Der zweite Monumentalfilm des Jahres heißt "Alexander" und erzählt, wen wundert's, in 173 Minuten die Lebensgeschichte Alexanders des Großen.
Lang hat er zwar nicht gelebt, der sagenhafte makedonische Feldherr, denn mit 33 Jahren starb er in Babylon an einer Infektionskrankheit. Die hätte ihn vermutlich nicht über den Euphrat befördert, wenn sein Körper nicht von den endlosen Strapazen des Kampfes (und des Suffes) ausgebrannt gewesen wäre. Aber das ist sicherlich Spekulation, und auch Regisseur Oliver Stone verschwendet nicht allzuviele Gedanken daran.
Das Leben Alexanders (hier verkörpert von Colin Farrell) war ein endloser Kampf, in dessen Verlauf er große Teile der damals bekannten Welt unterwarf. Trotz dieser zahllosen Motive, die reichlich Stoff für ein Dutzend Filme geliefert hätten, gibt es während der fast dreistündigen Stone-Vorstellung nur eine einzige "richtige" Schlacht zu sehen; nämlich gegen Ende des ersten Filmdrittels, wenn 40.000 Makedonier der erdrückenden Übermacht von 250.000 Persern gegenüberstehen. Und diese Szene ist, wenn man sie kritisch betrachtet, eine ziemliche Enttäuschung. Das sie im ersten Moment besser wirkt, als sie tatsächlich ist, liegt vermutlich daran, daß dem Zuschauer bis dato nichts - aber auch wirklich nichts - geboten wurde, was ihn hätte vom Sitz reißen können (es sei denn, er hätte eine Vorliebe für schwulstige, uninteressante, pathosbeladene Endlosdialoge). Den langatmigen Anfang des Filmes hätte man in ein paar simplen Worten zusammenfassen können: Alexanders Eltern (Val Kilmer; Angelina Jolie) hassen einander und der Junge ist zwischen ihnen hin- und hergerissen. Im Alter von zwanzig Jahren bricht er - von ständiger Unrast getrieben - auf, um seinen Platz in den Geschichtsbüchern einzunehmen. Oder so ähnlich. Der Film braucht für diese Botschaft fast eine Dreiviertelstunde (,,, vielleicht verschätze ich mich bei dieser Angabe, jedenfalls kam es mir furchtbar lang vor).
Zurück zur besagten Schlachtszene: Hier wird die Kamera zur Achterbahn... das Gewackel ist eine regelrechte Beleidigung für's Auge. Außerdem kommen die Bilder reichlich unscharf und verwaschen daher, und alles ist von einem leichten, rötlichen Stich überlagert (... war das Absicht, um die Wüstenatmosphäre, vor deren Hintergrund der Kampf stattfindet, zu unterstreichen)? Verglichen mit der Anfangsschlacht aus "Gladiator" oder den vielen Massensequenzen, die man in "Troja" bewundern konnte, war diese Szene höchstens Mittelmaß. Darüber können auch die wirklich gelungenen Luftbilder des Getümmels nicht hinwegtäuschen.
Die zweite Schlacht des Filmes bekommt der Zuschauer erst ziemlich zum Schluß zu Gesicht. Schauplatz: Indien, irgendwo im Dschungel. Leider ist die Szene noch unspektakulärer als die erste; zum einen, weil sie wesentlich kürzer ist, zum anderen, weil Regisseuer Stone hier ein Stilmittel einsetzt, was keinesfalls dazu geeignet ist, daß Ganze optisch reizvoller zu gestalten: Er zeigt einen Teil des Gemetzels aus Sicht des verletzt am Boden liegenden Alexanders - und dem schwinden mittlerweile die Sinne und alles kommt ihm blutrot vor. Hört sich interessant an, sieht aber furchtbar aus. Achja, einen Höhepunkt hat diese zweite Schlacht dann aber doch noch zu bieten, und ich muß zugeben, daß mich diese Sequenz wirklich beeindruckt hat. Gemeint ist der Moment, in dem Alexanders Pferd sich vor einem Kriegselefanten aufbäumt; das wirkt sehr eindrucksvoll. Aber: Wer den Trailer zum Film gesehen hat, der kennt die Szene schon und der Reiz ist dahin. Schade.
Der Rest des Filmes ist wirklich nichts als ein schlechtes Theaterstück: Langatmige Monologe und Phrasendrescherei bis sich sich die Balken biegen. Die Handlung kommt irgenwann keinen Millimeter mehr voran. Untermalt wird das Ganze vom ständigen, salbungsvollen Dauerbeschuß der Krieger-Philosophen. Furchtbar.
