Review

Eigentlich wäre es ja bei so vielen positiven Kritiken nicht nötig gewesen, dennoch will ich es mir nicht nehmen lassen zu meinem 200. Review einen meiner absoluten Lieblinge zu besprechen.

Was ist es das diesen Fim so besonders macht, dass er regelmäßig in den listen der besten Filme aller Zeit aufzufinden ist? Ist es die faszinierenden, fesselnde und schließlich abstoßend schockierende Geschichte? Hubert Selbys ("Letzte Ausfahrt Brooklyn") Buch erschien 1978 und ist im Gegensatz zu Last Exit Brooklyn - so zumindest empfinde ich es - ein brilliantes und zu Tränen rührendes Werk. Von der ersten bis zur letzten Seite ein - eben - Pageturner. Doch auch ein zutiefst moralisierndes Buch. Fazit: Sucht ist nicht gleich Droge und Träume sind die wahren Dealer. In dieser Aussage - wie auch immer man dazu steht - ist das Buch bis heute hochbrisant und aktuell. Und doch wundert es dass Darren Aronofsky, der Mann der uns wenige Jahre zuvor den zumindest visuell atemberaubenden Indiefilm "Pi" bescherte, so einfach den gesamten Plot übernimmt. Denn wirkliche Veränderungen zur Vorlage gibt es nicht. So verwundert es kaum dass Aronofsky oft vorgeworfen wird, sein Film sei nicht mehr zeitgemäß, zeige Zustände und vor allem Behandlungsmethoden Süchtiger die nicht mehr in die heutige Zeit passen wollen. Hätte er jedoch auf dies verzichtet - wer würde auch Jare nach Sichtung mit Gänsehaut an das Finale denken? An diese unerträgliche Bilder- und Soundcollage. Diesen bildgwordenen Presslufthammer der Emotionen und des Schreckens. Nein, jede - und vor allem diese - Stelle des Buchs ist wichtig und Veränderungen nicht akzeptabel.

Doch es ist nicht nur die Geschichte an sich, Requiem for a Dream ist eine Komposition aller filmischer Möglichkeiten. Das fängt bei den Schauspielern an:

Die uns aus "Der Exorzist" noch in bester Erinnerung gebliebene Ellen Burstyn spielt ohne Rücksicht auf Körper und Seele, das man es zum Ende nicht mehr über sich bringt ihrem Verfall weiter zu  zu sehen. Die Oscar- und Golden Globe Nominierungen folgten natürlich auf den Fuß, und doch ist es nicht wie bei Charlize Therons Monster ein Spiel mit dem Klischee der eigenen Schönheit, nein, Burstyn spielt als wäre sie besessen und könne nur so ihr Seelenheil zurückgewinnen. Unser Vorzeigeemo Jared Leto spielt den jungen Harry vielleicht nicht ganz so brilliant aber trotzdem beeindruckend ehrlich und so wie auch Burstyn, nein wie eigentlich alle Hauptdarsteller, mit einem bis an die Schmerzgrenze reichenden Mut zur Hässlichkeit (innerlich wie äußerlich). Mein persönlicher Love-interest Jennifer Connelly wird zwar nie zu den ganz Großen gehören, dafür spielte sie aber mutig in großen Filmen mit (ob als junges Mädchen in  Argentos Phenomena oder wunderschöne Barsängerin in Alex Proyas Dark City). Und auch hier spielt sie die Tochter aus reichem Hause die gegen Ende nicht mal vor Prostitution zurückschreckt mit hinreißender Perfektion - leider im Gegensatz zur deutschen ynchronstimme die nur selten passen will. Zudem wird ihr auch noch die Ehre zu Teil eine Hommage an den wunderbaren Anime Perfect Blue zu spielen. Last but not least spielt der eher als kiffender Scary-Movie Clown bekannte Marlon Wayans genial gegen seine Paraderolle an. Mit Erfolg!

Dann die Musik. Clint Mansell, Haus- und Hofkomponist von Arronofsky, schafft es einen eher elektroniklastigen Sound durch Mitwirkung des geigenden Kronos-Quartetts in ein gänsehauterzeugendes Gesamtkunstwerk im Sinne des Films zu kreieren. Das - ganz in Tradition von Mesiterwerken wie Once upon a time in the West - der Soundtrack aus nur einigen wenigen sich andauernd wiederholenden Themes besteht tut dem keinen Abbruch. Und das berühmte Hauptthema sorgte spätestens als Untermahlung zum Herr der Ringe Trailer für den Weltruhm des O.S.T..

Nun wird Requiem for a Dream nicht nur an Berufsschulen für Pädagogen und Krankenhelfern gezeigt sondern auch als Analysevorlage für Filmschaffende. Was sich schon bei erstmaliger Sicht leicht erklären lässt. Arronofsky arbeitet hier mit nahezu jedem bekannten filmischen Stilmittel. Da wird erstmal ein 3mal häufigerer Schnitt als gewöhnlich verwendet, da werden Steadycams, extreme Closeups und zeitversetzte Splitscreens benutzt. Nie zuvor und warscheinlich kaum danach (die Crank-Filme will ich hier nur ungern mit aufnehmen) wurde mit so vielen filmischen Möglichkeiten gearbeitet um die Empfindungen der Darsteller erlebbar zu machen. In diesem Sinne kann man bei Requiem... noch mehr von einem Filmgewordenen Drogenrausch sprechen als bei dem gerne in diesem Zusammenhang zitierten Fear and Loathing in Las Vegas. Auch das ist ein weiterer Punkt der Arronofskys Film den Kinoolymp hievt; wie oft kommt es schließlich vor dass ein Film all diese Faktoren in dieser Qualität zusammenbringt und dann auch noch neue Standarts in gewissen Bereichen zu setzen vermag (hier Sopund und Optik)?

Und auch wenn R.f.a.D. stark moralisiert ist es hier kein Christiane F. den wir vor uns haben. Die letzte, die eigentlich physischste Konsequenz - der Tod - bleibt aus. Der große Schlußstrich der das Ende einer richtigen Drogenkarriere markiert bleibt aus und dennoch sind die Menschen denen wir unter Schmerzen in den Sumpf der Träume gefolgt sind weit über den Punkt hinaus um aufhören zu können. Ein Grabgesang ohne Leichen. Eine Träne für die Lebenden die nie wieder ins Leben finden werden. Ein wunderschöner, ungwöhnlicher, harter wie sensibler und vor allem todtrauriger Film. Unbedingte Empfehlung!

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