„Was ist denn das noch für ein Leben?!“
Douglas Trumbull galt ab Ende der 1960er als einer der Spezialeffektkünstler des Science-Fiction-Genres, war er es doch, der Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ veredelte. Mit „Lautlos im Weltraum“ bekam er 1972 die Gelegenheit, erstmals selbst die Regie zu übernehmen. Auch dieser Film ist weit entfernt von actionlastigen Sci-Fi-Klopfern und steht vielmehr in Tradition dystopischer, fast schon beängstigend ruhiger Genre-Klassiker wie „Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All“, kombiniert mit einem ausgeprägten zivilisations- und technologiekritischen ökologischen Bewusstsein, womit der Film die damalige gesellschaftliche Stimmung nicht nur in den USA aufgriff:
„Du darfst diesen Wald nicht vernichten!“
In der Zukunft ist die Erde derart verseucht, dass weder Fauna noch Flora auf ihr überlebensfähig sind. Aus diesem Grund werden die letzten Wälder in riesigen Gewächshäusern durch das All transportiert, wo sich die Besatzungen der dazugehörenden Raumschiffe um ihr Wohlergehen kümmern, bis sie irgendwann evtl. wieder auf die Erde verfrachtet werden können. Auf der „Valley Forge“ hat Freeman Lowell (Bruce Dern, „Wiegenlied für eine Leiche“) den grünen Daumen, während sich seine drei Kollegen schon längst nicht mehr für die Natur begeistern können – außer, sie können zu Lowells Leidweisen Kartrennen in den Gemüsebeeten veranstalten. Sie ernähren sich freiwillig von synthetischer Nahrung und halten Lowell für einen Spinner. Als eines Tages aus heiterem Himmel die Nachricht der Einsatzleitung eintrifft, aus kommerziellen Erwägungen habe man beschlossen, die All-Biotope aufzugeben, verbunden mit dem Befehl zur Sprengung derselben und Rückkehr der Astronauten zur Erde, bringen Lowells Kollegen frohgemut die Sprengladungen an und können ihre Rückkehr kaum erwarten. Lowell jedoch verzweifelt beinahe und ist nicht gewillt, seine grüne Arche kampflos aufzugeben: Einen seiner Kollegen schlägt er tot, die anderen beiden sprengt er kurzerhand vom Mutterschiff ab. Also bleibt Lowell mit seinem Wald sowie den zwei verbliebenen lernfähigen Robotern Huey und Dewey allein im All zurück…
„Gott sei mit Ihnen. Sie sind ein vorbildlicher Amerikaner!“
Sehr hübsch eingefangene Naturaufnahmen lässt Trumbull seinen Film für sich eröffnen. Ruhige Klaviermusik spielt dazu, begleitet von einem Holzblasinstrument. Ein tapsig umherlaufender Roboter bricht in die Szenerie und wirkt ein wenig albern. Willkommen an Bord der „Valley Forge“, übrigens auch der Name des ehemaligen kriegserprobten US-Flugzeugträgers, in dem der Films gedreht wurde. Dort hält Lowell während eines Streitgesprächs mit der übrigen Besatzung ein Plädoyer für echte, natürliche Nahrungsmittel, das auf taube Ohren stößt. Dass die gegensätzliche Haltung beider „Parteien“ schon bald zu nur im ersten Moment etwas harsch erscheinenden Akten von Zivilcourage seitens Lowells führt, ist kein Geheimnis und wird von Trumbull auch gar nicht erst zum Höhepunkt des Films stilisiert, ist vielmehr Konsequenz und schließlich eine Art neuer Prämisse.
Der Zuschauer ist von nun an allein mit Lowell und seinen Robotern. Die Dialoge werden auf ein absolutes Mindestmaß zurückgefahren und darüber hinaus gibt es Momente, in denen der Film einfach innehält. Ja, „Lautlos im Weltraum“ ist ein Film der leisen Töne und des bedächtigen Erzähltempos – und deshalb so gut, weil er dennoch voller Inhalt steckt und nie langweilt. Da werden Roboter programmiert, Lowell zu operieren, Bäume zu pflanzen und Karten mit ihm zu spielen – und kann sich Lowell später an seinen neu gewonnenen Freunden, jenen Maschinen eben, zu revanchieren versuchen, indem er einen der nach Donald Ducks Neffen im US-Original benannten Trabanten repariert. In den Saturn-Ringen droht Lowell gar draufzugehen. Wirklich schlimm wird es jedoch für ihn, als seine Einsatzleitung, der gegenüber er von technischen Problemen sprach und sich seit ihrer Reaktion, nichts mehr für ihn tun zu können, in Ruhe wähnte, ihn überraschend ortet und sein Wald aufgrund der hohen Entfernung zunehmend unter Sonnenlichtmangel leidet.
Natürlich ist es bezeichnend, dass ein noch über Naturverständnis verfügender Mann mit zwei Robotern mehr anzufangen weiß als mit seinen ehemaligen menschlichen Kollegen, wenngleich ihn mit der Zeit dennoch Gewissensbisse einholen. Diese Entfremdung von Seinesgleichen ist eines der Themen dieses Films, der ein Herz für Außenseiter beweist und anhand dieser Dystopie veranschaulicht, wie einsam sich jemand fühlt, der ausschließlich auf Ignoranz seiner Mitmenschen stößt und sich schließlich gezwungen sieht, zu drastischen Mitteln zu greifen, um seinem Gewissen zu folgen und sein Lebenswerk zu verteidigen – um nicht auch noch das Letzte genommen zu bekommen, was ihm etwas bedeutet. Dass in einer solchen Welt letztlich kein Platz mehr so jemanden ist, ist die bittere Konsequenz, die Trumbull bis zum Erklingen der wie auch das Titellied von Joan Baez gesungenen und von Diane Lampert geschriebenen Komposition „Rejoice in the Sun“ durchexerziert.
Dies wiederum führt dazu, dass „Lautlos im Weltraum“ allen Vorzeichen zum Trotz zu keinem hippiesken Flower-Power-Peace-and-Love-Film geriert, sondern zu einem begründet misanthropischen, desillusionierenden, traurig-melancholischen Stück Genre-Geschichte, das seine letzte vage Hoffnung ohne menschliche Instanz maschinengesteuert durch eine Kapsel im All steuern lässt – und dabei aufgrund Trumbulls eingangs beschriebener Qualitäten oftmals verdammt gut aussieht.