Auch wenn manch einer Disneyfilme nicht mag, so muss er dem Studio doch zugestehen, dass es, zusammen mit seinen Sub-Studios, so manchen Meilenstein in der Filmgeschichte hingelegt hat. Sei es der erste abendfüllende Zeichentrickfilm mit "Schneewittchen und die 7 Zwerge" im Jahre 1937, der ersten perfekten Vermischung von handgezeichneten Szenen mit Computertechnologie in "Die Schöne und das Biest" oder die Perfektion des Stop-Motion-Kinos mit "Nightmare before Christmas". Auch wenn man dem Studio sicher so Manches vorwerfen kann, aber um die Weiterentwicklung des Kinos hat sich kaum ein anderes Studio mehr gekümmert, als Disney. Und auch "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" gehört definitiv dazu, gab es doch zuvor weder einen Film, der Zeichentrick- und Realszenen so galant miteinander vereint hat, noch einen Film, in dem sich Warnerfiguren und Disneyfiguren ein Stelldichein geben.
Schon die Story ist herrlich und vollgestopft mit Fantasie, der besten Sorte. Es geht um den abgebrannten Privatdetektiv Eddie Valiant, dessen Bruder vor einiger Zeit von einem Toon getötet wurde. Kein Wunder, dass er den Job des Toon-Produzenten R.K. Maroon nur recht wiederwillig annimmt, bei dem er die Freundin des beliebten Zeichentrick-Hasen Roger Rabbit unter die Lupe nehmen soll. Schon bald kann er Ergebnisse bringen, das er damit bereits in einem seiner größten Fälle steckt ahnt er noch nicht. Zumal auch der gruselige Richter Doom etwas ganz abscheuliches mit den Toons vorhat, was Eddie nun verhindern muss... Schon beim Lesen der Inhaltsangabe merkt man, so 100% Disneylike ist das ganze Treiben nicht. Und fürwahr, wer nur auf lustige und niedliche Figuren in einer Bonbonfarbenen Welt gesetzt hat, ist hier definitiv falsch. Denn Roger Rabbit ist alles in allem mehr Noir-Krimi denn Kinderunterhaltung, wenngleich ein gewisser Familienwert und Spaß für die Kleinen nicht ganz außen vor bleibt. Dennoch, die eher düstere Seite des Toonwesens, in Form von Korruption, Verschwörungen und so manch bizzarer Gewalttat bekommt hier einen wesentlich größeren Stellenwert zugeordnet, als man zunächst meinen könnte, weshalb auch die FSK 12-Freigabe nicht ganz verwundert.
Und somit muss sich Eddie nun also mit zwielichtigen Richtern herumschlagen, schmierigen Wieseln, noch schmierigeren Filmbossen und einem Karnickel, das im Endeffekt auch nur ein Mensch ist, wenn auch ein sehr Durchgeknallter. Mit viel Liebe zum Detail lässt Regisseur Robert Zemeckis seinen Noir-Krimi in bester Blüte erstrahlen, in dem er das Set durchgehend eher düster gestaltet hat und mit vielen Details die 50er- und 60er-Jahre wieder auferstehen lässt. Ein unschuldiges Opfer, eine höchst erotische, aber mysteriöse Schönheit und eben Knarren, Action, Sex, Verschwörungen und nicht wenige Rätsel auf dem Weg zur Lösung. Und dazu ein knackiges und wirklich alles andere als harmloses Finale, in dem selbst Kreissägen und Dampfwalzen zum Einsatz kommen. Alles in allem sicher nicht wirklich etwas, dass man so von Disney erwartet hätte, weshalb sich dann im Endeffekt wohl auch Touchstone, ein Disney-Substudio, der Sache angenommen hat.
Dazu die ganze Bandbreite von Cartoonfiguren, angefangen bei Roger, über Bugs und Micky Maus, Schweinchen Dick und Bettie Boop, für die etwas älteren Kaliber unter den Zuschauern. Robert Zemeckis hat es geschafft wirklich alle möglichen und unmöglichen Zeichentrickfiguren in seinem Film unterzubringen, eine Sache welche schon damals nicht gerade billig gewesen sein dürfte und heute sicher das Budget eines jeden Films sprengen dürfte. Doch hier sind sie alle da und geben somit für jeden Toon-Geschmack ihre ganz eigene Note hinzu, was einfach nur als wahres Freudenfest für den geneigten Cartoon-Zuschauer anzusehen ist. Und wer sowohl auf Mickey und Co., als auch auf die Looney-Tunes steht, der bekommt hier quasi das Non-Plus-Ultra in einem Film geliefert.
Doch die Mischung aus Real- und Zeichentrickszenen ist letztendlich das, was den Film nahe an die Grenze eines Meilensteins bringt. Noch nie zuvor und eigentlich auch nie wieder danach, hat die Kombination aus diesen beiden, grundsätzlich verschiedenen, Ebenen so gut funktioniert, wie hier. Wenn Eddie Valiant dem gezeichneten Karnickel einen fetten Schmatzer auf die Lippen presst, mit Bugs und Mickey durch die Lüfte fliegt, an einem gezeichneten Fahnenmast hängt, oder mit der feurigen Sexbombe Jessica Rabbit ein unterschwelliges Techtelmechtel hat, dann nimmt ihnen das der Zuschauer voll und ganz ab. Genau wie Eddies Fahrt im gezeichneten Wagen oder wenn die gezeichneten Wiesel mit echten Knarren in der Gegend herumfuchteln. Ohne Frage, die Verschmelzung ist hier auf einem Status angelangt, den man nur als perfekt bezeichnen kann.
Zu Verdanken hat man dies, neben Zemeckis und seinem Team, vor allem auch den Schauspielern und den Sprechern der Figuren. Egal ob Bob Hoskins oder Christopher Lloyd (welcher später im Computerspiel "Toonstruck" übrigens noch einmal mit gezeichneten Figuren zu tun hat), beide agieren großartig mit den Toons, genauso wie all ihre Kollegen. Und wenn dann noch Charles Fleischer oder Mel Blanc ihre Synchronkünste ins Mikrofon sprechen, dann bleibt garantiert kein Auge trocken. Kurzum, ob gespielt oder nur gesprochen, hier passt wirklich alles bestens zusammen.
Fazit: "Falsches Spiel mit Roger Rabbit" ist und bleibt der beste Film, den es je im Genre des Real-Animationsfilms gegeben hat. Die Story ist perfekt, teils schön düster und trotzdem Familiengerecht, das Krimi-Noir-Kino wird aller bestens wieder belebt und die Mischung aus realen und gezeichneten Figuren ist nie so perfekt in Szene gesetzt worden, wie hier. Auch wenn so manches sicherlich mittlerweile etwas angestaubt wirkt, wer mal wieder Lust auf ein Spektakel dieser Art hat, der sollte sich den Roger nicht entgehen lassen, zumal das Ganze auch als eine doppelte Verbeugung vor dem Medium Film angesehen werden kann. Denn die Liebe, sowohl zum Film-Noir als auch zum Zeichentrickfilm ist nicht zu übersehen. Einfach nur eine ganz große Arbeit, die Mr. Zemeckis und halt auch Disney da abgelegt haben.
Wertung 9/10 Punkte