Der erste einer kleinen und kurzlebigen Reihe von besser als üblich gestellten oder zumindest so produzierten und auch so aussehenden Filmen aus dem Hause David A. Prior, in dem der Autor und Regisseur den größeren Markt eröffnen und sich über die Stammzuschauerschaft hinaus erheben wollte. Während der Blütezeit des Videomarktes und dem entsprechenden Zusammenhalt von Angebot und Nachfrage wurde das Geld nunmehr auch in den Mainstream investiert, was entsprechende Auslagen wie die Gehälter für bekannte Gesichter und Namen und ebensolche ansprechende Geschichten erforderlich machte; eine Ausgabe, die der Produktionsfirma AIP bisher eher zweitrangig bis vernachlässigbar erschien. Wie auch in den nachfolgenden Werken Center of the Web (1992), Raw Justice (1994) und Felony (1994) wurde in Sachen Genre dabei ausnahmsweise der Thriller und nicht der gewohnte Actionpunsch der billigen Marke anvisiert:
Als der Rennfahrer Jimmy Clayton [ Ted Prior ] bei einem Autorennen grausame Visionen eines kürzlich in der Umgebung stattgefundenen Mordes vor seinen Augen hat, muss er den Wettkampf unterbrechen und fühlt sich darüber hinaus zutiefst verstört. Zwar stellt er sich bei der ermittelnden Poliezi unter Führung von Captain Gavin [ Glenn Ford, der nicht einmal mehr sor ichtig von seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch hoch und hervor kommt ] und Lt. Bruce Ellis [ Schnapsnase #1: Jan-Michael Vincent ] vor, ignorieren die aber den 'Augenzeugen'. Dabei erregt Clayton allerdings die Aufmerksamkeit der zufällig anwesenden Reporterin Gloria Freedman [ Sandahl Bergman ], die eine heiße Story wittert und sich auch privat für den attraktiven Jedermann interessiert. Während Claytons Freund und Kollege Blake Garrett [ Schnapsnase #2: Randall 'Tex' Cobb ] von der Liaison und der herumschnüffelnden Journalistin wenig begeistert ist, freut sich Jimmys Schwester Gina [ Traci Lords ] umso mehr. Doch bald wird auch sie in die andauernden Mordfälle hineingezogen und Clayton selber zum Verdächtigen der Polizei.
Zum Erscheinungsdatum sicherlich einer von vielen, wenn denn überhaupt von der breiten Masse registriert, entpuppt sich Raw Nerve im Nachhinein als durchaus vielversprechend aufgelegtes Konstrukt, dass zwar inhaltlich seine Sprünge und die Wendungen in das Abstruse und Absurde nebst auch darstellerischen Entgleisungen macht, aber dennoch einen Satz in der gewohnten Qualität nach vorne geht. Bisherige Arbeiten der Brüder Prior waren stets in einem Satz zusammenfassbar und auch so auf das Simple, das Banale gar und darum dann die Aktion bzw. das Aufeinandertreffen von Protagonist und Antagonist und das Erhaschen des Gegners angelegt. Hierbei passieren gleich mehrere Dinge, die verschiedene Figuren zusammenbringen und wieder auseinander dividieren, sind Rätsel in der inhaltlichen Materie und Merkmale der Inszenierung abseits vom Schleichen durch den Wald und dem Austauschen von Munition mit dem Feind angesetzt.
So wandelt der Film in seiner Formulierung zwar weiterhin auf fremden Pfaden und dort auch größeren Spuren, werden der Reihe nach andere Quellen wie The Funhouse (1981), überdeutlich auch der nur unwesentlich früher gelaufene Night Game (1989) in seiner nach außen scheinenden Fassade und ansonsten auch viel Brian DePalma, nicht die schlechtesten Ideen also zitiert und variiert. Der Verlauf des Ganzen ist milde holprig, aber nie mit größeren Pausen der Nichtigkeit oder gar dem allgemeinen Desinteresse arretiert, gibt es Wendungen und Effekte und auch genug (obskure) Präsenz, die die Aufmerksamkeit durchgängig erregen und ein großer Fortschritt zu dem vorherigen (und auch nachfolgenden) in der Laufbahn des Regisseurs sind.
Ted Prior, das Naturtalent, selber hat dabei durchaus das Aussehen eines leading man, der trotz sichtlich durchtrainierten Körpers dennoch Joe Somebody bzw. Everyday Joe aus der weißen Mittelschicht und so Identifikationsfigur für die damalige vorherrschend gesuchte Klientel ist. Bewegen tut er sich etwas seltsam, macht aber auch abseits von Feld, Wald und Wiese und neuerdings im Vorort auf der Straße und in richtiger Kleidung eine gute Figur, was auf den männlichen Seite der Besetzung noch mit dem verkniffen aussehenden, die Rolle abspulenden Jan-Michael Vincent als so kleine Gegensatzpaarung und Streithammel um die gleiche Frau ergänzt wird. Böcke schießen tun Waldschrat Cobb und leider auch Altstar und Aushängeschild Ford, dessen Anwesenheit natürlich schon etwas Glanz in die billige Hütte, aber auch seltsames Overacting als harten Hund vom Dienst mit sich bringt. Ein Routinier, der sekundenweise immer noch Klasse versprüht, aber für die Rolle als Knochen schon etwas zu alt ist und meist auch mehr sitzt als steht und letztendlich auch mit den Dialogen aus der puren Durchschnittlichkeit bis hin zur Lächerlichkeit geplagt ist.
Formell funktioniert das Ganze gerade in den Suspenseszenen etwas besser, wird der Killer handelsüblich mit schwarzen Handschuhen und nur von den Knien abwärts, dafür bei den Ausübungen des tödlichen Tuns mit der dicken Shotgun im Anschlag als wahrhaftige Bedrohung inszeniert. Auch der Wechsel von Perspektiven, das Spiel mit dem Fragwürdigen, dem Nichtseinkönnen und dem Eintreffen des Befürchteten wird gerade in der Gestaltung des sich näher rückenden und sich beengenden Raumes ganz willkommen montiert und mit kleinen Applaus registriert. Angereichert mit kleineren Aktionseinlagen wie eine Schießerei auf dem Airport nebst anschließender Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagd auf und durch die Strassen von Mobile, Alabama, USA, der gewohnte Dreh- und Produktionsort der Gebrüder Prior, wo man nun tatsächlich und endlich auch mal die Stadt selber, und nicht nur die Wälder drumherum sieht.