Review

Staffel 7

"Böse Zeichen (The Sixth Extinction)"
Staffel 7, Folge 1

Agent Mulder liegt im Krankenhaus, nicht mehr in der Lage, sich verständlich zu machen. Die Ärzte stellen jedoch starke Gehirnaktivitäten bei ihm fest - derart stark, dass es ihn über kurz oder lang töten würde. Während Skinner Michael Kritschgau zu Mulder schleust, damit dieser ihm helfen kann, ist Scully mit ihren Forschungen hinsichtlich des Raumschifffunds und der mysteriösen Schriftzeichen auf sich allein gestellt und wird Zeugin mehrerer besorgniserregender Ereignisse... Diese direkt an das Ende der sechsten Staffel und damit die neue Rahmenhandlungsmythologie anknüpfende Folge lässt Scully im Prolog ihre Nachricht an Mulder aus dem Off zitieren und damit die Erinnerungen des Zuschauers etwas auffrischen. Grob hat man die Folge in zwei Handlungsstränge aufgeteilt: Den um den vor sich hin vegetierenden Mulder, der erst seinen Vorgesetzten Skinner brutal angreift (!), um ihm heimlich eine Nachricht mit der Bitte um Kontaktaufnahme mit Kritschgau zuzustecken, welcher schließlich per Spritze dafür sorgt, dass Mulder kurzzeitig tatsächlich wieder klarkommt. Diana Fowley indes interveniert und gesteht Mulder ihre Liebe. Der andere Handlungsstrang dreht sich um Scullys Forschungen und ihre Kontakte mit einer Professorin für Biologie sowie einem Wissenschaftler an der Elfenbeinküste einer- und den Konfrontationen mit präapokalyptischen Zeichen wie einer Heuschreckenplage und einem kochenden und sich blutrot verfärbenden Meer andererseits. Über etwas Mord und Totschlag verfügt diese düstere, getragene Folge, die das Ende der Welt einzuleiten scheint, auch noch und letztlich mündet auch sie in ein offenes Ende, entpuppt sich als Mittelstück einer Folgentrilogie. Die bedrückende, aussichtslos erscheinende Stimmung weiß zu überzeugen, der eine oder andere seltsame Drehbucheinfall weniger. Solche Folgen unabhängig von den anderen dazugehörigen zu bewerten, ist immer schwierig, aber ich versuch's trotzdem einmal: 6/10

"Tausend Stimmen (The Sixth Extinction II: Amor Fati)"
Staffel 7, Folge 2

In der letzten Folge der zusammenhängenden, aufeinanderfolgenden Trilogie, die die neue Rahmenhandlungsmythologie einführt, scheinen sich die Ereignisse einmal mehr zu überschlagen, wird munter zwischen Traum- und Realitätsebenen gewechselt, mit einer Vielzahl an fragwürdigen Informationen um sich geworfen und der Zuschauer ordentlich verwirrt: Im Prolog liegt Agent Mulder noch im Krankenhaus und kann zwar Gedanken lesen, sich jedoch nicht artikulieren. Doch seine Mutter und CGB Spender sind da, letzterer jagt ihm in einer fiesen Szene eine Spritze ins Gesicht - und siehe da, Mulder ist wieder ganz der Alte. Spender behauptet nun jedoch, sein Vater zu sein, von einer Virusinfektion ist die Rede, Spender nimmt Mulder mit, Skinner hält sich raus, ein weiser Opa erwartet Scully in ihrer Wohnung, ein Totgeglaubter weilt wieder unter den Lebenden und Diana Fowley sucht Mulder auf, dem man anscheinend ein neues Leben konstruiert hat. Skinner wird derweil im Büro angegriffen, Kritschgau hat sich in Scullys PC gehackt und Mulder wohl alles nur geträumt, auch die Begegnung mit seiner Schwester. Man eröffnet ihm, er wäre als einziger immun gegen die "kommende Virenapokalypse", weshalb Spender und Fowley Experimente mit ihm durchführen. Mulder träumt davon, ein alter Mann und Familienvater zu sein, Spender legt sich zu ihm auf den OP-Tisch, nun heißt es, Mulders Schwester und irgendwie alle anderen wären bereits seit fünf Jahren tot usw... Diese unfassbare Beliebigkeit der Handlungskontruktion endet nicht einmal mit den Szenen der Apokalypse, auch nicht mit einem Attentat und Aktenverbrennung durch Krycek oder durch Scullys Zugang zum Verteidigungsministerium, wo sie erst in Mulders Traum mit ihm als altem Mann und anschließend in der Realität (oder auch nicht) redet. Nein, man zeigt uns noch, dass nach einer Woche der gute Mulder aus sämtlichen Krankenhäusern oder OP-Tischen in Ministerien entlassen wurde und nun vielleicht wirklich wieder ganz normal ist. Der Opa, mit dem Scully sogar gebetet (!) hat, ist allerdings angeblich schon seit zwei Wochen tot. Und Diana Fowley wurde ermordet. Puh... Die Folge ist vollkommen überfrachtet, für 42 Minuten ist das alles schlicht zu viel, und zwar nicht einmal des Guten, denn all das wirkt auf mich wie unheimlich bemühter und einfach uninteressanter, sich mehr schlecht als recht in die Serienkontinuität einfügender Käse mit klaffenden Logik-, Kreativitäts- und Dramaturgie-Löchern, so dass ich mir wünschte, am liebsten gar nichts mehr über diese weitere Außerirdischen-Invasion oder was auch immer das werden soll, Mulders verdammte Schwester und allen damit verbundenen Mumpitz zu hören. Ich fürchte, mit dieser Folge hat man die neue Rahmenhandlung bereits voll gegen die Wand gefahren. Wohlwollende 4/10.

