Review

Wenn man glaubt, so ziemlich alles gesehen zu haben, kommen die Asiaten und machen einem klar: Es geht immer weiter!

Ichirô Itanos „Gantz“ ist ein Paradebeispiel. Die japanische Fernsehserie wirbelt durch die Genre, mixt feuchte Pennäler-Träume mit wüster Science Fiction, derbe Splatter-Einlagen mit teils ebenso platter wie subtiler Sozialkritik. Diese Anime-Serie nutzt all ihre Möglichkeiten, um die Erwartungen des Zuschauers auf der einen Seite zu befriedigen, um ihm nur Minuten (manchmal Sekunden) später den Boden unter den Füßen wegzureißen. Wer sich auf „Gantz“ einlässt (und das ist vor allem in den ersten Episoden nicht ganz leicht), wird sich häufig mit herunter geklappter Kinnlade erwischen.

Der eigenbrötlerische Schüler Kurono, der meist von seinen verrückt spielenden Hormonen geplagt wird, trifft in der U-Bahn Kato, einen Freund aus Kindertagen. Im Gegensatz zu Kurono kommt Kato als der edle Menschenfreund daher. Direkt bei ihrem Wiedersehen kommt es zur Katastrophe: Ein betrunkener Obdachloser fäll auf die Gleise. Niemand hilft, nur Kato. Binnen Sekunden überzeugt er Kurono, den Mann auf den Bahnsteig zu wuchten. Dem heranrasenden U-Bahn können beide aber nicht mehr entweichen, die Bahn zerfetzt die Freunde.

Plötzlich finden sie sich in einem Hochhaus gegenüber des Tokyo-Towers wieder. Mit ihnen befinden sich in der Wohnung weitere Personen, die auf dramatische Weise zuvor ihr Leben gelassen haben. Straßenschläger, Yakuza und eine Mitschülerin, die sich in der Badewanne die Pulsadern geöffnet hat. Beherrscht wird der Raum aber von einer großen schwarzen Kugel. Nishi, ein Mittelschüler, der schon länger hier zu sein scheint, klärt auf: Die Kugel, „Gantz“, wird sich bald öffnen, Schutzanzüge an die „Toten“ verteilen und sie losschicken, um Aliens zu töten, die unerkannt in Tokyo hausen.

Mehrere Folgen lang wird die Schicksalsgemeinschaft Aliens jagen und zur Strecke bringen, aber auch ihre Reihen werden dezimiert. Und langsam wird klar: „Gantz“ treibt ein Spiel, bei dem es keine Sieger geben kann.

In einer Szene kämpfen Kurono, Kato und ihre Gefährten gegen zwei gigantische Buddha-Figuren. Das Spektakel wird von den Lebenden nicht wahr genommen. Inmitten der Schlacht müssen die beiden Freunde beobachten, wie ein junger Mann und ein Jugendlicher einen Obdachlosen (!) mit Baseballschlägern grausam erschlagen. Bei einer späteren Vergewaltigung macht die Polizei mit den Übeltätern kurzen Prozess und knallt beide ab. Kurz darauf finden sich die beiden in einer Hochhauswohnung gegenüber des Tokyo Towers wieder …

Ein treibender Titelsong, atmosphärischer Soundtrack, schwarzer Humor und die düstere Stimmung der Anime-Serie machen einfach süchtig. Sieht man mehrere Folgen am Stück, krankt „Gantz“ etwas am eigenen Konzept: Während der Mordaufträge (in Echtzeit) verlieren sich die Hauptfiguren häufig in langwirige Diskussionen, wie weiter reagiert werden soll. Doch das Konzept geht auf. Die Figuren bleiben zögerlich, wissen sich nicht weiter zu helfen, geraten in Hysterie. Und wenn der letzte des uns bekannten Teams ohne jegliche Hoffnung auf Erlösung auf den Ruf von „Gantz“ wartet, gibt es keine Aliens mehr. „Gantz“ hetzt die Letzten aufeinander. Es wird Sieger geben. Aber keine Gewinner.
10/10

Details
Ähnliche Filme