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Zwischen 1963 und 2004 schrieb Ni Kuang fast 150 Bücher über den Abenteurer Wisely, weshalb es nicht verwundert, dass sich irgendwann auch die Filmindustrie in Hongkong der Stoffe annahm, erstmals 1986 mit „The Seventh Curse“.
Wisely (Chow Yun-Fat), in manchen Sprachfassung Wei getauft, hat allerdings nur eine Nebenrolle. Im Extended Cut tritt er immerhin gemeinsam mit Ni Kuang, der sich selbst spielt, in der Eröffnungsszene auf, in welcher der Autor noch mehr von den Abenteuern seiner Figuren erzählen soll, was den Rahmen des Films bildet. Im Epilog werden weitere Abenteuer von Wisely angekündigt, die dann auch kamen, jedoch mit weniger prominenter Belegschaft. Protagonist in „The Seventh Curse“ ist jedoch der Held einer anderen, nicht ganz so extrem langlebigen Ni-Kuang-Romanreinhe: Dr. Yuen Chen (Chin Siu-Ho), der ebenfalls ein toller Hengst extraordinaire ist. Ein Arzt und Abenteurer, außerdem auch noch ein Frauenheld sondergleichen und ein Martial-Arts-Meister, weshalb er die Polizei bei einer Geiselnahme unterstützt, als ein Arzt nach dem Zustand einer herzkranken Geisel schauen darf. Obwohl die neugierige Reporterin Tsai-Hung (Maggie Cheung) fast alles versaut, kann der gute Doc den Tag retten, eine Blendgranate zünden und den Cops damit einen erfolgreichen Sturmangriff ermöglichen.
Dummerweise hat Dr. Yuens Heldenmut ihn in Schwierigkeiten gebracht, wie man etliche Filmminuten später in einer ausgiebigen Rückblende erfährt. Als er an einer Expedition teilnahm, die nach Heilkräutern gegen AIDS suchte (Bachblüten, the next level), stieß er auf den Wurmstamm, der seine jährlichen Menschenopfer erbringen wollte, darunter auch Bachu (Tsui Sau-Lai). Da Yuen die Gute kurz zuvor halbnackig beim Baden gesehen hat, haut er sie raus, auch wenn das den Zorn des Chefzauberers Aquala (Elvis Tsui) und jede Menge Tote nach sich zieht. Aber manchmal muss ein Mann eben seinem Herzen (oder einem anderen Körperteil) folgen.

Damals konnte Bachu die auf Yuen ausgesprochenen sieben Blutflüche heilen, doch ein Jahr später lässt ihre Magie nach, wie Yuen von Bachus Lover Black Dragon (Dick Wei) erfährt, der ihn in Hongkong aufsucht. Also muss er losziehen, nach einem Heilmittel suchen und sich erneut Aquala stellen…
Was auf den ersten Blick nach einer generischen Abenteuerstory klingen mag, ist letzten Endes der Wahnsinn in Tüten, denn „The Seventh Curse“ fährt eine abgedrehte Szene nach der anderen auf. Yuen und Tsai-Hung zoffen sich in Screwballmanier und verfolgen sich in Autos, doch glücklicherweise hat Yuen ein „Mad Mission“-Style-Gadget im Kofferraum, um die Journalistin zu sabotieren. Es gibt Kung-Fu-Kämpfe gegen Zombie-Mumien, die sich später in Monster verwandeln. Es gibt ein Geisterkind, das nicht nur wie eine Mischung aus Facehugger und Schrumpfkopf aussieht, sondern sich auch genauso verhält. Es gibt eine Kletterpartie inklusive Wirework-Fights gegen Mönche auf einer Statue. Um nur einen Auszug all der abgedrehten Ideen zu geben, die einem abstrus-knalligen Finale nochmal zusammengeführt werden.

