Filme, die sich den Zweiten Weltkrieg zum historischen Hintergrund gemacht haben, gibt es wie Sand am Meer. Einige davon sind grottenschlechte, mit Klischees um sich werfende Abfallprodukte des Filmgeschäfts, andere wiederum sind als Meilensteine der Filmgeschichte anzusehen und an Tiefgang und eindrucksvoller Darstellung nicht zu übertreffen. Und da gibt es dann auch Filme, die sich irgendwo dazwischen einordnen. Solche Filme wie „Napola“.
Friedrich, junger und leidenschaftlicher Boxer, wird bei einem Boxkampf von einem Lehrer einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt – kurz „Napola“ – angesprochen, ob er bereit ist, Schüler an einer solchen Napola zu werden. Gegen den Willen seines Vaters begibt sich Friedrich in die Obhut dieser Erfolg versprechenden Institution. Im harten Alltag des erbarmungslosen Drills und nationalsozialistischen Unterrichts freundet er sich schnell mit seinem introvertierten Mitschüler Albrecht, dem Sohn des Gauleiters, an. Die Freundschaft wird immer enger und schließlich werden die beiden und ihre Freundschaft auf einige harte Proben gestellt.
Der junge Regisseur Dennis Gansel bediente sich hier erfreulicher Weise einer Thematik, die in dem breiten Spektrum der Zweitweltkriegsfilme noch nicht behandelt wurde. Die Ausbildung der „Elite für den Führer“, die nach einem vorausgesagten Endsieg die Leitung von Gaus in London, Washington oder Moskau übernehmen sollten, war ebenso Bestandteil des Zweiten Weltkrieges wie die Kämpfe an den Fronten. Daher besteht auch von Beginn an der Anspruch, Fakten und Fiktion zu einer gelungenen Mischung zu komponieren, was Gansel mit Hilfe seines nahezu durchgängig jungen Ensembles dann auch irgendwie gelingt, aber auch nur „irgendwie“.
So erschafft er eine Charakterstudie von zwei befreundeten Schülern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der introvertierte, unter väterlichem Dauerdruck stehende Gauleiter-Sohn Albrecht freundet sich mit dem kämpferischen und vaterlandsliebenden Arbeiter-Sohn Friedrich an. Leider ist diese Charakterstudie recht schnell abgeschlossen, denn die beiden „Objekte“ dieser Studie entwickeln sich nicht bzw. nur marginal weiter. So ist es auch nicht verwunderlich, dass „Napola“ nach einiger Zeit Längen entwickelt, mitunter sogar ein wenig langweilt. Wären da nicht die gelegentlich eingeschobenen Szenen vom Frühsport oder dem Drill, hätte der Film über weite Strecken noch nicht einmal optische Höhepunkte. Von Höhepunkten in der Geschichte an sich wollen wir erst gar nicht sprechen, da sie ohnehin nur rar gesät sind. Somit ist einer der hauptsächlichen Punkte, die ein Film wie „Napola“ erfüllen soll/will/muss, „knapp“ verfehlt worden: Die Geschichte der tragischen Helden, mit denen sich der Zuschauer im Idealfall identifizieren, mit denen er mitfiebern soll, bleiben zu starr in ihrer Entwicklung und schlicht und ergreifend zu blass. Ein tragischer Höhepunkt lässt den Zuschauer noch einmal kurz darauf „hoffen“, dass der Film an Fahrt, ja vielleicht sogar an Tiefgang gewinnt, jedoch bleibt durch ein mangelhaft konstruiertes Ende ein bitterer Nachgeschmack bestehen.
Den Anspruch, dokumentarisch zu überzeugen, hingegen hat Gansel recht ordentlich erfüllt. Die Szenen vom allmorgendlichen Frühsport und auch die Drillszenen sind durchweg überzeugend. Auch die Kulissen tun ihr übriges dazu, dass der Zuschauer zu der Überzeugung kommt, in eine richtige Nationalpolitische Erziehungsanstalt Einblick zu erhalten. Aber ist das wirklich genug, um „Napola“ als guten deutschen Film zu bezeichnen?
„Napola – Eine Elite für den Führer“ ist alles in allem ein knapp über dem Durchschnitt agierendes Drama, das in einigen Gesichtspunkten zu überzeugen, ja zu gefallen weiß, in den meisten Aspekten jedoch eher enttäuschend ist. Die soliden schauspielerischen Leistungen, die in „Napola“ gezeigt werden, sowie der Mut des Regisseurs, einmal bei einem Zweitweltkriegsdrama gänzlich auf Holocaustszenen und Bilder von der Front zu verzichten, müssen trotz der flachen Geschichte irgendwie belohnt werden, daher keine 5, sondern 6 Punkte!