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"Nichts für schwache Nerven"/"Nichts für Zartbesaitete"/... - das ist wohl die Standardfloskel, die man so benutzt, um auf einen "härteren" Film hinzuweisen (und zugleich anzumerken, dass man selbst ja schon alles gesehen hat). Doch bei Pasolinis letztem Film "Salò" ist das nicht ganz so einfach.

Pasolinis Radikalität besteht nicht nur in expliziter Härtedarstellung, sondern vielmehr in einem heftigen Bruch mit Moral, Vernunft und unseren lange kulturell gewachsenen Wertevorstellungen. Denn wenn es um den Trieb geht, den "Genuss", dann wird der Mensch zwanghaft totalitär; ein grausames und rücksichtsloses Tier - falls der gesellschaftliche Einfluss und die Macht es zulassen. Bildung und Vernunft spielen keine Rolle mehr. Im Gegenteil: Die Maßlosigkeit der wild umherfolternden und -vergewaltigenden alten Herren scheint durch ihren Intellekt und ihre Sittlichkeit nur in der Wirkung bestärkt zu werden. Modern ausgedrückt - Ausbeutung und Triebbefriedigung zum reinen Selbstzweck (einen anderen kann es gar nicht geben) als eine exzessive, parasitäre Form von Konsum auf Kosten der zum Vieh degradierten, von Anfang an zum gewaltsamen Tode verurteilten unschuldig jungen Opfer.

Pasolini sah sich mit dem radikalen Film in der depressiven Endphase seines Schaffens, in der er kläglich erkennen musste, dass er mit seiner idealistischen Vorstellung vom Wesen und der Aufgabe der Kunst in seinen vorherigen Werken, und seinen moralischen Botschaften in eine Sackgasse geraten war (Was im Film unter anderem durch den inneren Konflikt der Klavierspielerin=Künstlerin und ihren Sturz in den Tod ausgedrückt wird). "Salò" zeichnet also nicht nur eine finstere Metapher auf die totalitäre Ausbeutung des Menschen, etwa zu Zeiten des Faschismus, sondern man kann auch eine sehr moderne, gegenwartsbezogene, von Bitterkeit geprägte soziale Anti-Utopie sehen, sowie eine verzweifelte Infragestellung des Sinnes und des Wertes von Kunst und Kultur im Jetzt(Kosum und Unterhaltung?).

Hinter all der Hoffnungslosigkeit und des Pessimismus im Film bleibt allerdings noch Pasolinis letzter kleiner Bruch hin zum Positiven. Ein Ansatz der Erlösung, ein in der Gewalt verlorener Gegenentwurf zum Gezeigten: Jene naive unschuldige letzte Szene mit den beiden fröhlichen Jungen. Ob und wie man das alles akzeptiert, bleibt bis zu einem gewissen Grad jedem selbst überlassen.

Der letzte laute Aufschrei des großen Pasolini oder die einzig übrig gebliebene Konsequenz seines großen Scheiterns? 10/10.

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