Review

„Ihr seid alle verloren!“

Der nach dem überragenden Erfolg von John Carpenters genrebegründenden Slasher „Halloween“ von Sean S. Cunningham finanzierte und gedrehte Camp-Slasher „Freitag der 13.“ war ebenfalls ein solcher Erfolg, dass man nicht lange fackelte und eine Fortsetzung nachschob, die Monate vor „Halloween II“ ihren Weg in die Lichtspielhäuser nahm, sogar den meisten weiteren Subgenre-Beiträgen, die ebenfalls die Erfolgsformel gerochen hatten und etwas vom Kuchen abbekommen wollten wie „Brennende Rache“, „Antropophagus II”, „Small Town Massacre”, „Bloodparty” und wie sie alle heißen, zuvorkam und letztlich am 1. Mai 1981 zeitgleich mit „Graduation Day” ins Ziel einlief – nachdem es beispielsweise mit dem in den USA sehr populären „Prom Night” sowie manch anderem Titel bereits zu einer wie Pilze aus dem Boden schießenden Slasher-Population gekommen war. Das bedeutet zusammengefasst, dass „Freitag der 13. Teil 2” die erste Fortsetzung ihrer Art war, die zudem erstmals einen der berühmtesten Serienkiller der Filmgeschichte (und Populärkultur) etablierte (ich hoffe, damit nicht zu spoilern, denn erneut bedient man sich des Whodunit?-Prinzips): Jason Voorhees, den fälschlicherweise totgeglauben Sohn von Pamela Voorhees, der psychisch kranken und hasserfüllten Mörderin aus „Freitag der 13.”, die schließlich vom Final Girl enthauptet wurde. Produzent Sean S. Cunningham hielt diese Idee für völlig abwegig, musste jedoch bald einsehen, dass es sich dabei um einen seiner größten Irrtümer handeln sollte. Auf dem Regiestuhl nahm diesmal sein Koproduzent von „Freitag der 13.“ platz: Steve Miner, der damit sein Regiedebüt ablegte. Das Drehbuch stammte diesmal von Ron Kurz.

Fünf Jahre ist es her, dass Pamela Voorhees (Betsy Palmer, „Ehe in Fesseln“) am Camp Crystal Lake ihr Leben ließ, nachdem sie vorher zahlreiche Jugendliche brutal ermordet hatte. Doch Alice (Adrienne King, „Nur Samstag Nacht“), die letzte Überlebende, verschwindet spurlos und als Paul (John Furey, „Die Wölfe“) und Ginny (Amy Steel, „Die Horror-Party“) eine Neueröffnung des Camps planen und zu diesem Zwecke einige jugendliche Helfer vor Ort anlernen, beginnt erneut eine blutige Mordserie...

Man beginnt die Fortsetzung zunächst mit einer recht ausgedehnten Rückblende mit Originalszenen aus dem Vorgänger, die Final Girl Alice träumt, bevor sie jäh aus der Filmreihe herausgemordet wird. Nach diesem Prolog stellt Miner das neue Futter für diesmal Jasons Blutdurst vor und lässt erneut – allerdings zum letzten Mal – „Crazy Ralph“ (Walt Gorney, „Die Glücksritter“) seine obligatorische Warnung ausstoßen (s. oben). Man setzt verstärkt auf den Sexappeal der Teenies, indem man diese teilweise in Hot Pants zwängte und gern mal voyeuristisch mit der Kamera draufhält. Erstmals bedient sich ein „Freitag der 13.“ auch des Genre-Obligatoriums der unheimlichen Geschichte am Lagerfeuer (ganz wie der fast zeitgleich veröffentlichte „Freitag der 13.“-Rip-Off „Brennende Rache“), während der der Zuschauer erfährt, dass mittlerweile fünf Jahre seit dem ersten Teil vergangen sind. Bevor nun der Terror losbricht, werden die Charaktere grob skizziert, als wirklich erinnerungswürdig wird sich jedoch kaum jemand herausstellen, da diese schlichte, austauschbare Stereotypen darstellen, wenn auch längst nicht derart überzeichnet wie in diversen späteren Slashern. Ferner wird mit False Scares gearbeitet – auf eine hier tatsächlich spannungssteigernde Weise statt als bald ermüdendem Running Gag. Man baut erfolgreich eine unheimliche nächtliche Camp-Atmosphäre auf, die zum wohligen Gruseln einlädt. Die subjektive Point-of-View-Perspektive findet erneut Verwendung; jemand beobachtet das Treiben, man sieht jedoch nicht, wer. Etwas später sieht man Beine, folgt Schritten – sind es die des Mörders? Oder die des Sheriffs? Mit Ungewissheiten wie dieser spielt der Film geschickt, Miner beweist ein sicheres Gespür für klassische Dramaturgie und spannende Inszenierung. Erst nach einer knappen Dreiviertelstunde kommt das Publikum in den Genuss einer Nacktbadeszene; der Erotik-Faktor bleibt fortan leicht erhöht und bietet voyeuristische Einblicke in die Beischlafplanungen knapp bekleideter Teenager. Bis man Jason endlich in voller „Pracht“ bewundern darf – bzw. mit einem alten Stoffsack über dem Kopf, denn sein Gesicht verbarg er bereits hier, wenn auch noch nicht mit seinem Markenzeichen, der Eishockeymaske, welche er erst im dritten Teil finden wird –, vergeht über eine Stunde. Er ist eine düstere, kreuzgefährliche Gestalt, ein tumbes Landei und zugleich entstellter, grobschlächtiger Killer, jedoch noch nicht der Super-Zombie späterer Teile. Gespielt wird er hier noch von Warrington Gillette („Time Walker“) sowie einem Stuntman.