"Hunger (Hungry)"
Staffel 7, Folge 3

Dem Kunden einer Burger-Kette wird das Schicksal zuteil, das man gemeinhin generell von Essern in Massenabfertigung gebratener Hackfleischbuletten vermutet: Ihm fehlt das Gehirn. Dieses wurde ihm von seinem Mörder entnommen. Die FBI-Agenten Mulder und Scully ermitteln in diesem Fall und treffen dabei nicht nur auf einen vorbestraften Angestellten, sondern auch auf einen jungen Mann mit einem ganz besonderen Appetit... Welch Wohltat ist diese wie aus einem klassischen Horror-Comic für Jugendliche entsprungen scheinende, in sich abeschlossene Folge nach der Trilogie um die neue Rahmenhandlungsmythologie! Nachdem der Prolog die mangelnden Umgangsformen nächtlicher Burger-Kunden am Drive-in angesprochen hat, wird dem Zuschauer ein sich geschickt tarnender junger Mann vorgestellt, der einem Job in jener Braterei nachgeht, jedoch für ein frisches menschliches Gehirn sämtliche Ham- und Cheeseburger links liegen lässt. Durchaus schwarzhumorig gestaltet sich die Handlung, wenn er von der Betriebspsychologin, nicht alle, nun, "Details" seines Problems ahnend, an die "anonymen Esssüchtigen" verwiesen wird, wo er prompt auf seine Nachbarin trifft und über seine Leidenschaft referiert. Parallelen zu Suchterkrankungen werden deutlich erkennbar, subtiler sind ein paar kleine Seitenhiebe auf den allgemeinen Wahnsinn des Fleischkonsums. Übergeordnet geht es jedoch um den freien Willen versus biologische Notwendigkeiten und gegen Ende überwiegt dann zunächst auch der Ernst, als er beschließt, nicht mehr so zu tun, als wäre er jemand anderer und zu dem zu stehen, was er ist; ein Schmunzeln kann man sich aber wohl nur schwerlich verkneifen, wenn er sich vor der Psychologin demaskiert, sie in all ihrer Professionalität und ihrem Einfühlungsvermögen aber selbst dafür Verständnis zeigt! "Hunger" ist schwer unterhaltsam und angenehmerweise ein gutes Stück weit bizarr, wobei im Prinzip kein klassischer "Akte X"-Spannungsbogen existiert. Der Täter steht schnell fest und statt seiner Ergreifung zu harren, fiebert der Zuschauer mit ihm mit und wünscht ihm eine Lösung - wie auch immer die aussehen soll. Das Agentenduo spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. 7,5/10

"Millennium (Millennium)"
Staffel 7, Folge 4

Vier ehemalige FBI-Agenten haben in den vergangenen Monaten Selbstmord begangen und allen ist zudem gemein, dass ihre Leichen aus den Gräbern verschwunden sind. Der Grund: Die Toten gehörten zu einer okkulten Sekte, der "Millennium-Gruppe". Ein Totenbeschwörer erweckt sie wieder zum Leben, um kurz vorm Millennium die Apokalypse einzuleiten. Mulder und Scully ermitteln mithilfe Frank Blacks, eines ehemaligen, nun in einer psychiatrischen Anstalt sitzenden FBI-Profilers, die Spur zu den Untoten und ihrem Meister... Nach einer Beerdigung ausgerechnet zur Weihnachtszeit im Prolog und der anschließenden Wiedererweckung des Toten wird schnell klar, dass es sich hierbei um die Crossover-Folge mit der Mystery-Krimi-Serie "Millennium - Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst" handelt, die nach ihrem eigentlichen Ende angehängt wurde. Da ich jene Serie nicht verfolgt habe, kann ich nicht beurteilen, wie sie sich innerhalb ihrer Dramaturgie bzw. Mythologie macht, als Zombie-Folge innerhalb des "Akte X"-Kanons schlägt sie sich aber recht passabel und bringt neben zunächst zurückhaltend gefilmten Untoten-Attacken christlich-okkulte Motive wie das Buch der Offenbarung und die vier Reiter der Apokalypse, die die Selbstmörder offenbar werden wollten, ins Spiel, appelliert zudem an die seinerzeit verbreitete irrationale Furcht vor dem Jahrtausendwechsel - wenn auch irgendwie nicht abschließend geklärt wird, wie genau vier zombifizierte, durch Kopfschüsse aufzuhaltende Ex-Bullen den Weltuntergang einläuten wollten. Die Dramaturgie gewinnt an Schneid, als Mulder einem gruseligen Zombie-Angriff im Keller des Leichenbeschwörers ausgesetzt ist und um sich schießt. In dieser düsteren Stimmung verharrt man auch, als Frank Black dort hinzustößt und die Angriffe grafischer werden, dabei gelungene Make-up-Arbeiten präsentieren. Von größerer Bedeutung ist dann auch das Happy End, als Silvester gefeiert wird und Mulder und Scully sich endlich küssen. 7/10

"Masse mal Beschleunigung (Rush)"
Staffel 7, Folge 5

Tatort US-Kleinstadt: Sheriff-Sohn Max Harder birgt ein Geheimnis, in das bisher nur seine Freundin eingeweiht ist. Ein Mitschüler muss ihm schwören, Stillschweigen zu bewahren, ahnt jedoch nicht, dass Max einen Deputy umbringen wird. Dabei wurde er jedoch nicht zum Augenzeugen, denn Max beherrscht derart schnelle Bewegungen, dass sie das menschliche Auge nicht wahrnimmt. Als die FBI-Agenten Mulder und Scully in diesem Fall ermitteln, bleibt es nicht bei diesem einen Opfer... "I Was a Teenage Invisible Man" hätte diese Teenage-Mystery-Horror Folge auch gut heißen können, die im Umfeld einer Schule spielt und an jugendliche Allmachtphantasien appelliert. Mulder hat schnell ein paar reichliche abstrus klingende Thesen parat, das eine oder andere blutige Bild der Opfer fordert die Make-up-Abteilung heraus. Die (im wahrsten Sinne des Wortes) flott inszenierte Folge verfügt über Highschool-Horror-Charme und thematisiert u.a. jugendliche Neugier, das Bedürfnis, dazuzugehören und das Treffen falscher Entscheidungen. Interessant ist die Beschreibung der körperlichen Auswirkungen seiner Fähigkeit auf Max, die mit einer abgelegenen Höhle in Verbindung stehen, in der es schließlich zum Showdown kommt. Ein sehenswerter Spezialeffekt ist die stark verlangsamt gefilmte (oder animierte) Patronenkugel, die gleich zwei Menschen auf einmal tötet. Gelungen! 7/10