Derjenige, der für das Casting dieses Films verantwortlich war, sollte in Zukunft vermutlich besser die Branche wechseln. Wer jetzt denkt: "Wieso? Da haben doch eine ganze Reihe Hochkaräter mitgespielt... z.B. Anthony Hopkins!", der hat natürlich recht. Auf den ersten Blick zumindest. Doch eigentlich hat Sir Anthony kaum mehr als einen Gastauftritt, er ist der Overvoice-Erzähler, der Alexanders Geschichte aufschreiben läßt und ist im Film kaum zu sehen. Warum "verschenkt" man einen solch brillanten Schauspieler und degradiert ihn zum Märchenonkel? Unverzeihlich! Noch gravierender, und schon fast unfreiwillig komisch, ist die Tatsache, daß Angelina Jolie die Mutter Alexanders spielt; sie und Farrell sind etwa gleichaltrig, was man den beiden durchaus ansieht. Und wenn es denn schon unbedingt Angelina Jolie sein mußte, hätte man sie wenigstens altersgerecht "umstylen" sollen... aber auf die Idee ist wohl keiner gekommen.
Erfreulich in diesem Zusammenhang: Entgegen aller Erwartungen wirkt Colin Farrell nicht vollkommen daplaziert; seine Leistung ist zwar nicht oscarverdächtig (eigentlich ist sie noch nicht einmal besonders gut), aber irgenwie schafft er es zumindest halbwegs, sein dreitagebärtiges Yuppiegesicht unter Kontrolle zu bekommen und wenigstens phasenweise einen glaubwürdigen Sandalenhelden abzugeben. Was auf den Filmplakaten schon beim ersten Anblick wie eine komplette Fehlbesetzung wirkte, kommt im Film dann doch noch einigermaßen erträglich an. Vorausgesetzt, man kann jegliches verlangen nach Realismus unterdrücken und so tun, als ob es bereits im Jahre 330 v. Chr. Sonnenbankjünglinge mit blondiertem Schopf und Fönfrisur gab. Wer das allerdings nicht schaftt, der wird vermutlich wenig Freude an der Titelfigur haben, denn einen echten "Haudegen" (so wie z.B. Russel Crowe ihn jederzeit spielen kann wenn seine Rolle es fordert), hat Colin Farell einfach nicht im Repertoire. Das soll nicht heißen, daß Farell ein schlechter Schauspieler ist - keineswegs - aber der Typus des Weltenbezwingers paßt einfach nicht zu ihm.
Bleibt zum Schluß noch die Frage: Gibt es denn wirklich nichts, was die Produktionskosten des Films, und das waren immerhin rund 140 Millionen Dollar, rechtfertigt?
Doch, gibt es, aber leider nur teilweise:
Die Ausstattung des Filmes ist in manchen Bereichen wirklich wunderschön anzuschauen; die Kulisse der Stadt Babylon beispielsweise ist perfekt gelungen und kann in jeder Hinsicht mit anderen Vorzeigeobjekten dieses Sektors mithalten (z.B. mit der phantastischen Kulisse Roms aus dem bereits zitierten Gladiator). Gleiches gilt für die (wenigen) Ansichten Alexandrias. Außerdem gibt es ein paar gewaltige, ausdrucksstarke Bilder zu sehen, z.B. bei der Überquerung des Hindukusch oder in den Bergen des persischen Hinterlandes. Auch auf dem Ausstattungssektor gibt es auf den ersten Blick kaum Negatives zu berichten, denn die Kostüme gehen in Ordnung, ebenso das Erscheinugsbild der Armeen mit Phalanxen auf der einen, sowie Streitwagen und Kriegselefanten auf der anderen Seite.
Leider sind die Szenen in Makedonien, sowie sämtliche Indoor-Einstellungen in Persien und Indien bemerkenswert lieblos, beinahe schon schlampig abgedreht worden. Große, dunkle und karge Räume, keine Details - Sparta läßt grüßen. Den traurigen Höhepunkt dieser Ausstattungs-Magerkost bildet die Rückblende gegen Ende des Filmes, in der Alexanders Vater ermordet wird: Das Ganze wirkt, als sei es auf der Freilichtbühne der Karl-May-Festspiele von Bad Segeberg gedreht worden: Billig und einfallslos.
Fazit:
Dieser Film ist pure Langeweile. Der Zuschauer wird konfrontiert mit einer dialoglastigen Handlung, die niemals vorankommt und in der es, einer ständigen Kreisbewegung folgend, immer nur um die gleichen Themen geht; um Alexander, der nicht weiß, ob er seinen Vater liebt oder seine Mutter, der nicht weiß ob er seine Frau liebt oder seinen Kampfgefährten Hephaistion, und der anfängt zu glauben, ein Sohn des göttlichen Zeus zu sein und deshalb von dem Gedanken besessen ist, berühmter zu werden als Achilles. Hallelujah.
Bitte kein Geld für diesen Müll ausgeben sondern erst anschauen, wenn er 2008 auf Pro7 im Free-TV läuft.