Wer kennt sie nicht, die kleinen emsigen Gestalten, die einem vor Eintritt zum Restaurant das Auto parken und es beim Verlassen mundgerecht wieder direkt vor die Eingangstür fahren ? Obwohl man selber eher selten in den Genuss dieser Dienstleistung kommt, sieht man den Parking Service doch in jeden zweiten HK Film und zumindest in denjenigen, die sich im Gangster- / Triadenmilieu abspielen. Manche der später aufsteigenden [Film]Gauner mussten ihre Karriere auch mit diesem eher niedrigen Job starten und sich nach und nach hocharbeiten; Parking Boy ist zwar der erste Kontakt mit der oberen Schicht und man darf den Luxus sogar für die wenigen Sekunden des Umsetzens des Autos geniessen; ansonsten steht man aber noch unter der Hostess oder dem Kellner.
Man lebt nur vom Trinkgeld und darf noch nicht einmal die Annehmlichkeiten der wärmenden vier Wände nutzen, sondern muss die gesamte Zeit vor dem Etablissement in der Kälte ausharren, hat nur seinen kleinen Stand mit Telefon und schlägt sich mit seinen Kollegen die Zeit tot.
Angela Maks letzte von drei Regiearbeiten [ neben I Do ! und Siamese Twins die jeweiligen Jahre davor ] widmet sich nun ganz diesem ansonsten nur angeschnittenen und nicht weiter beachteten Stand; löblich, aber leider merkt man zwischendurch auch mehrere Male, dass aus dieser Position der Gesellschaft nicht wirklich viel herauszuholen ist. Ähnlich wie im Job hat der Film desöfteren nicht allzuviel zu tun. Manchmal auch gleich gar nichts. Während sich die Angestellten mit Zeitung lesen, Futtern, Karten spielen und über die umherstreifenden Passanten Tratschen die Zeit vertreiben, so kann der Zuschauer dabei wiederum nur diesem Treiben zusehen. Ist also nur passiv; erreicht noch nicht einmal die stark eingeschränkte Aktivität der Servicler. Dazu läuft die Inhaltsangabe die erste Zeit gelangweilt – trivial - monoton ab:
Stanley Lee Mo Sau [ Danny Lee ] kam vor zwei Jahren aus den UK zurück und verdingte sich die Zeit bei seinem Onkel Kao [ Ku Feng ] auf dem Schweinetransporter. Der Job stinkt ihm, vor allem auch das Aufstehen frühs um 3 sagt ihm überhaupt nicht zu. Ausserdem verpasst er auf dem Land das ganze Leben und er will es geniessen, will hoch hinaus. Also geht er in die Stadt und nimmt den erstbesten Job, der ihm angeboten wird.
Mit zwei anderen Kollegen fertigt er die Gäste ab, dabei entwickelt sich auch eine Freundschaft zum Mitarbeiter Wong Park Man [ Parkman Wong; kein Scherz ]. Wong ist ebenfalls arm dran, aber vom Mut bereits verlassen und hängt den Träumen höchstens noch halbherzig nach. Doch das soll sich bald ändern.
Sehr aufregend klingt das nicht und ist es lange Zeit auch nicht. Man sitzt viel herum, immer am gleichen Platz. Redet viel, weil das nichts kostet. Knüpft Verbindungen zu den Männern von der Konkurrenz des japanischen Restaurants gleich nebenan, schäkert ein bisschen mit den hauseigenen Hostessen und spricht von Vergangenheit und Zukunft, um die triste Gegenwart zu übertünchen.
Stanley war mal in England und wird nicht müde, dies in jedem zweiten Satz zu betonen. Er hat dort aber nichts erreicht, sondern ist über Chinatown nicht hinausgekommen und war auch dort selbst nur in der Unterschicht tätig. Seine Figur soll vielleicht sympathisch wirken; so hingebungsvoll, wie er sich in die neuen Chance stürzt, sich um Attraktivität des Arbeitsplatzes, schönere Uniformen und helleres Licht kümmert. Aber Lee wirkt vor allem auch durch die Performance seines darstellenden Namensvetters viel zu sehr wie ein Maulheld, der für gar nichts Höherens bestimmt ist, weil ihm dazu einige Eigenschaften fehlen. Er wirkt nicht besonders clever, baut viel Mist ohne es zu registrieren und schwingt parallel dazu grosse Reden. Identifikation ist das nicht.