"Das Glück des Henry Weems (The Goldberg Variation)"
Staffel 7, Folge 6

Henry Weems scheint nicht nur großes, sondern gar unverschämtes Glück zu haben: Er hat nicht nur einen Flugzeugabsturz überlebt, sondern auch den Wurf von einem Wolkenkratzer durch Mafiosi, gegen die er beim Pokern haushoch gewonnen hat. Seither sind die Gorillas des Mafiabosses Catrona hinter ihm her, doch stets geht er als Sieger hervor. Agent Mulder glaubt, dass Weems ein ganz außergewöhnlicher Glückspilz ist, doch Kollegin Scully glaubt nach wie vor an Zufälle. Weems aber braucht dringend Geld, und zwar für die Spezialbehandlung des leberkranken Nachbarsjungen Richie... Diese Folge, die mit einem herrlich naiven Poker-Anfänger Weems in einer Mafiarunde eröffnet, handelt von Glück sowie von scheinbaren Zufällen und aberwitzige Kettenreaktionen, die sich, beginnend mit dem Spielkonstrukt, das Weems gebastelt hat, durch die gesamte Handlung ziehen. Was zunächst schlicht unglaubwürdig konstruiert erscheint, entpuppt sich als gewinnbringendes, originelles Folgenkonzept. Weems ist zurückhaltender, eigentlich einfach gestrickter, unauffälliger Sympathieträger, der jedoch genau über sein Schicksal Bescheid weiß und dem bewusst ist, dass er ohne es zu wollen die natürliche Balance aushebelt, wodurch Menschen in seiner Nähe Gefahr laufen, eine Überdosis Pech abzubekommen. Daher lebt der kauzige Einzelgänger mit dem Glasauge zurückgezogen, kraucht bisweilen gar in der Wand wie Herr Riebmann. Einen Lotteriegewinn verschmäht er, der Finder des Loses landet prompt im Krankenhaus und in actionreichen Szenen müssen die Mafiakiller erfahren, sich beinahe wörtlich selbst ins Bein zu schießen, wenn sie Jagd auf ihn machen. Mulder wird gar angeschossen und versagt zwischenzeitlich als Klempner (was den Humor der Folge in die Höhe treibt), kurioserweise siezt sich das Agenten-Duo trotz des Kusses in der "Millennium"-Folge noch immer. "Das Glück des Henry Weems" versprüht den Charme alter "Twilight Zone"-Folgen und schürt die Hoffnung auf eine ausgleichende Gerechtigkeit. Ungewöhnlich, spannend und - rührend! 8/10

"Tor zur Hölle (Orison)"
Staffel 7, Folge 7

Der wahnsinnige Frauenmörder Donald Pfaster, der seinen Opfern gern Haare und Finger abschneidet, verbüßt seine lebenslange Haftstrafe. Doch der Gefängnispriester Robert Orison setzt die Belegschaft und Mitinsassen unter Massenhypnose, damit Pfaster das Gefängnis verlassen kann. Der Grund: Er möchte ihn selbst richten. Pfaster aber steht im Bund mit dunklen Mächten und so gelingt es ihm, Orison zu töten und in Scullys Wohnung einzudringen, um zu vollenden, was er bei seinem ersten Aufeinandertreffen mit der wehrhaften FBI-Agentin nicht schaffte... Diese Folge gehört zu den wenigen, die an eine eigentlich in sich abgeschlossene ältere Folge anknüpfen, in diesem Falle an "Todestrieb" aus der zweiten Staffel. Sie gehört zum Kanon der stark religiös geprägten Episoden, die Bibelinhalte und christliche Mythologie aufgreifen. So zeigt Scullys Wecker plötzlich 6:66 (die Zahl des Teufels) an und erklingt in verschiedensten Situationen immer wieder derselbe Radiosong, mit dem Scully unschöne Kindheitserinnerungen verbindet. Es geht um Rache, Sühne und letztlich die Verantwortbarkeit der Todesstrafe. In rasanten, aufwühlenden Szenen wehrt sich Scully redlich gegen den Angreifer; in bester Thriller-Manier bereitet er ein Bad vor, während sie sich zu befreien versucht. Den Showdown gibt man in Superzeitlupe wieder und treibt die Dramaturgie damit auf die Spitze. Das Ende wiederum stellt intelligente, beunruhigende Fragen und stimmt nachdenklich. Dem gegenüber stehen leider Versäumnisse wie eine fehlende plausible Erklärung, woher ein Gefängnispriester über derart ausgefeilte Hypnosekräfte verfügt und dass sich Pfaster zwischenzeitlich gar in eine Art Monsterfratze verwandelt, erscheint angesichts des Ernsts, des inhaltlichen Niveaus und der Thematik reichlich platt, gar kontraproduktiv. Auch hierauf wird nicht näher eingegangen. Damit bleibt unterm Strich eine dann doch eher durchwachsene Folge, in der es mir im Übrigen so vorkommt, als wäre Scully noch schlanker als zuvor...? 6/10

"Der Unglaubliche Maleeni (The Amazing Maleeni)"
Staffel 7, Folge 8

"Der unglaubliche Maleeni" tingelt als Zauberkünstler durch die Lande. Bei seinem letzten Auftrit trifft er auf den flegelhaften Billy im Publikum, der über die seines Erachtens altbackene Aufführung schimpft. Um es ihm zu zeigen, vollführt Maleeni einen Trick, bei dem er seinen Kopf einmal um 360 Grad dreht. Kurz darauf fällt ihm, wieder in seinem Kleintransporter sitzen, jedoch der Kopf ab. Die FBI-Agenten Mulder und Scully ermitteln in diesem Fall und treffen auf einen Zwillingsbruder Maleenis, einen Mafioso und viele, viele Zaubertricks... Nichts wirklich Übernatürliches, dafür Zaubertricks satt hat diese schwer unterhaltsame Folge zu bieten, die schließlich in Richtung Heist Movie tendiert. Maleenis großer Trick im Prolog und sein anschließender Kopfverlust sind echte Überraschungen und Hingucker; im weiteren Verlauf der humorvoll gestalteten Folge, in der sich unser Agenten-Duo sowohl von Maleenis wie aus dem Gesicht geschnittenen Bruder (oder ist's der echte Maleeni?) und dem schnoddrigen, frechen Billy, ebenfalls in Magie machend, gleich mehrmals an der Nase herumführen lassen müssen, entspinnt sich ein bis ins Detail schlicht genial geplanter Coup, in dem mir nichts, dir nichts, quasi als Nebeneffekt der eigentlich gefürchtete Ganove Alvarez, bei dem Maleeni Spielschulden hatte, als Bauernopfer verwendet wird. Für die wendungsreiche Handlung erscheint die beschränkte Spielzeit reichlich knapp und so muss man sich schon ein wenig konzentrieren, als sich die Ereignisse überschlagen. Neben einer Verneigung vor ausgetüfteten Krimi-Drehbüchern ist diese Folge eine Ehrerbietung an Zauberkünstler vom alten Schlage und mit ihren intelligenten, sympathischen "Tätern" eine willkommene Abwechslung im "Akte X"-Universum - die zudem unter Beweis stellt, wie gut Scully so ein Zylinder steht. 8/10

