Die grobe Story von "Wächter der Nacht - Nochnoi Dozor" setze ich als bekannt voraus bzw. sie wird hier einige mal kurz richtig als der altbekannte Kampf "Gut gegen Böse" dargestellt.
Habe den Film ohne große Vorerwartungen gestern in einem randvollen Kinosaal erlebt und bin nicht enttäuscht. Sicherlich waren die vorab kolportieren Vergleiche mit Meisterwerken wie "Matrix", "Blade" oder "Herr der Ringe" mehr Publizity als reale Wahrnehmung. Die große Lob von Quentin Tarantino über den Film nahm ich dennoch mit großem Interesse auf.
Dennoch schafft es der Film eine ihm eigene Atmosphäre aufzubauen. Diese ist in sich neu - irgendwo zwischen Vampirfilm, Fantasy Saga und schmierigem Russen Giallo. Dies hat mir gut gefallen da es in gewisser Weise einzigartig ist. Wo gab es das sonst schon derart ausgebreitet ?
Sicherlich gibt es auch einige Schwächen. So ist der Film an einigen Stellen zu sehr "selbstverliebt" und feiert die ein oder andere innovative Kamerafahrt zu sehr - hier und da zeigt man tatsächliche oder vermeintlich innovative Einstellungen um sich selbst willen - so kommt es zumindest rüber.
Toll sind die Einstellungen vor allem am Anfang bei den Schlachtszenen, auch wenn da wieder alle rufen "wie bei Herr der ....", aber verdammt nochmal - damit will doch der Film nicht wirklich dauerhaft konkurrieren - wer das erwartet hatte wird enttäuscht. Die CGI's sind weitestgehend auf hohem Niveau und es kommt keinerlei Billig-Image auf.
Die schauspielerische Leistung is durchweg ordentlich, große Sympathie kommt mit keinem der Darsteller auf. Der Hauptdarsteller wirkt manchmal zu bemüht cool und abgeklärt - die übertrieben bassige Synchrostimme zu ihr übriges dazu. Dazu kann natürlich der Film nichts. Insgesamt sind es sehr durchschnittliche Menschen, keine bekannten Stargesichter was für mich die Authentizität erhöht - man wird nicht von Mega-Schönheiten oder supercoolen Wesley Snipes erschlagen.
Nicht gefallen wird der Film beschränkten Gorehounds die nur den Blutmatsch sehen wollen. Auch Horror- und Fantasy Kommerzkacke Fans die nicht mehr als "Herr der Ringe" und "Blade" kennen und mögen wird die teils experimentell anmutende Umsetzung nicht gefallen. Wer ellenlange Kampfszenen al la "Blade" erwartet wird auch enttäuscht sein.
Man muß einfach die relativ einzigartige Mischung aus High-Tech, Vampir-Drama, schmieriger Russen-Atmosphäre in den Wohnungen und klassischen Fantasy Einflüssen mögen bzw. zumindest wertschätzen um dem Film etwas abzugewinnen. Wer klassische Seh-Maßstäbe anlegt wird nicht begeistert sein können.
Konservative Rezipienten des Films werden von "Langeweile" und "hektischen Bildschnitten" reden... und hier auch teils 1/10 Punkten geben. Das wird dem Film bei weitem nicht gerecht. Diese Overground Horror- und Fantasy Fans kennen meist nur konventionell filmisch umgesetzte Werke und messen auch "Wächter der Nacht" an Ihrem begrenzten Seh- und Kritikerfahrungen. Wobei man über Geschmack nicht streiten sollten und jede Meinung natürlich das gleiche Gewicht hat.
Absolute Pluspunkte gewinnt der Film aufgrund der Tatsache, daß alles gezeigt mit einem Budget von ca. 4 Mio. $ produziert wurde - in anderen Block Buster Produktionen bekommt das gerademal der Friseur der Hauptdarstellerin. Was hier optisch - trotz einiger kleiner Kritikpunkte, siehe oben - geleistet wurde ist sagenhaft.
Der Storytwist am Ende gefällt mir sehr gut und wird aufgrund von Spoilereffekten hier nicht verraten. Auf jeden Fall macht er Lust für kommende Teile. Es gäbe noch viel zu sagen über den Film, aber das will ich anderen überlassen. Vielleicht wird er später mal als "Herr der Ringe" für (osteuropäische) Underdogs oder die wahren Grufties zur entsprechenden Ehre kommen.
Insgesamt und aus allen o.g. Gründen überzeugt mich der Regisseur Timur Bekmambetov mit seinem Werk. Ich werde mir die folgenden Teile ansehen und ich gebe 7/10 Punkten.