Mit „Alexander“ will Oliver Stone ein ganz besonderes Bild des antiken Herrschers zeichnen, doch sein Werk ist nicht so groß wie der reale Alexander.
Erzähler des Werks ist der greise Ptolemäus (Anthony Hopkins), Pharao in Alexandria in Ägypten rund 40 Jahre nach Alexanders Tod. Gleich zu Beginn gibt es eine kurze Einführung in das Thema; der Zuschauer erfährt, dass Alexander (Collin Farrell) der Sohn von Philip II. (Val Kilmer) und Olympias (Angelina Jolie) war. Philip hatte bereits einige große Feldzüge geführt, hatte aber in Persien nur teilweise Siege erringen können und den persischen Großkönig Dareos bestechen müssen. Zwar sind die Erzählszenen etwas langatmig, wenn man den geschichtlichen Hintergrund bereits kennt, aber wohl doch für jene Zuschauer hilfreich, die dies nicht tun.
In Jugendjahren muss Alexander miterleben, dass seine Mutter und sein Vater kein gutes Verhältnis haben und jeder versucht den Einfluss des anderen auf den Sohn zu verringern. Während Philip von Alexander will, dass er seine Politik fortsetzt, möchte Olympias, dass Alexander wahrhaft großes vollbringt – was auch Alexanders eigener Natur mehr entgegenkommt. Das Demontieren antiker Heldenfiguren scheint gerade in Mode zu sein, denn ähnlich „Troja“ sind die Charaktere hier alle wenig strahlend, sondern haben viele negative Seiten.
Als Alexander 19 Jahre alt ist, eskaliert der Konflikt der Eltern immer weiter – vor allem als sich Philip eine weitere Frau nimmt und mit ihr einen Erben zeugt, der Alexander den Thron streitig machen könnte. Als sich die neue Verwandtschaft beim Hochzeitsbankett daneben benimmt, beweist Alexander Courage und bietet ihnen die Stirn – sehr zum Zorne Philips. Doch damit hätten wir dann das Charisma und die Unbeugsamkeit Alexanders etabliert, da wäre es mal langsam Zeit auf Welt(eroberungs)tournee zu gehen.
Als man Philip dann ermordet, fällt die Macht an den gerade 20 gewordenen Alexander und er beginnt damit nach Osten zu ziehen, wo er die damals bekannte Welt erobern will. Doch seine Vision ist sehr groß und verlangt sowohl ihm als auch seinen Männern große Strapazen ab…
Es ist geradezu sträflich, wie knauserig Oliver Stone hier mit den Schlachtszenen umgeht – vor allem angesichts der Tatsache, dass Alexanders Leben fast ausschließlich aus Krieg bestand. Doch „Alexander“ bietet gerade mal zwei Schlachtszenen, die auch von unterschiedlicher Qualität sind. Die erste gegen die Armee von Dareos ist wirklich packend, mitreißend und auch ziemlich ausgiebig. Zwar ist sie weniger übersichtlich als die Kämpfe in anderen Historienfilmen, aber Stone schafft hier eine ähnliche Dynamik wie in den hektischen Spielszenen seines „An jedem verdammten Sonntag“. Die zweite Schlacht in Indien ist anfangs noch ganz nett, aber noch viel unübersichtlicher. Doch dann packt Stone bei einer Verwundung Alexanders auch noch die NBK-Optik aus und klatscht einen roten Farbfilter vor die Linse. Das ist zwar als Idee nicht schlecht, aber passt aber überhaupt nicht und zerstört das Flair der Szene vollkommen.
Leider ist „Alexander“ auch nicht so episch wie Herr Stone sich das vorstellt. Denn selten hat man hier den Eindruck wirklich große Gefühle mitzuerleben und daher eine wohlige Gänsehaut zu bekommen. Denn die Dialoge klingen ab und zu echt pathetisch anstatt überzeugend. In Verbindung mit dem Schlachtenmangel führt das in der zweiten Hälfte zu derben Längen und die Spannung sinkt kontinuierlich. Schade, denn die erste Hälfte ist recht packend wie spannend.
Auch die Demontage eines verklärten Heldenbildes funktioniert gar nicht mal schlecht. Denn es wird klar, dass Alexanders Vision einfach zu gewaltig war und ein derartiges Weltreich damals einfach nicht zu halten war. Auch die Unzufriedenheit die er bei seiner Armee hervorrief, wird gut rübergebracht (auch wenn man immer weiß: wer gerade sauer aus der Wäsche gut, der wird kurz darauf aufbegehren). Ebenfalls sehr mutig ist die Behandlung der Bisexualität Alexanders, der lange Zeit Frauen verschmähte und seinem Jugendfreund Hephaistion (Jared Leto) den Vorzug gab. Mit diesen interessanten Ansätzen läuft Stone nur gelegentlich ins Leere, z.B. in der Bettszene zwischen Alexander und seiner Frau Roxanne (Rosario Dawson), bei der man nie weiß, ob die beiden sich lieben oder hassen, oder die Szene in der Philip und ein paar Lustgreise sich einen wimmernden Jüngling in eindeutiger Absicht krallen, aber man nie weiß, ob das irgendeine Bedeutung haben soll.
Die Ausstattung hingegen kann sich sehen lassen und liefert tolle Kostüme und Kulissen. Auch optisch kann „Alexander“ einige nette Details präsentieren (z.B. der Adler über dem Schlachtfeld), nur wenn Stone mal wieder seine Drogenoptik zeigen muss (siehe oben) dann nervt das wahnsinnig.
Collin Farrell spielt seine Rolle als Alexander wirklich sehr gut und Val Kilmer als Philip geht total ab, dass man von einer seiner besten Darbietungen reden kann. Anthony Hopkins als Tattergreis hingegen ist verschenkt, Jared Leto guckt nur geistesabwesend und Angelina Jolie schaltet lediglich zwischen zwei Gesichtsausdrücken (angepisst oder intrigant) hin und her. Die Nebendarsteller hingegen machen einen ganz guten Job.
Oliver Stones „Alexander“ ist zu lang und der zweiten Hälfte fehlt der Pep. Wäre die erste Hälfte nicht so spannend geraten und wäre da nicht die erste Schlacht, dann wäre der Film wohl total dröge, aber so reicht es noch zum Durchschnitt.