Review

Einen Film wie „a meia noite...“ zu beschreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Was hier inhaltlich geboten wird, möge der geneigte Leser denn bitte auch den anderen Reviews entnehmen.
Stilistisch ist der erste „Zé-do-Caixao“-Film eine Achterbahnfahrt. Nach dem bedeutungsschwangeren Monolog des finsteren Totengräbers und dem etwas billig gemachten Vorspann, in dem man auch gleich Zé’s zukünftige Opfer und ihr Ableben sehen darf, erzählt dem Zuschauer dann sehr over-actenderweise eine Wahrsagerin/Hexe, dass man das Kino lieber verlassen sollte, wozu man natürlich ob der Kürze der Sequenz kaum Chancen hat und so seinem angekündigten Schicksal entgegensehen muss... William Castle lässt grüßen. Erwartet uns spaßiger Trash? Mitnichten!
Im weiteren Verlauf wird uns „Zé do caixao“ präsentiert, der zynische Totengräber, der weder an Gott noch Teufel glaubt, sondern nur an die Überwindung von Moral und Schwäche: Ein echter Anwärter auf den Titel „Übermensch des Jahres“. Marins lässt ihn uns weit über das übliche Maß des Filmbösewichtes kennen lernen, zeigt auch seine sympatischen Seiten, und so kann der Zuschauer sich sogar fast mit ihm identifizieren, auch wenn seine kaltblütigen (rein vom Pragmatismus getriebenen) Morde abstoßen. Zé ist ein Außenseiter, den die Gesellschaft aufgrund seines Zynismusses und dem daraus resultierenden Sadismus ablehnt, und doch ist sie unfähig, ihm etwas entgegenzusetzen.
Durch feine Nuancen überwindet Marins hier das klassische Horrorfilmschema, und so weiß man über lange Zeit kaum, wohin dieser Film sich wenden wird.
Für die damalige Zeit detaillierte Goreszenen gibt es zu sehen, die Marins den Ruf eingehandelt haben, er sei der brasilianische H.G. Lewis. Ein schlechter Vergleich, denn Lewis war ein Dilletant, Marins ein Visionär.
Moralische Wendungen gibt es, die Zé für seine Gott- und Morallosigkeit bestrafen. Am Ende ist er von den übernatürlichen Erscheinungen, die er vorher laut als „Lügen“ beschimpfte, geschlagen.
Dazwischen liegen athmosphärisch gefilmte Szenen, die ihr geringes Budget nicht verleugnen und trotzdem zupackend realisiert sind.
Der erste brasilianische Horrorfilm ist keine simple Nachahmung internationaler Standards, sondern eine sehr eigene brasilianische Interpretation dessen, was Brasilien zur Zeit der Militärdiktatur Angst machte. Darum wurde Zé eine Kultfigur, wie sie brasilianischer nicht sein konnte.
Auf diesem Fundament sollte Marins noch großes vollbringen, doch bereits dieser erste Film ist grandios und hierzulande noch zu entdecken.

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