Ich muss doch hier mal sehr die Lanze brechen, die spitzen Zungen etwas beschneiden, mal fachmännische Worte zu “Freakstars 3000” aussprechen. Jeder hat so seine selbsternannte Aufgabe im Leben: der eine dreht Filme (über Behinderte), der andere schaut Filme (nach der Arbeit mit Behinderten): in diesem Fall inszeniert Christoph Schlingensief eine Art “Deutschland sucht den Superstar” mit Behinderten, mein alter Ego als gelernter Heilerzeihungspfleger und langjähriger Kenner von behinderten Menschen schaut sich mit einem unterhaltendem, als auch einem argwöhnischem Auge das bunte Treiben an.
Schlingensief mag provokant sein, sein Stil experimentell und politisierend, jedoch in diesem Fall auf jedem Fall sehr human und an den Menschen appellierend - ein Appell zu mehr Nachdenken: was schaut man? Menschen die vielleicht mit dieser Chance - einmal im Leben im Fernsehen aufzutreten und vielleicht eine gewisse Zeit in den Medien zu sein ohne wirklich was geleistet zu haben und wirklich mit Herzblut dabei sind - oder aber Menschen die alles geben, wirklich Energie geladen bei der Sache sind und wirklich Spaß daran haben? Man schaut ersteren Schwachsinn, doch die wahren Talente die drängen sich nicht auf, die werden gefunden und finden meist keine Beachtung. Für dieses in manchen Augen provokante Vorhaben / Experiment namens “DSDS mit Behinderten” gab Schlingensief ein Casting in einem Behindertenwohnheim in Berlin vor, bei dem zahlreiche mehr oder weniger stark behinderte Menschen aus der Umgebung teilnahmen. Doch das Casting ist nur ein lange Weg zum ersten Auftritt der sich immer weiter heraus kristallisierenden Teams der verschiedenen Persönlichkeiten.
Dabei werden Gesangsproben geboten, szenische Darbietung oder Enthusiasmus sind aber auch Kriterien für eine Aufnahme. Schlingensief geht hierbei sehr behutsam vor und einfühlsam-humorvoll kann er auch manche Absage gut herüber bringen. Hier sieht man schon das die Behinderten sowas weitaus weniger ernst nehmen als wir “Normalen”, im Gegensatz auch eine Euphorie klar echter ist. Eine interessante Auswahl bildet letztendlich die Band, besonders nett ist Mario, der österreichische “Daniel K.” dieser läßt das Original weit hinter sich; der einzig markante "Bezug" zu dem Original. Doch jeder wird hier gleichberechtigt, manche Schicksale geschildert, Empfindungen ob des (Nicht)Weiterkommens, Probleme beim Band-Zusammenhalt oder andere persönliche Angelegenheiten - alle wunderbare Persönlichkeiten vorgestellt.
Überhaupt nicht plakativ Schlingensiefs Stil - eine Verballhornung, eine Diskriminierung, eine Zur-Schau-Stellung, nein absolut nicht. Wirklich mit viel Liebe gemacht, mit viel Liebe die Darsteller bemüht. Den Spaß den sie hatten überträgt sich vollends auf einen! Das diese Gefühle die echt sind, das kann ich bestätigen - jeder Tag, ein Erlebnis! Kunterbunt, lebenswert - wie es einem jeden gebührt…