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Es gibt wohl kaum einen Regisseur der Gegenwart, der mit seinen Werken die Meinungen der Genre-Fans derart polarisiert, wie der Brite Paul W.S. Anderson (mal abgesehen von dem „Masse satt Klasse“-Filmer Takashi Miike) – eine Fraktion kann nichts mit seiner Oberflächigkeit in Sachen Story- und Charakterentwicklung anfangen, die andere erfreut sich daran, dass er den Fokus auf die wesentlichen Aspekte seiner Projekte (zumeist: Action) richtet, effektiv arbeitet und alles optisch ansprechend in Szene setzt, wodurch die Filme eigentlich immer teuerer als ihr tatsächliches Budget aussehen.

Als Anderson im Jahre 2002 die Verfilmung des populären Videospiels „Resident Evil“ ankündigte, war die geteilte Resonanz schon vorprogrammiert, doch der auf diesem Gebiet erfahrene Regisseur (sein US-Debüt war die äußerst erfolgreiche „Mortal Kombat“-Adaption) ließ sich nicht beirren und lieferte einen stylsicheren Horror-Thriller ab, der es sogar wagte, eigene Wege zu gehen: Statt die Vorlage eins zu eins umzusetzen, übernahm er nur einige zentrale Elemente, beschränkte die Handlung auf einen einzigen Schauplatz (den unterirdischen Komplex „the Hive“), führe die Figur der „Alice“ als Heldin ein und erzählte eine dem Spiel nur vage angelehnte Geschichte.
Der Film wurde zu einem Kassenerfolg, eine Fortsetzung nur noch eine Frage der Zeit – als diese dann kam, war Anderson gerade verstärkt in seinem Herzensprojekt „Alien vs. Predator“ eingebunden, so dass er für „RE: Apocalypse“ nur noch das Drehbuch beisteuerte und den Regiestuhl dem Newcomer Alexander Witt überließ, der zuvor als Second-Unit-Director der Actionszenen von “xXx“, “Gladiator“ oder “Black Hawk Down“ Erfahrungen sammelte.
Andersons Skript sollte ihm die perfekte Plattform bieten: Ein nonstop Actionspektakel voller Stunts, Explosionen und Schießereien. Das Ergebnis in diesen Bereichen kann sich sehen lassen, doch sobald es mal etwas ruhiger wird (eh nur ganz selten), treten Witts Defizite klar hervor, denn Schauspielerführung, Charakterzeichnung und subtilere Elemente sind wahrlich nicht seine Stärke (Andersons Drehbuch mitsamt der Klischees und etwas unbeholfenen Dialogen ist aber auch nicht ganz unschuldig daran)…

Die Story setzt kurz vor der Schlußszene des ersten Teils an: Die „Umbrella Corporation“ lässt den versiegelten „Hive“ öffnen, wobei der T-Virus sich übers gesamte Stadtgebiet ausbreitet und die Toten wieder lebendig werden lässt. Kurzerhand wird das Kontaminationsgebiet abgeriegelt und alle darin ihrem Schicksal überlassen, während der zuständige kommandierende Offizier (Thomas Kretschmann – „Blade 2“) einen dekontaminierenden Atomschlag in Erwägung zieht. Vorher soll aber noch die neuste Waffe der „Umbrella Corp.“ getestet werden – das mutierte und genmanipulierte Geschöpf „Nemesis“, das neben seiner immensen Kraft zudem noch mit Raketenwerfer und Gattling ausgestattet ist…
Innerhalb von Raccoon City kämpfen sich derweil Alice (Milla Jovovich – „5th Element“) und einige andere Überlebende (unter ihnen auch Jill Valentine (Sienna Guillory – „Sorted“)) durch Horden von Untoten auf der Suche nach der Tochter eines einflussreichen Wissenschaftlers (Jared Harris – „the Eternal“), der ihnen als Gegenleistung eine Fluchtmöglichkeit anbietet. Im Laufe der Zeit (und der verschiedenen Gefechte) stellt es sich immer deutlicher heraus, dass auch Alice genetisch verändert wurde, was sie schneller und stärker werden lässt – der finale Endkampf mit Nemesis und Vertretern der „Umbrella Corp.“ kann beginnen…

„Resident Evil: Apocalypse“ ist mehr Action- als Horrorfilm – pures Krawallkino mit Gruselelementen. Selten hat man in den letzten Jahren derart viel Action geboten bekommen, denn von der ersten bis zur letzten Minute werden dem Zuschauer fast ununterbrochen Schießereien, Kämpfe, Stunts und Explosionen geboten, die zudem noch gut umgesetzt wurden. Unter diesem Dauerfeuer leidet jedoch die Spannung und Atmosphäre – Ansätze sind zwar vorhanden (wie in der Schule oder Kirche), werden aber meist zügig von den einsetzenden Gewehrsalven erstickt. Schockeffekte gibt es nur wenige, der Goregehalt hält sich in Grenzen – die Verweigerung der Jugendfreigabe ist jedoch durchaus gerechtfertigt.