Ebenso wild wechselt der Film dann auch die Genres und Vorbilder, wenn er in schnellem Tempo voranprescht und selbst im Extended Cut nur etwas mehr als 80 Minuten dauert. Die anfängliche Geiselnahme inklusive Ballerei ist nach den Standards des damaligen Großstadt-Actionkinos inszeniert, später gibt es Dschungelballereien im Stil von „Rambo II“ und dessen Epigonen, während Indiana Jones und James Bond als Vorbilder für die Hauptfigur freundlich winken. Die schleimigen Monster erinnern ebenso an den Horrorfilm wie die wenig zimperlichen Splattereinlagen, etwa wenn eine Mumie einen Hals aufbricht und das Rückenmark seines Opfers zutzelt. Screwball-Comedy und Abenteuerfilm sind ebenso drin wie der Hongkong-Blödelhumor, der hier allerdings in deutlich homöopathischer Dosis verabreicht wird als bei „Mad Mission“ oder Jackie Chan. Mit hoher Schlagzahl feuert Regisseur Nam Nai-Choi eine Attraktion nach der anderen auf das Publikum ab.
Das ist auch keine schlechte Strategie, denn den klassischen Ansprüchen an einen guten Film wird „The Seventh Curse“ nicht immer gerecht. So kommt der Plot aus der Feder von Wong Jing und Yuen Kai Chi von Hölzchen auf Stöckchen und geht eigentlich erst in der Mitte des Films wirklich los. Konflikte werden lächerlich schnell aufgelöst, etwa wenn Aquala einen Besessenheitsfluch auf Tsai-Hung ausspricht, die daraufhin Dr. Yuen töten will: Es gibt eine Klopperei mit der Besessenen, kurz darauf ist schon Wisely angereist, der erfreulicherweise ein Anti-Besessenheitsrezept kennt und Tsai-Hung damit direkt wieder heilen kann. Noch dazu sind die Helden teilweise schon ziemlich inkompetente Versager, wenn man es genau nimmt. Weil Tsai-Hung bei der Geiselnahme eine Story wittert, knockt sie eine Undercoverpolizistin aus, nimmt deren Platz ein und gefährdet die Geiselbefreiung. Weil Yuen ein Mädel rettet, das er einmal beim Baden gesehen hat, werden alle anderen Expeditionsteilnehmer umgebracht. Sowieso gehen so gut wie alle Helfershelfer der Helden drauf, teilweise durch deren Unterlassung. So bringen diese ihre Spezialwaffen gegen das Monster im Finale erst zum Einsatz, nachdem jenes all ihre Soldatenkumpel gekillt hat. Und die versprochene Rettung von 100 entführten Dorfkindern kriegen Yuen und Black Dragon auch nicht hin; stattdessen werden diese im besten Valensina-Stil ausgepresst, als der Schurke ein neues Geisterkind erschafft.

Dafür sind die Schauwerte nicht nur zahlreich und abgefahren, sondern auch relativ kompetent gemacht. Die Monster und Kung-Fu-Mumien sind mit handgemachtem Charme kreiert worden, machen den „Indiana Jones“-Filmen vielleicht keine Konkurrenz, sehen aber überzeugend aus. Die Shoot-Outs haben nicht die Ästhetik eines John Woo oder eines Tsui Hark, die Kämpfe nicht die choreographischen Einfälle wie bei Jackie Chan oder Jet Li, in Sachen Inszenierung und Moves kann sich das alles aber ebenfalls sehen lassen und liefert dem geneigten Publikum eine ordentliche Hongkong-Action-Packung, die eh nur Teil eines proppevoll gestopften Gesamtpakets ist.
Chow Yun-Fat hat hier, wie gesagt, nur eine Nebenrolle, die vor allem darin besteht, dass er mit Klugscheißerpfeife und Klugscheißersprüchen um die Ecke kommt, um Leuten auf den letzten Drücker beizustehen – nach seinem Durchbruch in den Woo-Filmen wurde sein Part dann gern größer beworben als er tatsächlich im Film ist. Chin Siu-Ho als eigentlicher Held ist ganz okay, auch wenn ihm das Charisma eines Yun-Fat abgeht. Maggie Cheung als naseweise Reporterin überzeugt nur so halbwegs, guten Support leisten Tsui Sau-Lai und Dick Wei als patent-kämpferisches Liebespaar unter einem unguten Stern. Und Elvis Tsui als Schurke feiert zwar in erster Linie große Fratzenkirmes, was unterm Strich aber ganz gut zum Film passt.

Denn „The Seventh Curse“ ist quasi eine Hongkong-Genrekino-Pizza, auf der einfach alles drauf ist. Erzählerisch alles andere als ein Wunderwerk, aber dermaßen vollgepackt mit Action, durchgedrehten Ideen, schicken Sets, grotesken Monster und allem anderen, was das geneigte Fanherz begehrt, noch dazu mit hohem Tempo in etwas mehr als 80 Minuten vorbei, dass hier gute Laune angesagt ist. Leider geil.

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