Review

ACHTUNG SPOILER
Wer nicht über diverse Details des Films informiert werden möchte, sollte hier aufhören zu lesen.
(Hinweis: Dieses Review beruht auf der ungeschnittenen FSK 18 - Version von KINOWELT).

CHUCKY UND SEINE BRAUT

Story:
Wie die Zeit vergeht: Einst mordete der Killer Charles Lee Ray noch als ‚er selbst’, bevor er von Polizisten erschossen wurde und seine Seele in den Körper der harmlos aussehenden Kinderpuppe Chucky wanderte. Doch auch der Puppenkörper hinderte Charles nicht daran, seine Bluttaten fortzuführen. Nun ist allerdings auch dies 10 Jahre her und seitdem liegt ‚Chucky’ in der Asservatenkammer des Polizeipräsidiums – bis ihn ein korrupter Cop aus dem Metallschrank entwendet, um ihn seiner ominösen Auftraggeberin gegen Bares auszuhändigen. Blöderweise ist eben diese Chucky’s Ex Tiffany und ebenfalls eine Serienkillerin. Nachdem sie den Wicht in ihren Besitz gebracht, zusammengeflickt und mit einem Voodoozauber zu neuem Leben erweckt hat, killt der undankbare Knirps sie nach einigen Streitereien um Hochzeit und Liebesleben und transferiert ihre Seele ebenfalls in den Körper einer Puppe. Nur ein magisches Amulett, welches in Chucky’s Grab in New Jersey steckt, kann aus dem Killerpärchen wieder menschliche Wesen werden lassen. New Jersey? Für so kleine Killerpuppen ein ganz schön weiter Weg. Da kommt es sehr gelegen, dass Tiff’s Nachbar Nick davon träumt, mit seiner Freundin Jade vor ihrem herrischen Onkel ein für allemal zu verschwinden und dringend Geld braucht. Als er sich am Telefon auf den Deal einlässt, für $1000 die beiden Puppen nach New Jersey zu bringen, ahnen weder er noch Jade, dass sie aus schier unerklärlichen Gründen bald eine Blutspur hinter sich herziehen…

1992 war die bis dahin 3-teilige Reihe in Verruf geraten, als in England zwei 10-jährige den 2-jährigen James Bulger quälten und ihn anschließend ermordeten. Indirekt wurden damals unter Anderem die CHUCKY – Filme dafür verantwortlich gemacht, die die beiden Jungs inspiriert haben sollen. Fünf Jahre Pause waren die Resonanz der Filmemacher, die Reihe galt nach dem Vorfall als zu heiß um direkt weitergeführt zu werden. Doch 1998 meldete sich Chucky zurück – und zwar gleich mit Verstärkung; dieses Mal prangte nämlich noch ein weibliches Puppengesicht auf dem Kinoplakat. Chucky hatte sich verknallt. Das Ende der Reihe? Der totale Absturz in die Sumpflandschaften des Kitsches und der Klischees? Das absolute Gegenteil trat ein.

Da ich nur diesen Teil kenne habe ich zur Zeit noch keine Vergleichsmöglichkeiten, doch als allein stehender, herrlich schwarzhumoriger Horrortrip mit zwei unvergesslichen Hauptfiguren kann ich CHUCKY UND SEINE BRAUT nur wärmstens empfehlen. Die verschiedenen Komponenten wurden von Ronny Yu, der 2003 das Mega-Horror-Event FREDDY vs. JASON auf die Leinwand brachte, perfekt dosiert und gezielt miteinander gepaart oder vermischt. Sie gesamte Stimmung des Films rockt einfach von Anfang bis Ende das Haus und wirkt auch nach dem x-ten Mal noch dreckig, sarkastisch und irgendwie herrlich jugendgefährdend.