Wong dagegen wirkt trotz seiner eher depressiven Grundhaltung von vornherein viel stärker; er hat sich auch nur mit der Situation arrangiert, statt sie schönzureden oder gar schwärmerischen Gedanken von „vielleicht“ und „später“ nachzuhängen. Er weiss, dass er sich keine rosige Zukunft ausmalen braucht; die Naivität ist einer Realität gewichen, auf die Stanley intellektuell gar nicht kommt.
Wenig förderlich ist diese strikte Nicht – Überschneidung der Charaktere für die Glaubhaftigkeit des Buddy Picture; die Figuren wirken nie wie beste Freunde, was sie eigentlich sein sollen. Sondern halt nur als Arbeitskollegen. Auch die anderen Konstellationen sind weniger ausgereift als für die Erzählung dinglich ist: Der andere Parking Boy Dummy [ Shing Fui On ] führt sich exakt wie ein kleinkrimineller Triadenscherge auf, hat aber selber genug Ärger mit der Sorte.
Stella [ Terry Hu ] erscheint zwar die ganze Zeit wie etwas Besseres aus einer anderen Welt und verhält sich auch so, ist aber in Wahrheit nur die Mistress eines Reichen [ Stuart Ong ], lässt sich aushalten und fährt nur dessen Fahrzeug spazieren. Officer Lau schaut hier und da mal vorbei, um später in dem Geschehen eingreifen zu können und Onkel Kao hält als Gegensatz zum Stadtleben her.
Die Unterschiede zwischen dem, was Stanley gerne wäre und was er ist - sowie damit zusammenhängend auch der Kontrast zwischen dem Ort wo er herkommt und hingehört und dem, wo er hin will – machen anfangs auch den einzigen Narrationspunkt aus, der die Geschichte mehr als die anderen banalen Tätigkeiten zusammenhalten kann. Die Antithese von Landleben zu Großstadt wird in der undetaillierten, aber dennoch Einfluss gewinnenden Aufzeichnung der geographischen, zeitlichen und visualen Varianz gewonnen. Das hektische, aber billig wirkende Treiben Hong Kongs stellt ein Ungleichgewicht zu dem ruhigen, besinnlich erscheinenden Entspannen auf Sai Kung ganz im Osten der New Territories dar; bei den zwischenzeitlichen Besuchen Stanleys bei seiner Familie erholt sich der Zuschauer im von Gott und der Welt verlassenen Naturschutzgebiet richtig von der Gehaltlosigkeit der Prämisse. Zwar meckert die Schwiegermama ein bisschen; aber Ku Feng bringt analog zum Schauplatz seine willkommene Natürlichkeit und sympathische Gemütsruhe mit ein. Die Zeit mag dort Stehengeblieben sein, aber wenn das andere Hier und Jetzt inmitten der 80er nur triste Orte, schlechte Lockenfrisuren, durchweg hässlichste Gestalten und unförmige Kleidung bereithält, kann man die Argumente der urban – ruralen Mobilität eher nachvollziehen als Stanleys Heischen nach dem grossen Geld.
Die Jagd nach dem Kapital birgt noch nicht einmal den Antrieb, darüberhinaus auch die Handlung voranzubringen. Stanley findet in einem „unvorschriftsmässig benutzten“ – lies: geklauten – Auto im Kofferraum eine ganze Palette US Dollar vor, die er natürlich an sich reisst. Dadurch kriegt er zwar Ärger mit dem wahren Besitzer; auch die Polizei ist schnell zur Stelle, als sich beim Wechseln einige Scheine als Blüten entpuppen.
Der Film bekommt nun erstmals eine definiertere Richtung zugewiesen und allein dadurch etwas mehr Bodenhaftung, kann aber nie die Spannungsschraube anziehen; wirklich ergeben tut sich daraus nichts.
Die Botschaft lautet letztlich, dass manche Menschen für Geld alles tun und danach verrückt sind, es aber die wahre Erkenntnis seie, wenn man auch ohne glücklich sein kann. Also Happy End auf ganzer Linie, aus heiterem Himmel und einfach so; die Auflösung als geplante, aber nicht beweisbare reductio ad absurdum.
Die vorherige Behauptung führt wohl kaum zu einer Ungültigkeit, wenn der logische Widerspruch erst im Schluss erfolgt.
Ausser man nimmt die Credits als Behauptung; dort wird die produzierende Firma nämlich ausgerechnet „Always Good Film Co., Ltd.“ genannt.