recht deftige Splatter- Effekte, die vor ein paar Jahren sich noch zumindest in Deutschland herausgeputzt worden wären, gibt es auch zu sehen, wobei das Make- Up an sich, hier speziell das des „Creep“ nicht immer überzeugt und als solches unsichtbar ist. Mit Sean Harris hatte man einen wie es scheint durchaus charismatischen Schauspieler an Land gezogen, dem man ruhig etwas mehr Spielraum hätte geben können. Ausreichend für einen länger währenden Genrevertreter, der sich allein wegen seines nicht sonderlich innovativen Inhalts mit bisher erschienenen Filmen messen lassen muß, ist das sicher nicht.
Das fiepsde Geschrei des „Untergrundlers“ nervt zudem doch schnell, ist dann nicht mehr wirklich Angst einflößend und wenn man sich genauer die technische Umsetzung ansieht, so herrscht auch eher Mittelmaß. Da ist der Schnitt (Kate Evans) mitunter fast stümperhaft, Anschlussfehler sind zu verzeichnen und die Kameraführung Danny Cohens ist oft auch arg einfallslos. Das die Spannung ab der Mitte des gerade einmal 82 Minuten, inklusive des langsam laufenden, ausgiebigen Abspanns, laufenden Filmes abfällt, ist nur noch unterstreichend, denn trotzdem gegen Ende eine Art Sicko- Charkter positiv aufflackert, vermag das Ganze nie wirklich gekonnt, sich von der durchaus gelungenen ersten Hälfte aufbauender Spannung zu einen packenden Finale zu mausern und fällt dramaturgisch eher in zwei Hälften, wobei eben die zweite zu angestrengt wirkt. Vielleicht hätte man das Ganze entweder zu einem Kurzfilm schrumpfen oder aber eben weitaus mehr in Details gehen sollen, was den Inhalt betrifft. So aber sitzt das Ergebnis merkwürdig zwischen den Stühlen.
Fazit
Es gibt schlimmere Verbrechen an der Kinokultur. „Creep“ ist ein durchaus unterhaltsamer, streckenweise wirklich horrender, blutiger und spannender kleiner Horrorfilm mit ein paar gelungenen Momenten, dem aber letztlich die nötige Tiefe und Essenz fehlt, um als bleibendes Werk zu überzeugen und der unter einem unausgereiften, voller Unlogik steckenden Drehbuch leidet.