Die Schwächen des Films liegen in folgenden Bereichen: Regisseur Witt kann tolle Actionszenen kreieren, was er auch ausgiebig unter Beweis stellt, doch insgesamt betrachtet ist „RE:A“ nichts weiter als eine Aneinanderreihung spektakulärer Momente auf Kosten der Charaktere (die bestenfalls nur kurz eingeführt werden, teilweise zudem noch etwas ungeschickt, wie im Falle von Jill Valentine) und Handlung (ohnehin sehr dünn, gerät sie fast vollständig in den Hintergrund). Einige Zuschauer kamen mit den extrem schnellen Schnittfolgen einiger Sequenzen nicht zurecht – mein Gehirn und ich konnten die Bilder zwar noch recht gut verarbeiten, doch ich gebe zu, dass es teilweise anstrengend war (die Macher bezweckten wohl damit, die übermenschliche Schnelligkeit von Alice etwas zu verbildlichen). Ein weiteres Manko (in meinen Augen) war der Einsatz der abgehackten oder verwischten Zeitlupeneinstellungen bei etlichen Massenszenen der Zombies – ein Stilmittel, dass in meinen Augen etwas billig wirkt oder der Vertuschung visueller Mängel (vielleicht der Untoten-Aufmachungen?) dient.

Die Öffnung des „Hive“ am Anfang geriet noch etwas unspektakulär, doch im Anschluss wird bei der Evakuation der Stadt das Tempo angezogen und die Dauerschusswechsel setzen ein. Gerade als der Film dann etwas monoton zu werden droht, taucht endlich „Nemesis“ (übrigens vollständig nicht (!) am Computer kreiert) auf und verleiht ihm einen deutlichen Schub. Die Auseinandersetzungen zwischen ihm und Alice sind zweifelsohne die Highlights des Films, vor allem weil die Umsetzung des Monsters erstaunlich (und erfreulich) gut gelungen ist (wie auch die der untoten Hunde)!
Zwischendurch gibt es immer wieder nette Genrezitate – wie etwa, als die dezimierte Gruppe auf einem Friedhof eine Pause einlegt … natürlich kann sich jeder denken, was als nächstes passieren wird, doch trotzdem ist die folgende Sequenz, in der sich die Toten selbst ausgraben, eine gelungene Hommage an klassische Zombiefilme wie „Return of the Living Dead“.

Die Darsteller bieten allesamt solide Leistungen, doch nur Milla Jovovich ragt wirklich heraus – sie verkörpert die Alice überzeugend und mit vollem Körpereinsatz. Schön auch, dass der Gebrauch von „CGI“-Schöpfungen sehr gering ausfällt – und wenn der PC doch zum Einsatz kam, sieht das Ergebnis gut aus (wie die Explosion am Ende) oder wurde unauffällig in der Dunkelheit versteckt (wie die Kreaturen in der Kirche).

Im Endeffekt folgt „RE:A“ genau den Regeln von Fortsetzung (schneller - aufwändiger - lauter - teuerer) und Videospielen, denn die Aneinanderreihung der Actionszenen ohne große Story- oder Charakterentwicklung passt zu einer Vielzahl der Games auf dem Markt. Zudem wirkt der Film stellenweise so, als würde er Levels abhaken – vor allem weil es immer wieder Zwischengegner (wie die „Licker“ oder Hunde) zusätzlich zu den Zombies gibt und alles auf den großen Endkampf zusteuert…

Fazit: „Resident Evil: Apocalypse“ orientiert sich stärker an den (Spiele-) Vorlagen als der erste Teil, ist reicher an Action, aber schwächer an Spannung und Atmosphäre – letzteres ist vor allem auf den unerfahrenen Regisseur zurückzuführen … 6 von 10 (wegen der genannten Mängel – der Spaßfaktor liegt jedoch höher)!

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