UNTERNEHMEN CAPRICORN (CAPRICORN ONE, USA/GB 1978, Regie: Peter Hyams)
die drei Astronauten Brubaker (James Brolin), Willis (Sam Waterston) und Walker (O. J. Simpson) staunen nicht schlecht, als kurz vor dem Start zur ersten bemannten Mars-Mission die Kapsel wieder geöffnet wird. Sie werden herausgeholt und von der Landebahn fortgeschafft, während sich die Rakete in den Himmel schraubt und Kurs auf ihr Ziel nimmt. In einer geheimen Militärbasis wird den Dreien offenbart, dass sie innerhalb der Kapsel keine drei Wochen überlebt hätten und das ein Scheitern der Mission das Image der Vereinigten Staaten irreparabel geschädigt hätte. Ergo werden sie gezwungen in einem Studio die Landung auf dem Roten Planeten zu spielen und so der Öffentlichkeit den Erfolg der Mission vorzugaukeln.
Als der reale Rückflug der Kapsel zur Erde scheitert und in einem Flammenball aufgeht erkennen die Astronauten, dass sie plötzlich unerwünschte Zeugen einer riesigen Verschwörung sind. Die Schlinge zieht sich allmählich zu...
Gut vorstellbar, dass dieser Film einen Aufschrei provozierte. Empörung, Enttäuschung und die obligatorische „Was wäre wenn?“-Frage dürften dem Publikum durchaus durch den Kopf gegangen sein. Mit Verschwörungstheorien aller Art ist man ja heute nahezu übersättigt. Da kann CAPRICORN ONE leicht als thematische Variation oder prophetischer Fingerzeig interpretiert werden. In den späten 70ern dürfte die Thematik hochaktuell gewesen sein und zu regen Debatten geführt haben. Auch wenn man die Mars-Verschwörung aus dem Plot schält enthält der Film weitere Brisanz. Immerhin werden regierungs- und wirtschaftsintere Strukturen aufgedeckt, die sehr schnell und wegen kleiner Verdachtsmomente die Bereitschaft über Leichen zu gehen offenbaren. Um das Ziel zu schützen und die Nation in einem Machtgefühl zu bewahren werden Einzelschicksale für nichtig erklärt. Der Begriff des Kollateralschadens wird hier bereitwillig auf amerikanische Helden übertragen ohne das auch nur die geringsten Zweifel an der Tat entstehen. Die Kaltschnäuzigkeit der Mittäter und Mitwisser wirkt in diesem Kontext umso erschreckender. Wie viele dienen denn diesem höheren Ziel und aus welcher Motivation heraus? Wem kann man denn noch trauen? Warum hinterfragen diese ihr radikales Handeln nicht? Steht der Befehl im Namen der nationalen Sicherheit über der Menschlichkeit? CAPRICORN ONE offenbart hier vielschichtiges Potenzial um die US-amerikanische Paranoia vor ihren eigenen Führungsstrukturen anzufachen, gerade auch zu Zeiten des Kalten Krieges.
Darüber hinaus ist CAPRICORN ONE auch als Film per se ein klassisches und sehr sehenswertes Stück Kinogeschichte. Begonnen bei der Musik von Jerry Goldsmith über die erstklassige Besetzung bis in die Nebenrollen (sogar Kojak-Darsteller Telly Savalas und das vielschichtige Charaktergesicht Karen Black sind zu bestaunen) bis hin zur spannenden, rasanten und teils atemberaubenden Inszenierung ist der Film ein Genuss. Gerade das Finale ist dank perfekter Kameraarbeit problemlos mit einer Achterbahnfahrt vergleichbar. Gemessen am Alter des Films der absolute Wahnsinn! Die gesamte Ausstattung, das Set-Design und die gekonnt platzierten dokumentarischen Aufnahmen erzeugen eine glaubwürdige und authentische Grundstimmung. Und die aufgeworfenen Fragen über die Manipulierbarkeit von Bildern und die Problematik unreflektierter Aufnahme eben solcher trägt man auch noch lange nach dem Filmgenuss mit sich herum. Kann man denn Mittels der richtigen Bilder wirklich jedem manipulierte Wahrheiten unterjubeln? Im Web 2.0-Zeitalter eine immer noch aktuelle und gerechtfertigte Fragestellung!
FAZIT: CAPRICORN ONE bietet viel Stoff und harten Tobak mit Potenzial für schlaflose Nächte verpackt in ganz großem Kino. Ein toller Film! Funktioniert mit seiner aufrüttelten Botschaft heute zwar nur noch bedingt und krankt hier und dort ein wenig an der Logik, ist aber dennoch uneingeschränkt sehens- und empfehlenswert. 8/10