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Haben sie das von den Millers gehört? Glauben Sie mir, das ist wesentlich derber als das, was 2009 den bieder - blöden Morgangs zugestoßen ist! Die mussten unter der Regie des italienischen Kannibalenkönigs Umberto Lenzi den "Großangriff der Zombies" bezeugen und in neunzig düster-trashigen Minuten eine Mischung aus The Crazies und Krieg der Welten überleben. OHNE die titelgebenden Zombies, sondern stattdessen von strahlenkranken Amokläufern gejagt: die hier gezeigten Monstren sehen zwar dem herkömmlichen Wiedergänger romero'scher Prägung recht ähnlich (wobei sie optisch auch als die erfolglose Sippe Freddy Kruegers durchgehen könnten), folgen aber einem wesentlich intelligenterem Modus operandi jenseits von Schlurfen, Stöhnen und Fressen: sie nutzen Werkezuge und Waffen, kommunizieren miteinander, wenn auch ausschließlich nonverbal, und planen allerlei Perfides wie z. B. den gezielten Kurzschluss eines Fahrstuhles. Und wenn der kleine Hunger die Strahlemänner zwischen all ihrem Schabernack doch wieder einholt, wird bestenfalls etwas Blut aus den Wunden der Opfer genippt, statt den Gesamtkadaver in einem ungezügelten Fressanfall zu zerreißen.

Die Eheleute Miller haben es nicht leicht: während Journalist Dean (gespielt von Hugo Stiglitz) beim Versuch, den Nuklearphysiker Hagenbeck zu einem Zwangsinterview bezüglich eines Laborstörfalls zu nötigen, seinen Kameramann in einem Massaker durch besagten - mittlerweile durch die radioaktive Strahlung wahnsinnig gewordenen - Forscher nebst mitversuchter Entourage verliert darf Gattin Anna sich in ihrem Job als Ärztin erst mit jammernden Patienten und Stromausfällen rumschlagen, bevor auch ihr Arbeitsplatz von den verstrahlten Wahnsinnigen überfallen wird. In der Nebenhandlung einer geheimen Konferenz zwischen Militärangehörigen und Wissenschaftlern wird uns Zuschauern erklärt, dass die Opfer des Störfalls nun dank der Strahlung schwerer zu töten und im Allgemeinen fitter als der durchschnittliche Homo sapiens sind, deren Blut aber unter eben jener Strahlung zusammenbröselt wie ein alter Keks. Somit müssen die Kaputten auf unfreiwillige Blutspenden zurückgreifen, um zu überleben. Kurzerhand wird die Abrieglung der Stadt beschlossen, auf dass kein neuer Nahrungsnachschub zu den Strahlenkranken durchbricht und diese - den Tod der eingeschlossenen Stadtbewohner vorausgesetzt - auf lange Sicht verhungern mögen. Die Tore fallen ins Schloss, die Jagd und das Buffet sind eröffnet, mögen die Spiele beginnen! Oder so ähnlich. Dean und Anna jedenfalls müssen sich dem knallharten Überlebenskampf in der durchseuchten Stadt stellen...

Für Lenziverhältnisse ist das hier ultralinker Stoff: der Regisseur, der vorher als rechts verschriene Kost bot, welche gerne mal wahlweise die Selbstjustiz- oder die Rassismuskeule schwang, um den geneigten Zuschauer zu unterhalten, ohne dabei Rücksicht auf politisch korrekte Gemüter zu legen, bedient sich hier großzügig der damals vorherrschenden Angst vor dem atomaren Super - GAU, der hier durch wissenschaftliche Unachtsamkeit über unsere Zivilisation hereinbricht. In einer herrlich aufgesetzten Alibiszene, in der Anna und Dean bei schlechtem Kaffee von ihrer Flucht verschnaufen, wird im Dialog zwischen den beiden kein gutes Haar an der damaligen Moderne und der Technik gelassen, zumindest aus Annas Sicht. Auch das Militär, dass in bester Genretradition wieder vorwiegend mit Vertuschungsarbeiten und weniger mit Evakuierungen und Rettungsaktionen beschäftigt ist, kommt im Vergleich zu anderen Lenziwerken recht negativ weg, zumal Dean in seiner Funktion als Journalist den Maulkorb angelegt bekommt (und daraufhin seine Kündigung einreicht). Ein kritischer, geschweige denn politischer Film ist das hier nicht, zumindest nicht im ernstzunehmenden Sinne, aber die Statements innerhalb der neunzigminütigen Handlung sind bei weitem nicht so unangenehm wie das, was sonst so den lenzi'schen Filmkosmos verbal verseucht. Abgesehen von der unangenehmen Ohrfeige, mit der Stiglitz auf die Panikattacke seiner Filmpartnerin reagiert. Nehmen wir uns an der Stelle einen Moment zum angewiderten Augenverdrehen...Fertig? Gut, dann weiter im Text.

Zu etwas erfreulicherem: Der Film weißt kaum Längen auf, was aber keinem klassischen Spannungsbogen geschuldet ist. Vielmehr liegt es an einer Vielfalt teilweise recht eigentümlicher Einfälle, die die Handlung ausfüllen. Ein Beispiel: die Tochter eines Majors darf mitsamt ihrem Verlobten im Urlaub ins Gras beißen, während dieser etwa zeitgleich eine von seiner Frau getöpferte zombieartige Statue kommentiert und eine kleine Kunstdiskussion losbricht, die keinerlei Relevanz für den Restfilm hat, außer mit der Skulptur etwas Foreshadowing auf später auftauchende Verstrahlte zu leisten. besagte Gattin wiederrum darf später von der Nachbarin vor den Mutanten gewarnt feststellen, dass sie vergessen hat, das Kellerfenster vor den Eindringlingen zu verschließen. Anstelle angemessener Panik ist die Zeile der Dame geprägt von der milden Genervtheit einer gelangweilten Hausfrau, die nach dem Hören des regenlastigen Wetterberichtes im Radio feststellen muss, dass sie noch Wäsche im Garten hängen hat. Kleinere Eigentümlichkeiten stellen ein explodierender Röhrenfernseher als Handgranatenersatz, das Verprügeln eines verstrahlten Priesters mit einer übergroßen Altarkerze sowie der Kopfschuss auf die Majorsgattin dar , mit der ihre Ehemann dem Stuntdouble neben der Blutpackung auch gleich die schlecht sitzende Perücke vom Schädel schießen darf. Dem Charme des Filmes tut dies alles kein Abbruch, aber man muss doch zugeben, dass viele dieser Fillerszenen wirken, als hätte sich der dreiköpfige Autorenkader beim Schreiben des Drehbuches ausschließlich von intravenös dargereichtem Espresso ernährt.

Ich habe große Sympathien für diesen linksgrünversifften kleinen Underdog von einem Film: im Fahrwasser der Romeros und Fulcis dieser Welt hatte es dieser Streifen nicht allzu leicht,nicht abzusaufen, geschweige denn wirklich hervorzustechen. Hat man sich dem kleinen nach dem Rausfischen, Aufwärmen und Hochpäppeln mal genauer gewidmet stellt man fest, dass der kleine Scheißer es zwar faustdick hinter den verstrahlten Ohren hat, die Mühe aber mit kurzweiliger Unterhaltung belohnt. Das blutige Schaulaufen der Herren mit den knusprigen Gesichtern hat durchaus was auf dem Kasten. Ganz im Gegensatz zum einzigen echten Zombie - Lenzi, der zehn Jahre später folgen und alte Fans unterwältigen sollte...Hüllen wir den Mantel des Schweigens darüber.

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