Wenn man „Akira“ eine Pionierleistung anrechnen kann, dann die, den Anime in westlichen Landen populär zu machen, während der Film daheim gar nicht mal als dermaßen überragend wahrgenommen wurde.
Im Veröffentlichungsjahr des Films, 1988, geht in Tokyo die Nuklearbombe hoch, der Auftakt für beinahe jedes Endzeitszenario. Sprung in die Zukunft und Cyberpunk ahoi: In Neo-Tokyo sieht es desolat aus, ein Militärregime stützt seine Macht notfalls mit Gewalt, Rebellen rebellieren munter vor sich hin und Jugendgangs suchen gar nicht erst nach seinem Sinn, so auch Hauptfigur Kaneda. Aus Langeweile wird Gewalt gesucht, ein warnender Zeigefinger also, aber solche Spitzen gibt es in „Akira“ öfters.
Eher unfreiwillig gerät Kaneda in großen Schlamassel als sein Kumpel Tetsuo Kontakt mit einem aus einem Labor geflohenen Wesen hat und dafür von der Regierung eingesackt wird. Darauf entwickelt Tetsuo übermenschliche Kräfte, von denen Kaneda nichts weiß, als er seinen Freund befreien will…
Innerhalb seines Genres mag „Akira“ wegweisend gewesen sein, ganz kritikfrei ist das Ergebnis allerdings nicht. Zum einen merkt man, dass den Machern im letzten Drittel ein wenig die Zügel entglitten, was kaum verwundert, denn die Manga-Reihe auf welcher der Anime basiert, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig geschrieben. Von daher flüchtet sich der Film in eine Reihe von Großkonfrontationen, die leider mit der Zeit ermüden und sich wiederholen (gerade wenn das Militär zum x-ten Male auf Tetsuo feuert, obwohl sie an sich wissen müssten, dass sie ihn nicht verwunden können) und die finale Auflösung will auch nicht so recht zufriedenstellen, wenn man sich dann ins Metaphysische flüchtet.
Davor bietet „Akira“ begrenzt originelle, aber reichlich schmissige Cyberpunktkost, inklusive Antihelden vom Rande der Gesellschaft und einer fies-gewinnsüchtigen Obrigkeit als Gegenspieler. Es gibt Befreiungsaktionen, Straßenschlachten und Umsturzpläne, alles was das Herz der Fans von Revolutionsgeschichten so begehrt, verbunden mit Anime-typischen, philosophischen Einsprengseln zum Thema Religion, höhere Mächte und Verantwortung. Gelegentlich ist „Akira“ da etwas selbstverliebt und tritt zu sehr auf der Stelle, meist geht die Geschichte aber weiter, bevor die philosophischen Zwischenstopps negativ auffallen.
Vor allem allerdings überzeugt Akira durch seine kraftvolle Machart, die selbst mehr als 20 Jahre nach der Entstehung zeigt, wie man Animationsfilme stilsicher in Szene setzt. Sicher, an den Detailreichtum diverser Folgeprodukten kommen die Zeichnungen nicht heran, doch was hier an Bildkompositionen und visuellen Einfällen (z.B. der Angriff der Spielzeuge) geboten wird, das kann problemlos gegen so manchen aktuellen Film anstinken. Leider gibt es die eindrucksvollsten Szenen in den ersten zwei Dritteln zu bestaunen, das Highlight wahrscheinlich sogar schon zu Beginn: Die dynamisch gezeichnete und mit treibender Mucke unterlegte Schlacht zwischen Kanedas Motorradgang und ihren Rivalen bleibt wirklich lange im Gedächtnis haften.
Insofern überzeugt „Akira“ vor allem mit seiner ungezügelten audiovisuellen Kraft, während man das Drehbuch lieber nicht allzu genau seziert, vor allem das letzte Drittel. Hier lässt der Film dann auch nach und ermüdet den Zuschauer etwas, was durch die Stärken des Rests aber aufgefangen wird.