Review

Visuell ist der Film ein Fest! Zwar durchaus eins, zu dem sich nicht jeder eingeladen fühlen wird, aber selten ging es im Mainstream-Kino den Konventionen radikaler an den Kragen als in "Nochnoy dozor".
Vorrangig aus den Manierismen von David Fincher, Wachowski und Michael Bay gespeist, entwickelt Regisseur Timur Bekmambetov eine Bildsprache, die nicht gerade originell daher kommt, in ihrer Hemmungslosigkeit und Vitalität allerdings die größte Attraktivität des Films ausmacht. Mutig ergeht sich die Regie in unzähligen Jump-Cuts und sonstigen Schnitt-Spielereien, die zum großen Teil auch zweifellos Unsicherheiten kaschieren sollen, denn wie sagt schon Leander Hausmann so richtig: "Wer schneidet, hat Angst!" - und Bekmambetov hat angesichts seines Geschnetzels regelrecht Panik. Und das durchaus zu Recht, denn inhaltlich hat der Gute sich schwer verhoben...
Es wird verzweifelt versucht möglichst viel Inhalt in den Film zu packen. In viel zu kurzer Zeit sollen die Grammatik der Triologie, diverse Charaktere und Nebenhandlungen etabliert werden mit der Folge, dass vieles angeschnitten, aber nichts entwickelt wird. Dabei ist der Grundplot um Anton, der wegen seinem verloren geglaubten Sohn zwischen die Fronten der Wächter von Tag und Nacht gerät, nicht sonderlich komplex. Das Aufbauschen von Nebensächlichkeiten und fehlen einer schlüssigen Dramaturgie bricht dem Streifen allerdings das Kreuz und ist der Preis für den Bruch aller Berechenbarkeit.
Dass Bekmambetov sein Handwerk versteht, zeigt die Szene in der Anton zum ersten mal das "Zwielicht" betritt und mitverfolgt, wie der Mord an seinem ungeborenen Sohn verhindert wird - das ist einfach großartig inszeniert, gefilmt, geschnitten und von einer einnehmenden Dichte, die im Verlauf des Films nicht mehr erreicht wird. "Clipchic" zwar, aber es zollt von Talent und macht Hoffnung auf die nächsten Teile.
Bekmambetov wird wachsen. Er wird die CGIs nicht mehr wie Konfekt vom Kirmeswagen schleudern, er wird gelassener mit der Vorlage umgehen, ein vernünftiges Finale konzipieren und hoffentlich nicht die Lust auf kauzige Elemente verlieren.
Bis dahin bleibt "Wächter der Nacht" der "Film zum Trailer", der die Erwartung an einen Film im "Aphex Twin"-Videoclip-Look nicht erfüllt. Ist vielleicht auch besser so. Was dann doch etwas ärgert ist die Vermutung, dass ein Film in dieser Form in Deutschland kaum realisierbar erscheint und ausgerechnet ein ebenfalls nicht krisenarmes Land vormacht, was hierzulande niemand auf die Kette kriegt. Wer hätte gedacht, dass es uns so mies geht, dass man nur noch Komödchen und Nazi-Filmen vertraut, während ähnliche düstere Versuche wie "Tattoo" sang- und klanglos untergehen, die Macher dafür aber in Hollywood Karriere machen dürfen... Bekmambetov bleibt dort viel Glück zu wünschen!

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