Review

Gesamtbesprechung

Düsseldorf, München, Frankfurt, Nizza und Prag sind vielleicht nicht die ersten Handlungsorte die man in einer japanischen Animeserie vermuten würde. Monster verweigert sich hierbei jeglichem Genreklischee, spielt trotz eines japanischen Hauptcharakters nicht im Land der aufgehenden Sonne, zeigt keine haushohen Kampfroboter oder fernöstliche Kampfkünste, sondern breitet langsam eine waschechte Kriminalgeschichte vor dem Zuschauer aus. Nicht irgendeine Kriminalgeschichte, eine epische, einen Zeitraum von über 20 Jahren umspannende, auf die bereits erwähnten Lokalitäten verteilte Kriminalgeschichte, wie man sie so noch nicht zuvor gesehen hat.

Ganze 74 Episoden nimmt sich Regisseur Masayuki Kojima Zeit zu erzählen, wie der junge japanische Gehirnchirurg Kenzo Tenma in ein unübersichtliches Mordkomplott verwickelt wird und von den Behörden gejagt, versucht seinen Namen rein zu waschen und die Identität des wirklichen Täters auf zu decken. Das Grundgerüst kann man sich ähnlich wie die Serienversion von Auf der Flucht vorstellen. Gutmensch Tenma trifft auf seiner Flucht natürlich reichlich Menschen die seiner Hilfe als Arzt oder Freund benötigen, so driftet der Hauptplot immer mal wieder in interessante und spannende Nebenhandlungen ab, welche so weit gehen den Doktor auch mal ein paar Episoden komplett aus der Geschichte zu entfernen.

Wie bereits zu erkennen, sind sowohl Umfang als auch Handlung episch, ungeduldige Zuschauer, denen es immer nach schneller Aufklärung dürstet, werden von Monster auf eine sehr harte Geduldsprobe gestellt. Die Geschichte nimmt sich sehr viel Zeit für die Figuren, seien es Kenzos ehemalige Verlobte, welche sich im laufe der Jahre zur rachsüchtigen, alkoholkranken Furie wandelt, ein BKA Ermittler, welcher durch seine Obsession dem Fall gegenüber seine Familie aufgibt oder ein namenloser Spion aus den Tagen der DDR auf der Suche nach seiner Identität. Keiner dieser Nebenkriegsschauplätze ist unwichtig, jede der Figuren welche willentlich oder versehentlich in den Mikrokosmos um Tenma verwickelt werden spielt seine Rolle im Masterplan des Monsters ohne Namen. Jenes titelgebenden unheimlichen Schurken, der im Hintergrund die Fäden zieht und Mephistopheles gleich das Ensemble auf ein grausiges Finale hin steuert.

Im Prinzip gibt es eine klare Unterscheidung zwischen guten und schlechten Menschen und natürlich einer Grauzone dazwischen, es wird meist sehr schnell klar welcher Fraktion eine neue Figur angehört und welche Motivation hinter ihrem Handeln steht. Allen gegenüber steht allerdings jene Inkarnation des Bösen auf dieser Welt, Johann Liebert, das Monster (ohne wirklichen Namen). In dieser Figur liegt die größte Stärke der Serie, die Autoren machen nie den Fehler dem Bösen eine Rechtfertigung für sein Handeln aufzuzwingen, viele Motive stehen im Raum, viele Fraktionen glauben zu erkennen wie sie Johann für ihre Zwecke Instrumentalisieren können, doch alle scheinbaren Ziele werden von selbigem recht schnell wieder fallen gelassen. Die zweite Hälfte der Serie beinhaltet zwar reichlich Rückblenden in die Kindheit des Schurken, aber der Balanceakt zwischen zufrieden stellenden Erklärungen und Entmystifizierung gelingt. Der Antrieb des Bösen bleibt unklar. Böse ist ein Wort welches sich beim betrachten der Serie häufig aufdrängt, wenn der Schauplatz eines Verbrechens erreicht wird, wird den Protagonisten schnell klar, hier ist kein einfacher Mord geschehen, nein hier war das Böse am Werk. Die meisterhafte Inszenierung, besonderst die herausragende Musikuntermalung transportieren diese Eindrücke über die Barriere des Bildschirms hinweg auf den Zuschauer. Die Handlung wird oft sehr emotional, was in der düster gezeichneten Welt sehr überzeugend funktioniert. Die Perspektiven sind meist ausweglos pessimistisch, und daran orientieren sich auch meist die Umgebungen, nächtlichen Städte und kargen Zimmer unterstreichen das Geschehen meist durch ihre Schlichtheit, die Figuren hingegen sind deutlich detaillierter und jederzeit brillant animiert. Auf der Handwerklichen Seite gibt es somit keine auch keinerlei Kritikpunkte.

Fazit: Monster erfordert ein wenig Geduld bei Zuschauer entfesselt dann allerdings einen unheimlich spannenden Mysterythriller in einer für das Genre erfrischend europäischen Umgebung. Im Zentrum der unzähligen Nebenhandlungen stehen immer interessante Charaktere mit nachvollziehbaren Motiven welches sich blind im Labyrinth des unvergesslichen Superschurken bewegen. Monster steckt voller Details, Bosheit und Gefühl, eine der besten Animes der letzten Jahre für Freunde kopflastiger Unterhaltung.

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