Während Miners Fortsetzung also die Rachegeschichte aus Teil 1 unter ganz ähnlichen Vorzeichen weiterspinnt, wird Gebrauch gemacht von einigen Genre-Klischees, angefangen beim bereits erwähnten „Crazy Ralph“ und Lagerfeuer über die vergnügungssüchtigen Jugendlichen, dem plötzlich zu toben beginnenden Jahrhundertunwetter und „Ich komm' gleich wieder“-Sprüchen ohne Wiederkehr bis hin zum nicht anspringen wollenden Automobil und der typischen clownesken Nebenrolle, die sich hier Ted nennt und von Stuart Charno („Christine“) verkörpert wird. Harry Manfredinis aus dem ersten Teil stammendes, charakteristisches und zu einem weiteren Markenzeichen der Reihe werden sollendes „Kikiki... Mamama...“-Sample wird derweil recht inflationär eingesetzt, verfehlt seine Wirkung in Bezug auf die Stimmung des Films jedoch nicht. Als traditionell erweist sich auch die von „Psycho“ inspirierte musikalische Untermalung in Form aufpeitschender Streicherklänge, die das tonale Äquivalent zu scharfen Messerschnitten zu bilden scheinen. Herzstück sind neben der spannenden Atmosphäre natürlich die Morde, für deren Spezialeffekte diesmal Steven Krishof verantwortlich zeichnete und die äußerst brutal, originell und prinzipiell auch sehr blutig ausfielen, jedoch leider bereits von vornherein, quasi in Selbstzensur, gekürzt und entschärft wurden, um eine Jugendfreigabe zu erhalten. Dieser Umstand wird gern bemängelt, ist mir jedoch ehrlich gesagt während meiner ersten Sichtungen gar nicht sonderlich aufgefallen, da mir die 100%ig konsequente Explizität eines Mordes dem stimmigen Gesamtkonzept untergeordnet erscheint und nicht meine Priorität beim Ansehen eines Films wie diesem genießt. Filmkenner werden übrigens zwei Morde aus Mario Bavas Giallo „Bay of Blood“, der einer der Haupteinflüsse für „Freitag der 13.“ gewesen sein dürfte, wiedererkennen, denn sie wurden quasi 1:1 kopiert. Das Konzept des Antagonisten entspricht mittlerweile weitestgehend dem des „schwarzen Manns“ (womit man sich noch stärker an das Vorbild „Halloween“ annäherte), der zudem eine weitere Ur-Angst bedient: der des eng in seiner unmittelbaren Umgebung verwurzelten, unheimlichen Wesens im unübersichtlichen Wald-Ambiente, das den Menschen, vor allem den Zugereisten, nach dem Leben trachtet – womit man auch in diesem Teil ein gutes Stück weit dem Backwood-Terror-Genre verhaftet bleibt. (Achtung, es wird wieder heftig gespoilert!) In der finalen Konfrontation Jasons mit dem Final Girl Ginny zieht man dann sämtliche Register und lässt beide einen nervenzerreißenden Überlebenskampf ausfechten, für den die Spannungsschraube noch einmal angezogen und die Axt aus Teil 1 kurzerhand durch eine Kettensäge ersetzt wird – bis zum Ende eine trügerische Sicherheit ähnlich wie unter Cunninghams Regie durch den nun endlich unmaskierten Jason durchbrochen wird, der in Zeitlupe über Ginny herfallen und sein Publikum noch einmal so richtig erschrecken darf. Eine herrlich morbide Idee ist auch der Mutterkopf-Altar, den Jason zu Ehren seiner Frau Mamá in seiner schäbigen Waldhütte errichtet hat. Und wer nun meint, dass der ganze Filme komplett vorhersehbar wäre und von vornherein feststünde, wer auf jeden Fall den Löffel abgibt, wird durch Komiker Teds Überleben Lügen gestraft, der lieber in der Bar einen hebt, statt sich ins Camp zurückzubegeben – womit „Freitag der 13. Teil 2“ seine eigenen Klischees und ungeschriebenen Regeln zumindest ein Stück weit augenzwinkernd unterhöhlt.

Fazit: Mit „Freitag der 13. Teil 2“ ging der Slasher endgültig in Serie, er zeigte, wie eine überaus gelungene Fortsetzung auszusehen hat und begann, aus Jason Voorhees einen perfekten Teenie-Schreck und Serienmörder zu formen. Dass dabei das Erfolgsrezept aus Teil 1, der bereits kein Quell der Originalität war, weitestgehend kopiert wurde, wird Fans des Subgenres nicht im Geringsten stören, sie dürften sich im Gegenteil an der weitestgehend düsteren Atmosphäre, überwiegend bedrohlichen Stimmung und vorrangig ernsten Tonlage erfreuen.

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