Review

Die letzten Beiträge deutscher Filme, die in die nähere Auswahl für den Auslandsfilm-Oscar kamen, waren allesamt Filme, die in irgendeiner Weise den 2. Weltkrieg thematisierten. Deswegen gewann auch „Nirgendwo in Afrika“ vor 3 Jahren den Preis.
Ein Oscar-Anwärter ist „Napola - Elite für den Führer“ sicherlich nicht, aber ich war dennoch von dessen Qualität positiv überrascht.
Bei den „Napolas“ handelt es sich um „nationalpolitische Erziehungsanstalten“ im Dritten Reich, wohin nur die Besten der Besten gelangen. Dorthin verschlägt es Arbeitersohn Friedrich (Max Riemelt), als ihn ein Napola-Eignungs-„Scout“ bei einem Boxkampf entdeckt. Er setzt sich gegen den Willen seines Vaters durch und geht zur Napola auf Schloss Einstein. Dort herrscht Drill und Disziplin wie beim Militär. Die Ausbildung erfolgt in Deutsch und Sport und ist von äußerster Härte. So wird ein Bettnässer öffentlich zur Schau gestellt. Friedrich freundet sich allmählich mit Albrecht (Tom Schilling aus „Crazy“), dem sensiblen und innerlich beinahe kompromittierten Sohn des dortigen Gauleiters an.

Gezeigt wird ebenso der unmenschliche und harte Drill bei der Napola Schloss Allenstein, den –
ACHTUNG KLEINER SPOILER - nicht alle überleben werden, aber auch seltene Momente ausgelebter Pubertät, die in diesem System keine Chance hat und immer unterdrückt wird. Seltene Anflüge von Humor zeigen ein kleinen Ansatz von Normalität und Menschlichkeit in einem pervertierten System.

Friedrich, der (noch) geblendete Regimefreund und der fast kompromittierte Albrecht bilden zwar die gegensätzlichen Klischees, aber zeigen auch die 2 Lager in der damaligen deutschen Bevölkerung.
Der Vater-Sohn-Konflikt (den man auch als moralischen Konflikt oder Konfrontation der Weltanschauungen sehen kann) zwischen Albrecht und seinem Vater, dem Gauleiter, ist glaubhaft dargestellt und spitzt sich weiter zu, als Friedrich und Albert gegeneinander boxen oder flüchtige russische Kriegsgefangene einfangen müssen. Hier wird der Knackpunkt zur endgültigen Infragestellung des Regimes durch Albrecht glaubhaft dargestellt und als dessen Vater Konsequenzen dafür verspricht, ist das Ende abzusehen.

Einige Szenen zwischen Albrecht und Friedrich wirken allerdings durch den allzu deutlichen moralischen Zeigefinger etwas plump und moralinsauer. Der Film verweigert sich glücklicherweise weitgehend jeglichen Pathos, nur das (etwas vorhersehbare) Ende neigt dazu.
Dennoch berührt der Film in den Schicksalen der Protagonisten tief, da er schonungslos und reflektierend den alltäglichen Irrsinn und Rassenwahn an den Napolas glaubhaft darstellt.
Man kann es kaum glauben, dass diese Thematik bisher bei der Vielzahl der Filme über den 2.Weltkrieg untergegangen ist.

Die jungen Darsteller um Tom Schilling spielen ihre Rollen überzeugend und wirken unverbraucht. Dass der Film mit weitgehend unbekannten Jung-Schauspielern besetzt wurde, verleiht dem Film eine Unmittelbarkeit und eine Intensität, die (zumindest in dem Maße) bei einer allzu großen Starbesetzung wie bei "Der Untergang" nicht existent gewesen wäre.

Letztendlich bietet „Napola – Elite für den Führer“ ein packendes Zeitdokument nationalsozialistischer Propaganda in „Eliteschulen“, bewegt im Schicksal der Jungen – trotz kleiner Drehbuchschwächen – zutiefst und ist äußerst mitreißend. Eine Geschichtslektion die sich - auch im Kino - lohnt.
Daher 8 von 10 Punkten.

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