Eigentlich müßte dieser Film den Titel „Das räudige Rattennest“ tragen. Und zwar, um gar nicht erst in den Verdacht zu geraten, es handele sich um ein Remake von Robert Aldrichs gleichnamigen Film Noir Klassiker von 1955 (OT: KISS ME DEADLY - Welchen ich im übrigen auch nur wärmstens empfehlen kann!) Nein, dieser italienische Exploiter hat nicht im Entferntesten die Klasse von Aldrichs Film, behauptet aber im Asi-Ranking italienischer Genrefilme aus den 1970er Jahren mal wieder eine „Klasse“ für sich.
Um dieses Ziel zu erreichen braucht es nicht viel: Man nehme eine Handvoll altgedienter Charakterfressen (Mitchell, Rossi, Staccioli, Casale – einer fieser als der andere) und lasse sie in ihrer Niedertracht auf ein gehandicaptes Opfer (Harris) los und zwischendurch auch gerne übereinander selbst herfallen. Um dieses hochexplosive Gemengelage noch weiter anzuheizen bedarf es natürlich noch einer schönen Frau (Dagmar Lassander), die ebenfalls genreerprobt und willig genug ist, durch ihre Darstellung als dauergeiles Luder die triebgesteuerten Schmierlappen bis zum Äußersten zu treiben.
Ansonsten erinnerte mich das Setting und auch Fragmente der Story ein wenig an Roland Klicks Meisterwerk DEADLOCK (1970), selbstverständlich ohne auch nur annähernd in dieser Liga mitspielen zu können. Denn die Story ist nach der Eröffnungsszene doch recht vorhersehbar. Außerdem fallen diverse Logiklöcher und Anschlußfehler ins Auge. Was der geneigte Zuschauer aber wohlwollend übersehen wird, denn das, was hier zählt, sind Schmier, Schund und Schmuddel. Und davon gibt es reichlich, auch dank großzügiger Unterstützung durch die deutsche Synchro, die sich redlich bemüht, Landmarken in Sachen Asozialität aufzustellen.
Exemplarisch möchte ich folgenden Dialog anführen, der auch dem abgebrühtesten Genrekenner die Kinnlade nachhaltig nach unten zieht:
RITA (halbnackt im Bett liegend): „Was willst du hier? Verschwinde! Du widerst mich an! Warum fährst du nicht in die Stadt und vergewaltigst da ein paar kleine Mädchen? Darauf stehst du doch, oder? Deshalb haben sie dich doch eingesperrt?!“
SMITH (sich über sie beugend mit Sabber in den Mundwinkeln und purer Geilheit im Blick): „Schön bist du! Fast so schön wie... wie die Achtjährige. Aber die hat leider so laut geschrien, da mußte ich ihr den Hals zudrücken. Aber du wirst nicht schreien... weil du es magst!“
Hatte der Film seit seiner VHS-Veröffentlichung 1983 bis dato ein eher unbekanntes Dasein fristen müssen, so ist vor einigen Tagen endlich eine digitalisierte Fassung in Form einer FSK 18 DVD bei einem eher wenig renommierten Label erschienen, die aber hinsichtlich ihrer Bildqualität völlig indiskutabel ist. Denn es ist im Grunde genommen eine Frechheit (oder wahlweise Abgebrühtheit) sondergleichen, daß es im Jahre 2022 tatsächlich noch Labels „schaffen“, einen Film völlig unrestauriert auf den Markt zu schmeißen. Jede Menge Verschmutzungen und Defekte, Laufstreifen, stellenweise ein unruhiger Bildstand – alles drin, was eine abgewichste, fast 50 Jahre alte Filmkopie zu bieten hat. Aber, um es sarkastisch auszudrücken, vielleicht ging es den Verantwortlichen ja um das spezielle „Grindhouse-Feeling“, um diesem Schmuddelstreifen gerecht werden zu können. Da mag man ja fast geneigt sein ein Auge zuzudrücken, weil einem im Gegensatz zur VHS zumindest das korrekte Bildformat präsentiert wird.
Noch ein Wort zu Regisseur Roberto Biancho Montero: Wenn bei dessen Namen nicht sofort der Groschen fällt, dem ergeht es genau wie mir. Ein Blick in seine Filmographie offenbarte dann aber doch einen bekannten Genrebeitrag in Form des sleazigen Giallos „SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL“ aus dem Jahre 1972, der dem geneigten Filmfreund ebenfalls nachdrücklich ans Herz gelegt werden kann.