Die Darsteller machen zunächst einmal einen extrem guten Job und runden das Gesamtbild des Films solide ab, was bei einem Film dieses Genres absolut nicht immer an der Tagesordnung steht. Auch Nebenrollen wie die von Tiff’s Freund Damien, der herrlich verdorben und durchgeknallt wirkt, bleiben dank guten Schauspiels im Kopf hängen. Jennifer Tilly zählt so oder so zu meinen All Time Favorites und macht auch hier ihren Job als mordlustiges, aber romantisches Gruftiegirl hervorragend, auch wenn sie lediglich in der ersten Hälfte auftritt. Katherine Heigl und Nick Stabile spielen ebenfalls, na ja, solide, auch wenn man ihm ein kleines bisschen anmerkt, dass er vor diesem Film lediglich in der TV – Serie SUNSET BEACH gespielt hat. John Ritter dürften einige Genreliebhaber noch aus der Stephen King – Verfilmung ES von 1990 kennen, Alexis Arquette kommt ohnehin aus einer berühmten Schauspielerfamilie, in der auch die Geschwister bereits im Horrorgenre aktiv waren (David Arquette: SCREAM 1-3 , Patricia Arquette: NIGHTMARE ON ELM STREET 3 , Roseanna Arquette: PULP FICTION). Schauspielerisch sind also sogar durchweg positive Leistungen zu verbuchen, allerdings muss man klarstellen, dass die beiden kleinen Hauptdarsteller den menschlichen Akteuren klar die Show stehlen. Denn wenn Chucky und Tiff sich in die Haare kriegen, wer denn nun am besten mordet und wer denn nun der Coolere ist nur um sich ein paar Minuten später wieder lieb zu haben, kann man vor Lachen einfach nicht mehr. Die Dialoge sind einfach Kult und die Wortspiele wirklich humorvoll und lustig. Eine realistische Chance gegen die Puppen hat (im darstellerischen Sinne) eigentlich nur Jennifer Tilly (als Mensch versteht sich).

Der Film brauch keine breitgewalzten Szenen als Füllmittel – es geht sofort los. Der Cop holt Chucky (oder besser: Das was von ihm übrig ist) ab, fährt in die dunkle Lagerhalle – und Zack schlitzt ihm die liebe Tiffany mal so eben die Kehle auf, pfeilt sich mit der Rasierklinge erstmal die schwarzen Krallennägel, leckt das Blut des Bullen ab und weg ist sie. Ich finde diese Eingangsszene gibt die morbide, dreckige Atmosphäre, die den Film auszeichnet, sehr gelungen vor: Gewalt, pechschwarzer Sarkasmus, blutige Coolness. Und es wird keine Sekunde verschwendet. Sofort wird die Story um Chucky’s Auferweckung weitergesponnen, zwischendurch noch mal die Figur des Damien (geil!) und die des lieben Nachbarn namens Nick eingebaut, damit man ein wenig später auch richtig in die Vollen gehen kann. Und das Tempo stimmt absolut: sobald die beiden Teens mit den Killerdolls im Gepäck durchs Land fahren, wirkt das Ganze weder mit Effekten und Gekreische überladen, noch zu langatmig. Hier zündet der Chucky ein Auto an, da jagt die Tiffany ein sexgeiles Ehepaar per Spiegelscherben in den Tod, dort bekommt der Polizeichef das Gesicht mit Metallnägeln dichtgepflastert. Und stets sind es Nick und Jade, denen die Scheiße langsam bis unters Kinn steht, weil ihnen niemand mehr glaubt. Gelungen auch, dass die beiden nicht sofort den Puppenbraten riechen sondern erst relativ weit gegen Ende merken, was Sache ist. Das macht die Reise für Fans umso amüsanter. So können sich Chucky und Tiff ihrer derben Schadenfreude so richtig hingeben. Und die ist nun mal derbe.

