Nach diversen Fernseharbeiten oder eher kleinen Kinofilmen wie z.B. „Busting“ drehte Peter Hyams mit „Capricorn One“ schließlich eine starbesetzte Großproduktion.
Dabei denkt der Film gewissermaßen das weiter, was Verschwörungstheorien um die angeblich inszenierte Mondlandung der Amerikaner behaupteten. Denn in „Capricorn One“ soll es inzwischen bis Mars gehen; eine Mission für welche die Astronauten Charles Brubaker (James Brolin), Peter Willis (Sam Waterston) und John Walker (O.J. Simpson) zu Beginn des Films eine Rakete besteigen, aus der sie vor dem Start herausgeholt und an einen anderen Ort gebracht werden, während das nun leere Raumfahrtvehikel unter großem Tammtamm inklusive Begutachtung durch Spitzen der Politik und Wirtschaft ins All abhebt. Wie man erfährt, hat der Präsident allerdings nur den Vizepräsidenten geschickt, was für die NASA-Leute schon ein Warnsignal ist.
Am Zielpunkt der Reise, einem verlassenen Gelände in der Wüste, bringt es Programmleiter Dr. James Kelloway (Hal Holbrook) auf den Punkt: Die Finanzierung von NASA hängt aufgrund von schwindendem öffentlichem und präsidialem Interesse in der Schwebe, ein Lebensunterhaltungssystem in der Rakete war fehlerhaft und die Mission hätte abgebrochen werden müssen, was aber das Aus für weitere Mission bedeuten könnte. Also hat die NASA einen Plan gefasst: In einem improvisierten Filmstudio auf dem Gelände sollen Übertragungen zum Raumschiff sowie ein Video der Mars-Landung nachgestellt werden, wozu man die Kooperation der Astronauten braucht, welche diese nach einigen Bedenken schließlich auch zusprechen.
Derweil gibt es das Problem, dass der Schwindel trotz aller sorgfältiger Planung entdeckt werden könnte, etwa durch einen übereifrigen Techniker bei der NASA, der wiederum gut mit dem Reporter Robert Caulfield (Elliot Gould) befreundet ist. Als es ein Problem gibt, wird der Boden für alle unliebsamen Mitwisser ziemlich heiß…
Dass „Capricorn One“ im Nachklang von Watergate entstand, ist klar zu merken: Nicht nur werden die Enthüllungsreporter Woodward und Bernstein namentlich erwähnt, der Film atmet auch den Geist der Paranoiathriller der 1970er, in denen sich viele Institutionen als Horte dunkler Komplotte erwiesen. Obwohl „Capricorn One“ mit seinen NASA-Leuten als Schurken weniger anklangt und mehr ein Unterhaltungsfilm ist als mancher deutlich kritischere Beitrag zu dem Genre, so ist die Bebilderung der bis auf einige Ausnahmen anonymen Täter und Schreibtischtäter einer der gelungensten Aspekte des Films: Zum einen der Chefschurke, der eiskalt kalkulierend Anweisungen zum Aufspüren (und wahrscheinlichen Liquidieren) von Menschen gibt, zum anderen die quasi gesichtslosen Untergebenen. Wenn der Cheflump zwei Helikoptercrews in Hubschrauber mit geschwärzten Scheiben anfunkt, dann wirkt es fast als spreche er direkt mit den Maschinen, nicht mit den Piloten, die lediglich in einer Szene aussteigen und dann im Gesicht von Helmvisieren verdeckt sind. Ebenso gruselig ist, dass nie gezeigt wird, was genau mit gestellten (wahrscheinlich getöteten) Mitwissern passiert, womit Hyams geschickt die Bedrohung durch Übermächte in Szene setzt.