"Schlangen (Signs And Wonders)"
Staffel 7, Folge 9

US-Provinz in Tennessee: Ein Mann wird von zahlreichen Schlangenbissen getötet. Diese halten jedoch eigentlich gerade Winterschlaf, zudem wurde am Tatort keine einzige gefunden. Die FBI-Agenten Mulder und Scully untersuchen den Fall und werden mit zwei Priestern konfrontiert: dem besonnenen Samuel Mackey, der der üblichen örtlichen Kirche angehört, und dem radikalen Sektenführer Enoch O’Connor, der mit allerlei Schlangen hantiert und seinen Gläubigen prophezeit, sie würden die Sünder beißen, die Rechtschaffenden jedoch verschonen... Eine weitere religiös geprägte Folge also, die sehr schön die unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten derselben Bibelverse gegenüberstellt und sich zunächst auf das wahnwitzige Treiben O'Connors konzentriert. Jedoch ist nicht alles, wie es scheint und so bestätigt sich der Inzest-Verdacht gegen ihn - er soll die Witwe des Getöteten, seine eigene Tochter, geschwängert haben - nicht. Er nimmt an ihr einen Exorzismus vor, in dessen Folge Schlangen ihren Körper verlassen! Als im wahrsten Sinne des Wortes falsche Schlange entpuppt sich letztlich ganz jemand anderer, spätestens in der gelungenen Schlusspointe. Das Drehbuch lässt überraschend an keinem der beiden Priesterentwürfe ein wirklich gutes Haar, äußert sich demnach allgemein kritisch zum Thema Religion, was auch Bestandteil einiger Aussagen Mulders ist. Metapherreich und mit viel Geschlängel, einige leider deutlich computergetrickst, garniert mit unappetitlichen Bildern von Schlangenbissopfern und eiternden Wunden, erzählt diese Folge ihre kleine Geschichte, lässt dabei jedoch viele Fragen offen - vielleicht ein paar zuviele, denn ich habe das Gefühl, dass doch noch etwas mehr drin gewesen wäre. Die kritische Ausrichtung im vom Wahnsinn geprägten Ambiente weiß aber zu gefallen. 7/10

"Alte Seelen (Sein Und Zeit)" + "Sternenlicht (Closure)"
Staffel 7, Folgen 10 + 11

Die kleine Tochter Amber-Lynn einer normalen Kleinstadt-Familie verschwindet plötzlich, kurz nachdem der Vater die Vision hatte, seine Tochter tot in den Händen zu halten und die Mutter wie in Trance selbst den Bekennerbrief des Entführers schrieb. Agent Mulder entdeckt Parallelen zwischen dem aktuellen Fall und der Entführung seiner Schwester. Kurz darauf begeht seine Mutter Selbstmord. Der Hellseher Harold Piller mischt sich ein und bietet seine Hilfe an, denn er kenne mehrere solcher Fälle. Zusammen suchen sie ein Gräberfeld auf... Zurück zur Rahmenahndlung begibt man sich mit dieser Doppelfolge, zumindest insofern, als es wieder einmal um Mulders Schwester geht. Was sehr unheimlich beginnt und nach einer spannenden X-Akte klingt, weil es die Urangst, sein Kind zu verlieren, bedient, vor schrecklichen Bildern toter Kinder nicht zurückschreckt und die Eltern der verschwundenen Amber-Lynn unter Verdacht geraten, gerät spätestens im zweiten Teil zu einer kitschigen Gespenster-Seifenoper inkl. Hellseher-Mumpitz und Moby-Musik. Dabei will nichts so recht zusammenpassen: Der Tod Mulders Mutter wird kaum näher untersucht, spielt generell eine seltsam untergeordnete Rolle, und darüber, was bekannterweise mit Mulders Schwester passiert ist, wird kein Wort verloren. Letztlich will man dem Zuschauer nicht nur glauben machen, dass manche Kinder, die kurz vor einem gewaltsamen Tod stehen, von irgendwelchen "Sternenwesen" geholt und dadurch vor ihrem Schicksal bewahrt werden, sondern auch, dass Mulders Schwester tot und nun ebenfalls bei ihnen sei. Damit nicht genug, die Spur führt nämlich zunächst zu einem sich selbst als "Santa Claus" bezeichnenden wahnsinnnigen Kindermörder, der etliche auf dem Gewissen hat, jedoch bislang seltsamerweise nie ins Visier der Behörden geriet. Auch all die Fälle verschwundener Kinder scheinen bis zum Verschwinden Amber-Lynns nie auch nur eine X-Akte wert gewesen zu sein. Mulder begnügt sich nun mit der auch von CGB Spender unterstützten Vorstellung, Schwester Samantha sei tot und muss seinerseits dem Hellseher, der seinen Sohn sucht, dabei helfen, den Tod seines Kinds zu akzeptieren. Die zweite Folge begann eigentlich recht stimmig, als sich Mulder im Prolog aus dem Off sprechend die Unsterblichkeit aller Seelen erhoffte. Nicht uninteressant sind auch Ausschnitte aus einer Videoaufzeichnung, die ihn 1989 unter Hypnose im Rahmen einer Therapie zeigen. Daraus macht man jedoch genausowenig wie aus dem gruseligen "Santa Claus", der ein paar kurze Szenen in Thriller-Manier bekommt. Das Ende ist dann der Höhepunkts des Kitsches und irgendwie ist das alles in allem mehr schlecht als recht zur Serie passender, ganz großer rührseliger Käse. 4/10