Brutal wird’s tatsächlich. KINOWELT veröffentlichte CHUCKY UND SEINE BRAUT in der ungeschnittenen Version und die FSK 18 ist schon berechtigt. Piercing aus der Unterlippe rausreißen, Nägel ins Gesicht, vom Truck zerfetzt werden – den Innovationen werden keine Grenzen gesetzt und wer sich auf ein altbackenes Messer-Geschlachte eingestellt hat wird positiv überrascht sein. Übermäßig blutig wird es nicht, doch so manche Aktion rechtfertigt das rote Siegel. Das Schöne ist jedoch, dass die Blutszenen nicht als Selbstzweck, sondern als Untermalung fungieren und somit stets willkommen sind. Man muss allerdings in der Tat eine große Portion pechschwarzen Humors mitbringen, um sich an den Gräueltaten genauso ‚erfreuen’ zu können wie Tiffany und Chucky. Allerdings fragt man sich in Anbetracht von Filmen wie WRONG TURN doch, weshalb Streifen wie dieser hier als ‚Nicht Jugendfrei’ eingestuft werden. Von der FSK 16 – Version ist wieder einmal nur dringend abzuraten.

Untermalt wird der rotzige Road-Movie-Look durch die passende Musik – Neben Rob Zombie, welcher den Titelsong LIVING DEAD GIRL beisteuerte, geben sich Metal-Veteranen wie JUDAS PRIEST, SLAYER oder Maiden-Fronter BRUCE DICKINSON die Ehre, um auch den Sound des Films auf Vordermann zu möbeln. Und das ist nicht nur gelungen – das ist schlichtweg oberaffengeil, wenn die beiden Mörderpüppchen zu Priest’s BLOODSTAINED über den Highway brettern, die zerfetzte Leiche des Freundes hinter sich lassend. Das ist anarchisch, schmutzig, einfach nur absolut passend.

Der Showdown sieht dann so aus, dass Tiff und Chucky von Nick und Jade gegeneinander ausgespielt werden und sich letzten Endes gegenseitig fetzen. Tiffany wird erstmal abgestochen und Chucky fällt in sein Grab, wo er von Jade erschossen wird. Der Abschlussgag mit dem Baby, dass noch aus Tiff’s toten Körper herauskommt, sagt wohl alles. Die Fortsetzung SEED OF CHUCKY (CHUCKY’S BABY) kam dann auch 2004, sechs Jahre nach diesem bösen Puppentheater. An dessen Erfolg konnte der fünfte Teil aber nicht mehr anknüpfen: Im Januar 1999 hatte CHUCKY UND SEINE BRAUT nämlich bereits über $32 Mio. eingespielt und damit um ein Haar sogar das Original übertrumpft. Und das zu Recht. Die von Erfinder und Executive Producer Don Mancini geplante Idee, die Reihe mit völlig neuen Stilelementen zu versehen und sie dadurch in neue, unterhaltsamere Gewässer zu leiten, ist vollends geglückt. Man sollte nicht außer Acht lassen, dass ähnliche Experimente bereits in anderen Filmen kläglich scheiterten, man nehme sich nur mal A NIGHTMARE ON ELM STREET 5 als Beispiel, wo die Comedy-Schiene das Geschehen bös’ nach hinten losgehen lies.

Fazit: Es mag daran liegen, dass ich zu diesem Film einen besonderen Bezug habe, da es mein erster FSK 18 – Film aller Zeiten war und ich ihn im zarten Alter von 13 oder 14 gesehen habe – doch BRIDE OF CHUCKY zählt nach wie vor zu meinen persönlichen Alltime – Favorites. Ich liebe den schmutzig – rockigen Erzählstil und die beiden Hauptakteure sowieso, ich liebe die Musik, ich liebe die Figuren, ich liebe den Style des Streifens, ich liebe Jennifer Tilly, ich liebe einfach den ganzen Film. Ronny Yu’s Handschrift, welche sich auch auf FREDDY vs. JASON auswirken sollte, ist bereits hier deutlich zu erkennen. Wie gesagt – bislang habe ich noch keinen anderen der CHUCKY – Filme zu Gesicht bekommen. Alle Nörgler sollen sich von mir aus bis in alle Ewigkeit an Tom Holland’s ersten Teil klammern und ihn als auch so gruselig bezeichnen. Doch nachdem was ich gelesen habe und meiner eigenen Meinung zu diesem allein stehend betrachteten Gore-Comedy-Road-Movie-Horror bleibt mir nur noch zu sagen: GEILER FILM .

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