Bis diese Maschine angeworfen wird, spielt „Capricorn One“ allerdings erst einmal ein interessantes Was-wäre-wenn-Spiel, in dem die Einzelheiten des Betrugs und dessen Durchführung gezeigt werden. Eine langsam Fahrt aufnehmende, aber gelungene Exposition, in deren Rahmen sorgfältig alle Haupt- und Nebenfiguren vorgestellt werden, etwa Charles‘ Frau Kay (Brenda Vaccaro) oder Roberts Kollegin Judy Drinkwater (Karen Black), auch wenn letztere kaum im Film ankommt und getrost hätte rausgeschrieben werden können. Leider nur am Rande wird der Umgang mit der Öffentlichkeit thematisiert, gerade in der Frage, ob der Betrug das Raumfahrtprogramm sanieren könnte und damit ob all die Verschwörung überhaupt einen Sinn hat. Doch effektiv bereitet der Film den nötigen Störfall zur Filmmitte vor, der schlussendlich die Bedrohungslage eskalieren lässt.
In der Folge fällt „Capricorn One“ dann leider etwas ab, da Charles als potentieller Held unter den drei Astronauten früh feststeht und so klar ist wie die ungefähre Flucht durch die karge Wüstenlandschaft ausgeht, welche die Raumfahrer selbst ironisch mit jener Marsoberfläche gleichsetzen, auf der sie eigentlich Abenteuer hätten erleben sollen. Auch etwas halbherzig wirken die Aktionen gegen Robert, wenn man die Rigorosität bedenkt, mit der andere Mitwisser beseitigt werden (auch ob die Gesetzeshüter, die ihm Drogen unterschieben, von staatlicher oder industrieller Seite beauftragt wurden, wird leider nicht ganz klar). Doch zum Glück ist Hyams genug Profi um immer noch genug Oberflächenspannung zu liefern, etwa wenn sich Charles beim Verstecken vor Verfolgern in einer Höhle einer wütenden Klapperschlange erwehren muss oder eine finale Verfolgungsjagd das Adrenalin hochtreibt – ironischerweise wird in jener Szene ein Sprühflugzeug zur Rettung eines Verfolgten, während eine solche Maschine in Hitchcocks Klassiker „Der unsichtbare Dritte“ den armen Protagonisten noch jagte. Da verzeiht man kleinere Faux Pas, etwa eine etwas hakelig montierte Sequenz, in der Caulfields Auto verrücktspielt, oder das leicht kitschige Happy End, das auch konsequent alle Fragen zum Danach und den Konsequenzen des Ganzen ausblendet – Hyams ging es eben nur um Unterhaltung.
Was „Capricorn One“ dabei ebenfalls trägt ist das Ensemble: Elliot Gould spielt seine bewährte Schluffi-Persona als leicht abgewrackter Reporter gewinnbringend aus, während Hal Holbrook als zweifelhafter väterlicher Freund (eine ähnliche Rolle wie jene, die für Hyams in „Ein Richter sieht rot“ später spielte) den Film an sich reißt. Da kann James Brolin als heldenhafter Astronaut nicht ganz mithalten; er liefert aber wie seine Kollegen Sam Waterston und O.J. Simpson eine gute Performance als kleines, aber wichtiges Rädchen in einer Maschine ab, die sich jederzeit gegen ihn wenden kann. Telly Savalas hat eine kurze, amüsante Rampensaurolle zur Auflockerung im Schlussspurt bekommen, David Huddleston setzt Akzente als großkotziger NASA-Mann und Brenda Vaccaro macht das Beste aus ihrer Nebenrolle.
So ist es dann der souveränen Regie und dem durchweg guten Ensemble zu verdanken, dass „Capricorn One“ trotz des manchmal etwas schwächelnden Ermittlungsplots um Caulfield und kleinerer Schwächen ein spannender Thriller mit Was-wäre-wenn-Szenario und Gedanken zum institutionskritischen Zeitgeist der 1970er ist. Ohne politische Ambitionen, aber mit viel Oberflächenspannung gesegnet und kompetent inszeniert.