"Vollmond (X-cops)"
Staffel 7, Folge 12

Der Vollmond steht über Los Angeles, was in der Regel zu diversen Verrücktheiten führt, wie Deputy Wetzel zu berichten weiß, der von einem Kamerateam des Reality-TV-Formats "Cops" begleitet wird. Als er dem angsterfüllten Hinweis einer Frau nachgeht, ein Monster sei hinter ihr her, wird er selbst von etwas Unheimlichem angegriffen und ergreift die Flucht. Das hinzugezogene FBI in Person der Agents Mulder und Scully ist sich uneinig: Während Mulder an die Existenz eines Werwolfs glaubt, ist Scully wie üblich voller Zweifel. Die nach den Angaben der Frau, die die Polizei gerufen hatte, angefertigte Phantomzeichnung zeigt jedoch keinen Wolfsmenschen, sondern Horrorfilm-Ikone Freddy Krueger. Die weiteren Todesopfer, die Polizei, FBI und das Kamerateam von einem Tatort zum nächsten hetzen lassen, lassen wiederum ganz andere Rückschlüsse zu... Auf äußerst erfrischende Weise fällt diese Folge aus dem Rahmen, die erstmals den Reality-TV-Stil mit Wackelkamera und allem, was dazugehört, aufgreift und sich unser Ermittler-Duo in einer Folge der US-Doku-Reihe "Cops" wiederfinden lässt. Während Mulder überhaupt kein Problem mit der Kamera hat, steht Scully ihr zunächst ablehnend gegenüber und versucht, ihr auszuweichen, verweigert dem Team auch die Mitfahrt in ihrem Auto. Derlei Szenen sind es, die den Zuschauer bewusst immer wieder an die Existenz des Kamerateams erinnern, das dafür sorgt, dass die Folge viele Charakteristika des nur ein Jahr zuvor mit "Blair Witch Project" kommerziell erfolgreich durch die Decke geschossenen Found-Footage-Genres aufweist. Dazu gehört auch, dass man die jeweiligen Bedrohungen gar nicht zu Gesicht bekommt. Trotzdem funktioniert die Folge bestens und entwickelt sich spannend, denn Mulders erste These erweist sich als falsch: Es handelt sich mitnichten um einen Werwolf, sondern um irgendetwas, das die Gestalt der jeweils größten Angst in den entsprechenden Situationen der Opfer annimmt - wie sich im Handlungsverlauf nach und nach herauskristallisiert. Humor wird auch immer mal wieder eingestreut, manchmal, wie im Falle des schwulen Pärchens, auch etwas zuviel des Guten. Eine kurzweilige "Akte X"-Folge, in der die Form wichtiger ist und mehr zum Gelingen beiträgt als der eigentliche Inhalt, der irgendwo zwischen mysteriöser unsichtbarer Bedrohung und selbsterfüllender Prophezeiung anzusiedeln ist und die die Charaktere einmal aus einer ungewohnten Perspektive zeigt. 8/10

"Game Over (First Person Shooter)"
Staffel 7, Folge 13

Das Videospielunternehmen "First Person Shooter" hat ein Shoot 'em Up entwickelt, das es Spielern erlaubt, komplett in eine virtuelle Realität einzutauchen und sich frei in ihr zu bewegen. Während eines Probespiels wird jedoch einer der Spieler ganz real getötet - von einer mysteriösen weiblichen Spielgestalt, die sich Maitreya nennt und von der niemand weiß, wie sie in das Spiel gelangte. Als die FBI-Agenten den Fall übernehmen, treffen sie auf Mulders Nerd-Freunde, die das Unternehmen beraten. Die Polizei kann eine Stripperin festnehmen, auf die die Beschreibung passt, doch kann sie unmöglich die Täterin sein. Scullys Verdacht: Sie diente als reale Vorlage für den Computerspiel-Charakter der skrupellosen Kriegerin... Diese komödiantisch ausgelegte Folge greift einerseits die im Entstehungszeitraum immer breitere Kreise ziehende Begeisterung für immer realistischere dreidimensionale "Ballerspiele" auf und bedient andererseits diffuse Ängste vor sich verselbständigender Technologie. Sie beginnt interessant - steckt hinter dem Todesfall ein ausgeklügeltes Mordkomplott? Mulder und Scully übernehmen die Rollen des Videospielfreunds und der Ballerspiel-Skeptikerin, diskutieren auf (gemessen an den Möglichkeiten einer Serienfolge dieses Formats) fundierte und intelligente Weise Für und Wider derartiger Freizeitbeschäftigungen. Mulders Kind im Manne kommt auf sympathische Weise zum Vorschein, Scullys Kopfschütteln ist nicht minder komisch. Fast ein Tribut an "Basic Instinct" ist die Verhörszene der Sexbombe, deren Körper Patin stand für die Figur der Kriegerin und die sich einen spitzzüngigen Dialog mit Scully liefert. Ab dem Moment, in dem Mulder à la "Tron" selbst ins Spiel einsteigt, sprich: aus der Realtität verschwindet, ging es allerdings mit der Phantasie des Drehbuchautors durch und mit der Geschwindigkeit eines Hochleistungsrechenzentrum in Richtung Trash. Naivste Vorstellungen hinsichtlich der Macht von Computerprogrammen treten in den Vordergrund, die jedem, der mehr über Computer weiß, als wo sich der Einschaltknopf befindet, die Fremdschamesröte ins Gesicht treiben. Die Ballerorgie in der virtuellen Realität, in der Scully Mulder auch noch zur Seite stehen muss, sieht dann ironischerweise so aus wie "Asylum"-Filme heutzutage und die schlussendliche Erklärung, dass die weibliche Entwicklerin Phoboe Maitreya für ein eigenes Projekt schuf, diese aber eigenwilligerweise selbständig in das Spiel geschlüpft ist, gehört zum größten Humbug, den die Serie je verzapft hat. 4/10

"Zauberstab (Theef)"
Staffel 7, Folge 14

Marin County, Kalifornien: Der Arzt Dr. Robert Wieder ist glücklich. Er hat eine liebende Frau und wohlerzogene Tochter, ein schönes Haus und ist beruflich erfolgreich - gerade erst wurde er zum "Arzt des Jahres" seiner Region gewählt. Doch just auf dem Höhepunkt seines Glücks legt es jemand mithilfe schwarzer Magie und Voodoos darauf an, seine Familie zu zerstören. Erstes Opfer wird sein Schwiegervater, den Dr. Wieder in seinem eigenen Haus erhängt und mit durchtrennter Kehle vorfindet - und mit dessen Blut in großen Lettern "Theef" an die Wand geschmiert wurde. Lange wehrt er sich gegen Mulders Thesen von übernatürlichen Kräften, muss am Ende aber doch einsehen, dass der FBI-Mann Recht hat - schließlich steht er dem veranwortlichen Mann gegenüber: Der Vater eines Mädchens, das er nach einem schweren Verkehrsunfall nicht hatte retten können... Konsequent unlustig und ernst ist diese düstere Folge um den Schmerz eines einsamen Mannes, der einen Schuldigen für den sinnlosen Tod seiner Tochter sucht und einem anderen nimmt, was er nicht mehr haben kann. Von unheimlicher Erscheinung und Statur ist der rechtschreibschwache Mörder Oral Peattie, ein der Zeit hinterherhinkender Hinterwäldler, der jedoch in uralten okkulten Ritualen bewandert ist. Gruselig ist, wie er im Haus Dr. Wieders heimlich umherschleicht, um persönliche Gegenstände für das Voodoo-Ritual zu entwenden. Die Morde sind dann sowohl inhaltlich als auch in ihrer visuellen Umsetzung verdammt grausam (Dr. Wieders Frau wird erst mit einer fiesen Seuche versehen und anschließend bei lebendigem Leib im Computertomographen gegrillt) und der Kampf Schulmedizin und Wisenschaftlichkeit vs. Voodoo scheint lange Zeit zugunsten Peatties auszugehen. Je mehr Informationen der Zuschauer über ihn erhält, desto morbider wird die Folge, denn im Stile großer Serienmörder-Psychos hat er die Gebeinde seiner Tochter in seinem bescheidenen Hause gebettet. Als es zum sehr spannend und packend inszenierten Showdown kommt, verliert Scully gar ihr Augenlicht und muss blind um gleich mehrere Menschenleben kämpfen. Leider haben sich auch in diese Folge Schwächen eingeschlichen, so z.B. der Besuch der FBI-Agenten bei einer Okkult-Esoterikern (oder so), die bereitwillig in Rekordzeit sämtliche Erklärungen herunterrattert. Auch taugt Peatties Motiv nur bedingt als Erklärung für seine Mordlust, immerhin ermordet er auch vollkommen Unbeteiligte und möchte ein einzelnes Menschenleben mit einer Vielzahl aufwiegen, was selbst zu einer alttestamentarischen "Auge um Auge"-Rachsucht nicht ganz passen will. Dennoch bleibt eine ganz starke 7/10!

