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Was man früher lustig fand, muss man ja heute nicht mehr zwangsläufig lustig finden. Genauso verhält es sich mit den Lümmel-Filmen, die seinerzeit zwar ein Millionenpublikum ins Kino trieben und dafür gleich mehrfach mit der Goldenen Leinwand ausgezeichnet wurden, mit dem Abstand von nunmehr rund 50 Jahren aber vor allem eines sind: entsetzlich altbacken.

Der erste Teil „Zur Hölle mit den Paukern“ basiert auf dem gleichnamigen Roman des 2018 verstorbenen Deutsch- und Englischlehrers Herbert Rösler, der aus Sicht des Schülers Pepe Nietnagel einen satirischen Blick auf das deutsche Bildungswesen warf. Franz Seitz, zu dem Zeitpunkt schon Produzent von vier Teilen der „Lausbubengeschichten“ mit Hansi Kraus in der Hauptrolle, wurde auf das Werk aufmerksam und strebte nicht nur eine Verfilmung an, sondern bei Erfolg gleich eine ganze Reihe von weiteren Lümmel-Filmen. So erwarb er das Recht, die im Roman enthaltenen Charaktere auch in zukünftigen Filmstoffen wiederverwerten zu dürfen. Und obwohl (oder vielleicht doch eher: gerade weil?) Seitz, der das Drehbuch unter einem Pseudonym selbst schrieb, die satirischen Elemente der Vorlage fast vollends tilgte und lediglich der klamaukige Generationenkonflikt zwischen in der Vergangenheit feststeckenden Lehrern und aufmüpfigen Schülern blieb, machte sich der Film für ihn bezahlt: Zwischen 1968 und 1972 entstanden insgesamt sieben Teile. Masse statt Klasse – man muss es so deutlich sagen. Denn Nostalgie hin, Nostalgie her – es gibt wenig, was man heute noch loben kann.

Eines der größten Probleme, das ausnahmslos jeder Film der Reihe haben sollte, ist dabei ausgerechnet die Besetzung des Pepe Nietnagel mit Hansi Kraus. Am auffälligsten ist noch sein fetter bayerischer Dialekt. Ansonsten brettert er mit einer bemerkenswerten Hölzernheit durch die Filme, was umso fataler ist, weil er dem Drehbuch nach das sein soll, was man einen schlagfertigen Schüler nennt, der die lustigen Sprüche im Akkord raushaut. Endlos bemüht verhaut Kraus auch die einfachsten Pointen und sieht dabei älter aus als seine erfahrenen Schauspielkollegen (und teilweise sind die wirklich alt).

Auch als stellvertretender Sympathieträger für die aufbegehrende Jugend mag er nicht taugen. Im Gegenteil: Wenn die Lehrerschaft ihm einmal mehr die Hammelbeine lang ziehen will, hat er das verdammt noch mal auch verdient. Selbst die Meinungen seiner Mitschüler, wenn die seine Aktionen denn mal zart hinterfragen, schätzt er fast noch geringer als die der alteingesessenen Lehrer. Mädchen und Frauen bezeichnet er bevorzugt abfällig als Weiber (wörtlich zu seiner Schwester: „Scheiß Weiber! Die lernen das Autofahren nie!“), und spätestens wenn er seinen Vater das dritte Mal mit dessen Vornamen Kurt anredet, möchte man ihm ernsthaft wehtun. Ich hoffe, dass das vorwiegend junge Publikum Pepe seinerzeit weniger als Vorbild betrachtete, sondern sich eher an den Streichen erfreute ...

... die aber ehrlich gesagt im 21. Jahrhundert auch nicht mehr so recht zünden wollen, wenn sie es denn überhaupt tun. Am gelungensten sind in der Hinsicht sicherlich noch Pepes vorgetäuschter Selbstmord gleich zu Beginn, den ich allerdings schon immer als etwas deftig für eine familienfreundliche Komödie empfand, und die von Pepe mit verstellter Stimme des Direktors Taft ausgerufene Gedenkfeier, bei der Taft notgedrungen mitspielt und sich bei seiner Rede mit viel Blabla alle Mühe gibt zu verschleiern, dass er keine Ahnung hat, wessen da eigentlich gedacht werden soll.

