Das junge Fräulein Marianne Danielle kommt nach Transsylvanien, um dort in einem Mädchenpensionat zu unterrichten. Auf dem Weg dorthin trifft sie die geheimnisvolle Baronin Meinster und auf deren Schloss den jungen Baron, der angeblich geisteskrank und angekettet sein Leben fristet... Richtig interessant fängt zwei Jahre nach Terence Fishers "Dracula" die zweite Verfilmung des berühmten Blutsaugers aus den Hammer Studios an, doch die anfänglich beeindruckend gute Gruselstimmung und das Geheimnisvolle um so manche Figur soll nicht so bleiben. Statt einen Grafen Dracula zu präsentieren, wie es der reißerische Titel weismacht, handelt es sich um eine Mischung aus dem Blutsaugerthema in den Karpaten und einer Liebesgeschichte, die an Heimatfilme wie "Sissi" erinnert. Eine echte Fortsetzung ist inhaltlich nicht erkennbar. Lediglich Peter Cushing tritt als Vampirjäger Van Helsing erneut in Aktion, mitunter auch kurios, wenn er sich seinen eigenen Vampirbiss mit glühendem Eisen ausbrennt und mit geweihtem Wasser ablöscht. Eine offensichtliche Fehlbesetzung ist David Peel ("Die Unheimlichen Hände Des Dr. Orlak") als Graf Meinster, der so gar nichts Aristokratisches wie ein Christopher Lee an sich hat, sondern mit seinem Fangzahngrinsen an einen Beatnik auf LSD erinnert. Untote, oder wie es hier heißt "nicht Gestorbene", mit solchen Schwiegermuttertypen darzustellen, ist wie eine Urlaubsvertretung für Herrn Lee zu engagieren, der erst einige Jahre später mit "Blut Für Dracula" zurückkehren soll. Hammers vielverdienter Drehbuchautor lässt sich allerdings nicht lumpen, beachtet Bram Stokers Romanvorlage außer einigen, genretypischen Attributen rund um den Knoblauch quasi kaum noch und präsentiert eine im Kern ganz schön herbe Geschichte zwischen einer Mutter und dem Sohn, die so ihre schaurigen Momente hat, zumal die Kulissen auf dem Schloss und in der Umgebung als Schauplätze gelungen sind und der Plot sich in der ersten Hälfte so geheimniskrämerisch wie die einfache Landbevölkerung gibt. Ist das Geheimnis erst raus, ist es die Luft auch und die eine oder andere Rauferei ist unterhaltsames business as usual, oftmals nur leider durch den grimassenhaft komischen Vampir von unfreiwilligem Ulk gekrönt. Der "Kuss des Vampirs" wird im übrigen für diese englische Reihe selten prüde dargestellt und ist damit trotz des Titels das genaue Gegenteil von späteren, sleazigen Artverwandten wie Peter Sasdys "Comtesse Des Grauens" oder José Ramón Larraz' "Vampyres". Fans von Peter Cushing, der als sachverständiger und loyaler Gentleman allen die Schau stiehlt, kommen noch am meisten auf ihre Kosten, der Film an sich unterliegt heftigen Schwankungen von Komödie bis Gothicgrusel mit immer wieder etwas zu brav anmutender Rahmenhandlung, Mario Bava war im gleichen Jahr mit seinem "Black Sunday" ganz anders. Nämlich sexy, schockierend, spektakulär und noch wesentlich atmosphärischer obendrein.
Fazit: Als Lückenfüller bis zum darauf folgenden Hammer Dracula ganz passabel, mehr jedoch nicht. 5/10 Punkten