"Cobra (En Ami)"
Staffel 7, Folge 15

Einem krebskranken Jungen verweigern die Eltern aus religiösen Gründen die medizinische Behandlung. Doch plötzlich wird er wie durch ein Wunder geheilt - "von Engeln", wie er sagt. Mulder und Scully untersuchen den Fall und Scully stellt fest, dass er Junge mittels eines Nackenimplantats, wie auch sie eines in sich trägt, geheilt wurde. Sie trifft auf CGB Spender, der sich ihr gegenüber reuig zeigt und eine Wandlung zum edlen Samariter vollzogen haben will - aufgrund seines angeblich bevorstehenden Todes. Wenn sie sich mit ihm auf eine geheime Reise begäbe, würde er sie in die außerirdischen Geheimnisse eines Allheilmittels einweihen... Diese Folge, die sich auf die alte Rahmenhandlung bezieht, aber auch bis auf ihren Fragen aufwerfenden, mysteriösen Schluss in sich abgeschlossen ist, zeigt Raucher CGB Spender einmal scheinbar von einer anderen Seite. In schöner Polit-Thriller-Manier wird gezeigt, wie er anscheinend einmal mehr sämtliche moralischen Grenzen sprengt und sich mittels perfekt arrangierter, tiefgründiger Dialoge Scullys Vertrauen erschleicht - um sie letztlich als Lockvogel zu benutzen. Ihre Spannung bezieht die Folge daraus, dass auch der Zuschauer nicht weiß, inwieweit er Spender diesmal trauen könne oder solle. In einer besonders aufreibenden Szene fliegen den Beteiligten dann auch die Bleikugeln um die Ohren. Eine sehr gelungene Folge, die auch die Frage stellt, inwieweit man Ver- bzw. Misstrauen gegen große Chancen abwägen kann. 8/10

"Zerbrochene Spiegel (Chimera)"
Staffel 7, Folge 16

In einer US-amerikanischen Kleinstadtidylle verschwindet Martha Crittendon plötzlich spurlos. Agent Mulder wird von einer Observation, die er zusammen mit Agent Scully durchführt, zu diesem Fall abberufen. Er wird vom örtlichen Sheriff und dessen Ehefrau sehr freundlich empfangen und aufgenommen. Nachdem man Marthas Leiche entdeckt hat, fällt der Verdacht zunächst auf die unliebsame, vorbestrafte Nachbarin. Hat sie etwas mit den als Unglücksboten autauchenden Raben und den zerbrochenen Spiegeln zu tun? Es kommt zu weiteren Todesfällen und Mulder entdeckt unter der idyllischen Fassade Misstrauen und Betrug... Zu zwei Zwecken wurde in dieser Folge die Obversation im Rotlichtviertel installiert: Zum einen, um lustige Telefonate zwischen Scully und Mulder unterzubringen, denn Scully hadert mit ihrem Schicksal, die sterbenslangweilige Observation beim "Abschaum der Gesellschaft" nun auch noch allein durchführen zu müssen, während sich Mulder fürstlich von der Frau des Sheriffs versorgen lässt; zum anderen, um Vergleiche zwischen dem zunächst irritierend oft als extrem asozial beschriebenen Milieu und der vermeintlichen heilen Welt im Ort von Mulders Ermittlungen ziehen zu können - letztlich stellt sich nämlich heraus, dass sich im Prinzip beide nicht viel nehmen, vieles lediglich Fassade ist, unter deren Oberfläche es kräftig brodelt. Die bemitleidenswerten Raben müssen einmal mehr ihren schlechten Ruf bedienen und treten in Zusammenhang mit der nicht minder mystischen Symbolik zerberstender Spiegel auf: Sobald ein Spiegel zerbricht, taucht unmittelbar eine düstere, unwirkliche Gestalt auf, die mittels nahezu übermenschlicher Kräfte ihre Opfer brutal tötet. Vollständig zu Gesicht bekommt man sie quasi nie, was den Gruselfaktor nur erhöht. Die Auflösung, die den lange Zeit ungewohnt kompetent wirkenden Sheriff als Auslöser ausmacht und als Erklärung für das Monstrum eine multiple Persönlichkeit anbietet, ist jedoch eher unbefriedigend, da sehr an den Haaren herbeigezogen. Dennoch eine unterhaltsame und recht spannende Folge über letztlich menschliche Abgründe. 6/10

