Review

kurz angerissen*

Kautschuk! Kautschuk! Wir brauchen mehr Kautschuk! Es kann gar nicht genug Kautschuk sein!

Wir vernehmen im Geiste die Rufe des Produktionsdesigners. Er muss von elastischen Materialien besessen gewesen sein. Seine Hauptaufgabe bestand darin, genug Gummi an Land zu schaffen, damit knochenlose Leichen als Fundstücke auf der kompletten Insel verteilt und ganze Kuhwiesen mit skurrilen Mischwesen aus Schnecke und Schildkröte gefüllt werden konnten.

Viele Momente in „Island of Terror“ erinnern aufgrund der reichhaltigen Gummi-Vorkommen frappierend an den Science-Fiction-Trash der 50er Jahre. Wo sich die schwermütigen Kreaturen wie faule Früchte von Nadelbäumen auf gestandene Recken wie Peter Cushing und Eddie Byrne stürzen, wo sie als unbewegliche Rucksacktouristen die Rücken sich windender Statisten belagern und Flüchtenden in Steinfluren als gurrende Wischmopps den Weg abschneiden, da hat wohl niemand Größerer als Edward D. Wood Jr. seine Spuren hinterlassen.

Wohl nur ein Terence Fisher konnte aus diesen suboptimalen Bedingungen noch eine derart bedrohliche Atmosphäre erzeugen, trotz der bisweilen äußerst komischen Momente des außerirdischen Kontaktes. Fisher bemächtigt sich der Instrumente der Seuchenfilm-Gattung, indem er Arzt um Arzt in die Handlung schleust, sie mit all ihrer Arroganz vor ein unlösbares biologisches Rätsel stellt und zu alldem auch noch den Inselkoller walten lässt – ein Setting, das eines viralen Brutherds aus filmhistorischer Warte vollkommen angemessen ist. Der Himmel ist mit eisgrüner Farbpalette gemalt und erinnert an ein aufgewühltes Meer mit Schaumkronen vor einem aufziehenden Sturm. Labors, in denen Experimente zur Krebsforschung betrieben wurden, sind in den Eingeweiden einer Festung verborgen. Im Gasthaus, das als Besprechungslager dient, hängen Hirschköpfe, die primitive Problemlösungsmethoden andeuten (und vom 1958er „Blob“ wissen wir bereits, dass Kugeln in der Science Fiction oftmals ein Symbol der Ohnmacht sind). Lächerlich hilflos schaut die klumpige Bedrohung auf dem Fußboden drein, doch im Nahkampf offenbaren sich die perfiden Verteidigungstechniken. Die Inselbewohner verschanzen sich wie bei einer Zombie-Epidemie und schreien Zeter und Mordio. Hinzu kommt der Faktor Mathematik: Regelmäßige Berechnungen der Vermehrungszahlen erinnern daran, dass die gesamte Insel binnen weniger Stunden verloren sein wird. Um das theoretische Bild zu untermauern, werden die halbmondförmigen Blobs sogar in Herden gezeigt. Der Anblick dieser friedlich grasenden Gesellen neben den knochenlosen Kadavern von Kühen gibt den Vorgeschmack auf eine neue Normalität, die bald auf der gesamten Erde herrschen könnte.

Der altehrwürdige Peter Cushing ist währenddessen mit allem gebührenden Ernst bei der Sache. Er schwitzt, kämpft, zieht Sorgenfalten und tut alles, um davon abzulenken, dass er genau genommen in einem ziemlich albernen Film mitspielt. Die nahe Verwandtschaft zum Trash hätte dem aufgezogenen Ernst sehr einfach zum Verhängnis werden können. Stattdessen sind es gerade die heftigen Kontraste, die ihn so sehenswert machen.



*weitere Informationen: siehe Profil

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