Dem stehen allerdings zahlreiche Rohrkrepierer gegenüber, einige sogar derart krachend, dass man gar nicht weiß, was Pepe damit überhaupt bezwecken will. Gerade wenn es darum geht, dem bei der Schülerschaft beliebten Lehrer Dr. Kersten beizustehen, als er beim Direktor in Ungnade fällt, weil er mit dessen Studententochter Helena anbändelt, sind Pepes Gedankengänge arg verwunderlich. Der Bengel gibt im Namen von Taft eine Verlobungsanzeige für die beiden Turteltauben auf – und sorgt damit sogar dafür, dass Kersten suspendiert wird. Kurz darauf spielen er und seine Klassenkameraden Taft einen weiteren endlos komplizierten Streich, indem sie ihm vortäuschen, Helena würde sich mit Kersten in einer Pension zu einem Techtelmechtel treffen, obwohl sich in dem Zimmer in Wirklichkeit die französische Austauschschülerin Geneviève aufhält. Inwiefern Pepe mit diesen Blamagen für den Direktor die Entlassung verhindern will und dem jungen Glück des Paukers mit der Studentin auf die Sprünge helfen soll, erklärt kein Mensch.

Derartige Nachlässigkeiten sind hier aber von vorn bis hinten zu finden, wodurch der Film nicht selten zu einer reinen Nummernrevue verkommt, ohne sich die Mühe zu machen, Zusammenhänge herzustellen. Die Zeit zwischen den Streichen wird mit der obligatorischen überflüssigen Liebelei zwischen Helena und Kersten sowie einer Party im Hause der Nietnagels mit Beatles-Imitatoren, von denen der eine der noch unbekannte Jürgen Drews ist, aufgefüllt, weil die Macher dachten, das wolle das hauptsächlich junge Publikum unbedingt sehen (womit sie ja letzten Endes auch recht hatten).

Ansonsten lernen wir hier bereits die Riege an Lehrkörpern kennen, die auch in den folgenden Teilen noch oft eine Rolle spielen sollten: Neben Theo Lingens Taft sind das vor allem Rudolf Schündler als wandelnder Nervenzusammenbruch Knörz, Balduin Baas als Spickzettelbluthund Blaumeier und Ruth Stephan als Frau Dr. Pollhagen, deren Lieblingsthema die Befruchtung in der Tier- und Pflanzenwelt ist, wenn sie nicht gerade ihre schwache Blase auf die Toilette treibt. Nicht zu vergessen ist Franz Seitz‘ Bruder Hans Terofal, der in allen sieben Teilen seinen Pedell Bloch mit Gummigesicht, zappeliger Gestik und unnachahmlich kurzatmiger Sprechweise so hysterisch anlegt, dass er selbst hier noch heraussticht. Nicht das letzte Mal gesehen haben wir auch Uschi Glas als Pepes selbstbewusste Schwester Marion und Hannelore Elsner als die junge Französin Geneviève, die mit ihrer offenherzigen Art vor allem Papa Nietnagel verzückt, der von Georg Thomalla gespielt wird.

Einige zweideutige Zoten und nicht zuletzt der Gastauftritt des schwedischen Modells Christina Lindberg, die mit ihren Reizen Lehrer Kersten aus dem Konzept bringen soll, deuten bereits die nicht mehr lange auf sich warten lassende, nicht jugendfreie „Schulmädchenreport“-Welle dezent an, aber von Nackteinlagen sollte die betuliche Lümmel-Reihe als harmlose Unterhaltung für anspruchslose Gemüter auch dann noch die Finger lassen, als sich schon heiße Blondinen mit vollem Körpereinsatz auf unschuldige Lehrer stürzten.

Wie sagt Pepe allein viermal in diesem Film direkt in die Kamera? „Man fasst es nicht.“ Ja, man fasst es wirklich nicht, wofür Mama und Papa früher noch in die Kinos liefen. Andererseits: Dann denkt man wiederum daran, dass auch ein Til Schweiger mit ähnlichem Humor lange Zeit ein Millionenpublikum anzog, und schon bin ich ganz ruhig. 4/10.

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