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Wenn zu Beginn ein Mann (Tony Lo Bianco) lässig durch die Gassen Genuas schlendert, täuscht dieser Eindruck. Commissario Logallo (Adolfo Celi) kennt ihn schon seit langem und lässt ihn beobachten. Er nennt ihn nur den "Amerikaner" - ein Ex-Polizist mit italienischen Vorfahren, mit dem er früher zusammen arbeitete und über dessen Anwesenheit in Genua er gerne mehr wissen möchte.

Als der "Amerikaner" wieder zu seiner Wohnung zurückkehrt, geht der Film gleich in die Vollen - er wird von einigen Männern erwartet, die ihn brutal zusammenschlagen, bevor ihr Boss, ein Gangster französischer Herkunft, die Asche seiner Zigarette auf den am Boden liegenden Mann fallen lässt. Regisseur und Autor Mario Lanfranchi lässt von Beginn keinen Zweifel daran entstehen, dass ein Tiefschlag nach dem anderen folgen wird, aber der "Amerikaner" wird nie mehr so am Boden liegen. Ab sofort bestimmt er die Handlung und auch seine gute Laune wird ihn nicht mehr verlassen.

Obwohl erst Ende 40, drehte Mario Lanfranchi mit "Genova a mano armata" 1977 seinen vorletzten Film und trat zum letzten Mal als Schauspieler auf. Bekannt wurde er schon in den 50er Jahren als Produzent und Regisseur, der die Karriere der Opernsängerin Anna Moffo, seiner zukünftigen Ehefrau, förderte. Mit ihr in der Hauptrolle inszenierte er eine Vielzahl von Opern für das Fernsehen oder den Film, aber parallel spielte er kleinere Rollen in diversen Actionfilmen und Italo-Western, bevor er mit "Sentenza di morte" selbst einen solchen umsetzte. Dieser Experimentierfreudigkeit blieb er treu, befasste sich noch mit einem Drama ("Il bacio") und einer frivolen Komödie ("La padrona è servita"), bevor er seinen ersten Polisciotto in Angriff nahm.

Diese Lust am Genre ist dem Film jeden Moment anzumerken, denn Lanfranchi hält sich nicht mit einer komplexen Story auf, sondern konzentriert sich auf ständige Action und witzige Dialoge. Verlassen kann er sich dabei auf seine beiden Protagonisten, denn wenn der Commissario und der "Amerikaner" aufeinander treffen, bleibt kein Auge trocken, egal wie verzwickt die Situation gerade ist. Beide scheinen sich in inniger Abneigung zugetan, retten sich auch mal gegenseitig das Leben, um im nächsten Moment wieder despektierliche Bemerkungen loszulassen. Während Adolfo Celi dabei eine gewohnt standfeste Figur macht, überzeugt Tony Lo Bianco durch hohe Geschwindigkeit, die nie ihre Lässigkeit verliert.

Ihm zur Seite gesellt sich noch Maud Adams als geheimnisvolle Auftraggeberin, deren Rolle von Beginn an so angelegt ist, dass man ihr kein Wort glaubt, aber gerne dabei zusieht. Mit ihr leistet sich der "Amerikaner" frivol angelegte Dialoge, die aber immer mit genügend Zynismus angereichert sind, womit der Charakter des Films ausreichend beschrieben ist. Lanfranchi macht entsprechend auch nicht vor Selbstjustiz halt, was angesichts der hohen Sterberate aber kaum ins Gewicht fällt und nur die Intention Lanfranchis unterstreicht, möglichst kein Genreelement auszulassen. Die fehlende Ernsthaftigkeit des Geschehens wird besonders deutlich, als sich der "Amerikaner" einen Schuss Heroin setzt, um so als Süchtiger in eine Klinik zu gelangen, in der er die Hintermänner einer Entführung vermutet, die er aufklären soll. Dort angekommen, hält ihn nichts mehr davon ab, gleich wieder aktiv zu werden, als wenn er zuvor ein leichtes Schlafmittel genommen hätte.

Über solche Logikschwächen kann man getrost hinwegsehen, ebenso wie die ständige Anwesenheit der Polizei am rechten Ort zur fast rechten Zeit etwas konstruiert wirkt, denn eine entscheidende Rolle spielt hier die Hafenstadt Genua, die zurecht im Titel erwähnt wird. Lanfranchi gelingt es überzeugend die Stadt in seine Verfolgungsjagden und Schiessereien mit einzubeziehen, so dass das irre Geschehen einen realen Bezugspunkt erhält. Genua wirkt dabei staubig und grau und vermittelt eine überzeugende 70er Jahre Atmosphäre mit seinen Hochstrassen, Industrieanlagen und Betonbauten.

"Genova a mano armata" ist kein raffiniert erzählter Polizei-Thriller, so wie ihm jegliche gesellschaftskritische Relevanz fehlt, sondern nutzt seinen stringent und ohne Anspruch auf Logik erzählten Handlungsfaden zur Aneinanderreihung von ständiger Action, die über alle Elemente verfügt, die man von einem Polisciotto erwartet. Regisseur Lanfranchi lebt sich hier voll aus und kann sich auf seine gut aufgelegten Darsteller verlassen, die insgesamt ein kurzweiliges Vergnügen bieten (7,5/10).

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