1996 gelang es einer kleinen, kostengünstig umgesetzten Produktion namens „Scream“, eigenhändig das über viele Jahre totgesagte Subgenre des „Slasher“-Films wieder zu beleben. Zurückzuführen war dieser Erfolg auf die ironisch-unverbrauchte Herangehensweise von Drehbuchautor Kevin Williamson, welche die Konventionen des Genres spielerisch aufgriff und variierte, sowie die gekonnte Inszenierung von Horror-Altmeister Wes Craven (“Nightmare on Elm Street“/“Shocker“). Der Film traf den Zeitgeist perfekt und löste eine ganze Reihe ähnlicher Projekte aus, unter denen sich auch zwei Fortsetzungen von Craven selbst befanden, zu dessen erster Williamson wiederum das Drehbuch beisteuerte.
Im Jahre 2003 vereinten beide erneut ihre Talente: Dieses Mal für den Werwolf-Streifen „Cursed“ – im Prinzip eine Übertragung des Ansatzes ihrer früheren Zusammenarbeit auf jenes neue Umfeld. Aber wieso eigentlich 2003 – der Film erschien doch 2005? Stimmt, doch die letztendliche Version entspricht kaum noch der ursprünglich geplanten und gar bereits in Teilen umgesetzten Fassung (dem dritten „Exorcist“-Sequel ereilte ja ein ähnliches Schicksal – aber mehr dazu später). Wahrlich keine guten Voraussetzungen, was unweigerlich negative Presse anlässlich des Kinostarts zur Folge hatte und sich natürlich auch aufs Einspielergebnis auswirkte, welches deutlich hinter den Erwartungen zurück blieb…
Ellie (Christina Ricci) und ihr jüngerer Bruder Jimmy (Jesse Eisenberg) haben es gerade mal so geschafft, den Tod ihrer Eltern zu verarbeiten – sie ist erfolgreich im Job, er ein strebhafter, dadurch aber nicht sehr populärer Schüler. Eines Nachts fahren sie auf dem Heimweg auf L.A.´s Mulholland Dr. ein hundähnliches Tier an, worauf ihr Fahrzeug außer Kontrolle gerät und einen entgegen kommenden Wagen rammt, welcher die Böschung hinabstürzt und sich überschlägt. Bei den Bemühungen, die Fahrerin (Shannon Elizabeth) zu retten, wird diese aber plötzlich von einer haarigen Kreatur angegriffen und auf grausame Weise getötet. Bis auf einige Kratzer können die Geschwister dem Biest unverletzt entkommen, und die Behörden ordnen die Tat einem Bären oder Berglöwen zu. Als Jimmy jedoch am nächsten Morgen nackt im Gebüsch vor seinem Fenster erwacht, ahnt er böses und beschäftigt sich genauer mit Werwölfen. Gleichzeitig schärfen sich seine und Ellies Sinne, und ihre Ausstrahlung verändert sich auf anziehende und positive Weise. Mit der Zeit bestätigt sicht tatsächlich ihre Befürchtung, dass sie sich allmählich in ein solches Wesen verwandeln. In der Zwischenzeit hat es aber noch eine ganze Reihe anderer Tötungen dieser Art in L.A gegeben – allesamt in ihrem direkten Umfeld, was bedeuten könnte, dass es sich bei einem ihrer Freunde um das Ursprungswesen handeln könnte…
Die vorliegende („unrated“) Version von „Cursed“ zu bewerten, gestaltet sich schwierig, denn während etliche Elemente des Films überzeugen können, verfehlen andere leider ihr Ziel oder bleiben in einem unausgegorenen Zustand stecken. Das moderne Setting in Los Angeles hat mir beispielsweise sehr gut gefallen, zumal Craven wiederum die Gelegenheit nutzt, die Medien (Ellie arbeitet beispielsweise bei der „Tonight Show mit Craig Kilborn“, welche jedoch (ironischerweise) vorm endgültigen Starttermin dieses Werks abgesetzt wurde) sowie die Genre-Vergangenheit (schöne Referenzen in einem Club, in welchem Wachsfiguren wie von dem Wolfsmenschen ausgestellt werden) augenzwinkernd einzubinden. Einige Dialoge versprühen die gewünschte Spitzfindigkeit und Ironie, es gibt etliche schöne Details (wie die „Rotkäppchen“- Kuckucksuhr) sowie stimmige Kulissen (vor allem das Spiegel-Labyrinth kommt da in den Sinn). Die Werwolf-Angriffe sind, wenn man das Biest nur schemenhaft oder flüchtig zu sehen bekommt, sehr effektiv (Myas Flucht in der Tiefgarage oder Tod im Fahrstuhl) und hart (Shannon Elizabeths davon kriechender, halb durchgerissener Körper am Anfang).