"Augenblicke (All Things)"
Staffel 7, Folge 17

Während Agent Mulder nach England fliegt, um dort Forschung in Sachen Kornkreise zu betreiben, ist Agent Scully mit ihren Gedanken ganz woanders und hadert mit ihrem Leben, das sie als irgendwie unerfüllt betrachtet. Als sie die Nachricht ereilt, dass ihr ehemaliger Geliebter und Universitätsprofessor Dr. Daniel Waterston schwerkrank im Krankenhaus liegt und nach ihr gefragt hat, eilt sie zum ihm. Als es schlecht um ihn steht, bemüht sich die sonst so auf wissenschaftliche Logik versessene Scully um alternative Heilmethoden... Für diese Folge übernahm Scully-Darstellerin Gillian Anderson höchstpersönlich die Regie und verfasste auch das Drehbuch. "Augenblicke" ist ganz auf die Rolle der Scully zugeschnitten, über deren Vergangenheit, genauer: ihr ehemaliges Liebesleben der Zuschauer hier erstmals detailliert etwas erfährt. Es geht um eine Frau in einer Sinnkrise, an einem Scheidepunkt ihres Lebens. Sie stellt ihr aktuelles Dasein infrage und scheint nach etwas zu suchen, was einmal nichts mit ihrem hektischen Alltag, dem ewigen auf dem Sprung sein, zu tun hat. Ihr Bedarf an Entschleunigung spiegelt sich in Sequenzen wider, die sie wie in Zeitlupe wahrnimmt. Die Konfrontation mit ihrem ehemaligen Liebhaber und dessen erwachsener Tochter führt sie zu esoterischem Spirituismus, ein Besuch in einem buddhistischen Tempel hat Signalwirkung auf sie. Sie bemerkt, dass sie trotz ihrer Gläubigkeit ihre spirituelle und gefühlvolle Seite bisher viel zu sehr vernachlässigt hat und beginnt, sich als ganzheitliches Wesen mit Herz und Seele zu begreifen. Sie wird an alternative Heilmethoden herangeführt, die letztlich Dr. Waterston zu gesunden helfen. Außerdem scheint sie eine noch unausgesprochene Entscheidung zu treffen, zugunsten eines Gefühlslebens, aber nicht mit Dr. Waterston, sondern mit Mulder. Die sehr sensibel inszenierte Folge vermittelt im laufzeitbedingten Zeitraffer durchaus glaubwürdig die Entwicklung einer Frau, die, nachdem sie jahrelang in ihrer beruflichen Karriere aufging und quasi nur für sie gelebt hat, sich nach mehr sehnt und bereit ist, sich zu öffnen. Dabei wähnt man sich bisweilen mehr in einer Krankenhausserie denn in "Akte X" und die esoterischen Versatzstücke werden etwas einseitig und unkritisch positiv dargestellt, doch letztlich wird eine Lanze gebrochen für über reine Wissenschaftlichkeit und Schulmedizin hinausgehende Ansätze fürs Seelen- und Körperheil in Kombination mit tiefen Einblicken in die Gefühlswelt der Protagonistin, stellvertretend für alle, die die spirituelle Seite der menschlichen Existenz bis jetzt weitestgehend ignoriert haben. Zudem werden die möglichen Auswirkungen nicht gänzlicher abgeschlossener zwischenmenschlicher Beziehungen betrachtet undie Chancen, die sich bieten, wenn man sich ihnen stellt. Schwierig zu bewerten, gerade innerhalb des Serienkanons. Ich ziehe vorsichtige 7/10 und oute mich als Frauenversteher.

"Nikotin (Brand X)"
Staffel 7, Folge 18

Dr. Scobie kann nicht mehr gegen den Tabakkonzern aussagen, da er kurz zuvor auf mysteriöse Weise ums Leben kommt. Bei einem zweiten Opfer finden die FBI-Agenten Mulder und Scully viele Käfer vor. Stehen sie in Verbindung mit den Todesfällen und wenn ja, in welcher? Bei "Morley Tobacco" hüllt man sich in Schweigen... Aha, Michael Manns "The Insider" im "Akte-X"-Format - dachte ich zunächst, doch hatte ich mich erfolgreich auf eine falsche Fährte locken lassen. Vielmehr geht es hier um die unabsehbaren Folgen der Gen-Manipulation, denn der (Achtung, Spoiler!) Versuch, einen weniger schädlichen Tabak herzustellen, mündete darin, dass die Tabakkäfer, die sich von den Pflanzen ernähren, zu extrem widerständigen Krabblern mutierten, deren winzige Eier die Tabakverarbeitung und sogar seinen Konsum überleben und sich im Körper der Konsumenten festsetzen, aus dem schließlich massenweise geschlüpfte Käfer krabbeln - und dabei den Körper so sehr schädigen, dass er qualvoll stirbt. Dieses Schicksal mussten die Testraucher der neuen Sorte erleiden, bis auf einen: Der unter ärmlichen Bedingungen lebende starke Raucher Mr. Weaver (grandios gespielt von Tobin "Jigsaw" Bell) hat überlebt und erpresst den Konzern. Weaver führt sozusagen durch die Folge und sorgt mit seiner Kettenraucherei dafür, dass auch andere durchs passive Einatmen des kontaminierten Rauchs die Käferlarven inhalieren - so auch Mulder. Die Folge präsentiert einige sehr unappetitliche Bilder der Käferopfer und von Larven durchsetzter Lungen und auch Mulder gerät in akute Lebensgefahr. Die Folge mit gesteigertem Ekelfaktor ist spannend inszeniert und ihr Hintergrund wirkt gar nicht einmal so irreal. Interessant ist, dass der Tabakkonzern einmal nicht als das absolut Böse dargestellt wird. Die Erklärung für Weavers Überleben kommt mit einem kräfigen Augenzwinkern, ebenso der Epilog um Agent Mulder. Insgesamt eine starke Folge, die lediglich hier und da etwas mit an ihrer eigenen Logik krankt: Weshalb traut sich z.B. nach Mulders Erkrankung überhaupt noch jemand ohne Schutzmaske in Weavers Wohnung? 8/10

"Hollywood (Hollywood A.d.)"
Staffel 7, Folge 19

In Washington hat es einen Bombenanschlag auf die Krypta der St. Christ's Church gegeben, Mulder und Scully untersuchen den Fall. Im Schlepptau: Hollywood-Drehbuchautor und Freund Walter Skinners Wayne Federman, der einen Spielfilm daraus machen möchte. Die Spur führt zu Micah Hoffman, einem gegenkulturellen Aktivisten aus den 1960er-Jahren. Als seine Leiche gefunden wird, obduziert Scully diese, doch plötzlich scheint Hoffman wieder quicklebendig zu sein. Er fälschte offenbar uralte religiöse Reliquien und zog damit den Zorn des Pfarrers der Kirche auf sich, die Lazarusschale mit von Jesus höchstpersönlich eingesprochenen und in den Ton geritzten Wiederbelebungsformeln scheint hingegen echt zu sein... Eine der experimentellsten "Akte X"-Folgen dürfte "Hollywood" sein, die zunächst auf komödiantische Weise zeitgleich Hollywood-Autoren aufs Korn nimmt und sich mit der christlichen Mythologie um Wiederauferstehungen beschäftigt, bevor der eigentliche Fall urplötzlich quasi keine Rolle mehr spielt und es das Ermittler-Duo zur Premiere des fertigen Spielfilms verschlägt. Dieser wurde ausschnittweise bereits im Prolog gezeigt und entpuppt sich als unfassbares Fantasy-Trash-Spektaktel, das "Akte X" kräftig durch den Kakao zieht. Über Mulder erfährt man Interessantes, nämlich dass er nicht nur Fan des Ed-Wood-Streifens "Plan 9 From Outer Space" ist, sondern ihn sogar mitsprechen kann! Als Ehrerbietung an die skurrilen, aber leidenschaftlichen Werke Ed Woods und Artverwandtes ist dann auch diese sympathische, woodesk wirre und irrsinnige Folge zu verstehen, die am Ende im wahrsten Sinne des Wortes die Toten tanzen lässt. 8/10