Die „Viecher-Gags“ (wie ich sie mal nenne) sind natürlich Geschmackssache (ein verwandelter (Haustier-) Hund oder ein Biest, das auf eine Beleidigung mit dem ausgestreckten Mittelfinger reagiert) – mich haben sie nicht unbedingt gestört, doch in ihrem Zusammenhang treten die gravierendsten Probleme zutage: Die CGI-Arbeit. Der verfluchte Hund kann nicht ganz überzeugen (wirkt aber besser als etwa die Hyänen in „Exorcist 4“), doch der vollkommen transformierte (animierte) Werwolf sieht recht schwach aus (jedoch weder ganz so mies wie „an American Werewolf in Paris“ noch so künstlich wie in „Van Helsing“). Manche Szenen beinhalten hingegen eine Kombination aus „klassischen“ (zB Kostüm) und CGI- (Biest-) F/X, in denen sich das Ergebnis durchaus sehen lassen kann – trotzdem ziehen die am PC generierten Effekte den Film merklich runter. Als weitere Negativpunkte lassen sich vor allem noch etliche Klischees nennen – Charaktere, die einander für kurze (bekannte) Schockmomente gegenseitig in die Arme laufen, der unausgegorene „Whodunit“-Verlauf, der erklärende Monolog des wahren Killers gegen Ende…
Wenigstens können die Darsteller überzeugen: Christina Ricci (“Monster“/“Sleepy Hollow“), Prinzessin des US-Independent-Cinemas, ist zwar etwas zu gut für das Material, macht aber das Beste daraus – sie verleiht Ellie Persönlichkeit und vermittelt ihre Wandlung von Geschäftsfrau zu Vamp in kürzester Zeit glaubwürdig. Jesse Eisenberg („the Village“) hält die Klischee-Rolle des Strebers/Außenseiters inne, meistert diese aber (meist) ohne zu nerven. Zu meiner persönlichen Überraschung gefiel mir sogar Joshua Jackson (TV´s „Dawson´s Creek“) als Ellies zwielichtiger Freund (hey, bei Ryan Reynolds hat der Schritt mit dem Bart auch geholfen!). Shannon Elizabeth („American Pie“) und Sängerin Mya dienen nur als Biest-Futter, doch ihre Szenen gehören zu den Highlights des Films. Klasse agieren darüber hinaus vor allem noch zwei Nebendarsteller: Milo Ventimiglia (TV´s „Gilmore Girls“) macht als Frauenheld/“Basket Case“-Homosexueller Laune, doch es ist vor allem Judy Greer (“Three Kings“/“the Village“) mit ihrer tollen Art und Ausstrahlung (zielstrebig sowie bereit, dafür Opfer zu bringen), welche ihren Kollegen die gemeinsamen Szenen stiehlt (ähnlich wie M.Lillard oder J.Kennedy in „Scream“). Nur Portia de Rossi (TV´s „Ally McBeal“) wird als übersinnlich begabte Nebenfigur verschenkt…
Ursprünglich spielte Skeet Ulrich Ellies Freund, doch als der Film überarbeitet wurde, entschied er sich (unzufrieden über die Änderungen), aus dem Projekt auszusteigen, worauf die Figur komplett gestrichen wurde. Ursprünglich sollte ein Autounfall (mit Werwolf-Einfluss) die unabhängigen Figuren Ellie, Jimmy und Vince (Ulrich) zusammenführen, doch nach den Skriptänderungen (und Skeets Absprung) wurden aus den beiden schließlich Geschwister. Ferner ersetzte man Mandy Moore durch Mya, etliche Szenen und Rollen fielen der Schere zum Opfer (u.a. Illeana Douglas, Heather Langenkamp, Scott Foley, Omar Epps, Robert Forster und Corey Feldman), mehr als die Hälfte des Materials drehte man neu. Und dann entschied sich die Produktionsfirma auch noch, den Film auf ein „PG-13“-Rating runterzutrimmen (auf DVD gibt’s ihn nun aber uncut), was vielleicht bei einem „supernatural Thriller“ (“Grudge“/“Boogeyman“) funktioniert, nicht aber bei einem Werk dieser Art (obwohl sich in jener Altersklasse genau die Zielgruppe von „Cursed“ wieder finden dürfte, wenn man den entfernten Gore mal außer Acht lässt).
Ich persönlich wünsche es sehr, in Zukunft die alternative Fassung ebenfalls mal zu Gesicht zu bekommen – alleine der anderen Figuren und Darsteller wegen, sowie um einen Vergleich zur ursprünglichen Variante zu erhalten!
Fazit: Dem „Dream Team“ Craven/Williamson ist es mit „Cursed“ leider nicht gelungen, dem Werwolf-Subgenre neue Impulse zu verleihen. Stattdessen entstand in jenem Kontext eine mäßige „Scream“-Variante mit gut aufspielenden Schauspielern und enttäuschenden CGI-F/X, welche zwar weniger holprig daherkommt, als es die Entstehungsgeschichte befürchten lässt, letztendlich aber dem Zuschauer nicht viel Neues bietet (etwas, das „Ginger Snaps“ vor einigen Jahren wesentlich besser gelungen ist) … 4 von 10.