"27.000.000 : 1 (Fight Club)"
Staffel 7, Folge 20

Lulu Pfeiffer und Betty Tempelton gleichen sich wie ein Ei dem anderen, kennen sich aber nicht. Ständig kreuzen sich ihre Wege, so dass sie sich trotz vieler Umzüge gegenseitig voneinander verfolgt wähnen. Jüngster Wohnort beider ist Kansas City und wann immer sie aufeinandertreffen, lösen sie Aggressionen bei ihren Mitmenschen aus, die plötzlich beginnen, aufeinander einzuprügeln. Die FBI-Agenten Mulder und Scully gehen der Sache nach und lernen den Wrestler Bert kennen, der eine Affäre mit beiden Frauen unterhält... Eine weitere komödiantische Folge haben wir hier, die sich mit der weniger populären Mythologie um Doppelgänger auseinandersetzt, letztlich aber zumindest für ihr Auftauchen ganz weltliche Erklärungen liefert. Der deutsche Titel der Folge beschreibt die Wahrscheinlichkeit, seinem Doppelgänger zu begegnen. Die Phänomene der Aggression sind wiederum arg konstruiert, jedoch Anlass für manch lustige Szene, beispielsweise wenn zwei Missionare aufeinander losgehen. Weniger Haudrauf- als vielmehr gelungenen subtileren Humor bekommt man geboten, wenn man zwei Mulder und Scully sehr ähnlich sehenden FBI-Agenten begegnet, an denen unserem Ermittler-Duo jedoch scheinbar nichts auffällt. Nette Unterhaltung, mehr aber auch nicht. 6/10

"Drei Wünsche (Je Souhaite)"
Staffel 7, Folge 21

Der Hilfsarbeiter einer Lagerverwaltung Anson Stokes trifft auf einen weiblichen Dschinn, geht jedoch wenig sorgfältig mit seinen Wünschen um: Als er sich wünscht, sein Chef Gilmore würde endlich den Mund halten, verliert dieser seinen Mund und muss sich chirgurgisch einen neuen machen lassen. Gilmore wendet sich an die FBI-Agenten Mulder und Scully, die sich daraufhin auf die Suche nach Anson begeben. Dieser lebt mit seinem debilen Bruder zusammen, hat einen Luxuskreuzer vor der Tür stehen (zweiter Wunsch), ist alsbald unsichtbar (dritter Wunsch) und schließlich tot (überfahren) und untot (Wunsch seines Bruders). Scully ist begeistert von der unsichtbaren Leiche, glaubt jedoch nicht recht an einen Dschinn. Mulder hingegen setzt sich mit der "Wunschdame" auseinander und versucht, seine Wünsche so genau wie möglich zu formulieren... Die vorletzte Folge der siebten Staffel erweckt den Eindruck, als handele es sich um die bisher komödiantischste Staffel der Serie, denn auch diese Folge zählt zu den humoristischen, genauer: zu den schwarzhumorigen. Mit dem Dschinn, hier in Gestalt einer wenig orientalisch anmutenden Dame, bedient sie sich eines beliebten Motivs der Phantastik. Egoistische Wünsche werden grundsätzlich vom Dschinn missverstanden und führen zu Unglück, was eine Kritik an den Mitmenschen beinhaltet. Im Falle der Stokes-Brüder dürfte jedoch vor allem mangelnde Intelligenz die Ursache sein, denn ihre Dummheit ist himmelschreiend - und urkomisch. Doch auch mit altruistischen Wünschen tut sich die "bezaubernde Dschinni" schwer, wie Agent Mulder erfahren muss, was der Folge jedoch eine philosophische Dimension verleiht. Übertrieben und unpassend ist das Einfügen der Dschinn in historische Filmaufnahmen Mussolinis und Nixons, denn a) wäre das sicherlich schon vorher aufgefallen und b) ist deren Totalversagen keinesfalls auf übernatürliche Kräfte zurückzuführen. Auffallend ist zudem die Fußfaulheit manch Charakters: Der dicke Gilmore fährt mit einem E-Mobil durch die Gegend und Ansons querschnittsgelähmter Bruder kommt gar nicht erst auf die Idee, sich seine volle Körpermotorik zurückzuwünschen... 7/10

"Alles beginnt in Oregon (Requiem)"
Staffel 7, Folge 22

In Bellefleur, Oregon ist ein außerirdisches Raumschiff abgestürzt. Die Außerirdischen haben bereits damit begonnen, in die menschlichen Hüllen der Bewohner zu schlüpfen. Billy, vor sieben Jahren ein Entführungsopfer der fremden Wesen, nimmt Kontakt zu den FBI-Agenten Mulder und Scully auf, während der mittlerweile anscheinend totkranke CGB Spender seine Chance wittert, die alte Verschwörung wieder aufleben zu lassen. Er involviert Krycek, der sich jedoch gegen ihn wendet... Das Staffelfinale greift also thematisch die alte Rahmenhandlung wieder auf und involviert neben den genannten auch die Charaktere Marita Covarrubias sowie Mulders Nerd-Freunde, die längst in schöner Regelmäßigkeit dem FBI unterstützend zur Seite stehen. Das ist einerseits aufgewärmter Kaffee, andererseits aber eine Besinnung auf die alten Stärken, düster-atmosphärisch und spannend umgesetzt sowie mit neben dem obligatorischen Cliffhanger und neu aufgeworfenen Fragen echten Überraschungen aufwartend: Mulder wird von den Außerirdischen entführt und Scully ist schwanger! Abzuwarten bleibt, inwieweit hier ein erfolgreiches Comeback der ursprünglichen Mythologie eingeläutet wird und ob und wenn ja, wie man damit an die zwischenzeitlich bereits verworfen geglaubte neue Rahmenhandlung um die apokalpytischen Vorzeichen anzuknüpfen bedenkt. 8/10

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