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Die 14jährige Mary Wells wird vergewaltigt und ermordet aufgefunden. Als Täter hat Lieutenant Ingram schnell die Brüder Joel und Ian Aldridge in Verdacht, die zusammen mit ihren Kumpels am Abend zuvor mit und auf dem Mädchen einen drauf gemacht haben. Für Carter Roberts, der auf den Posten als oberster Staatsanwalt spekuliert, scheint die Sache klar zu sein, seine Ehefrau, die erfolglose Anwältin Andrea, findet jedoch heraus, dass Carters Kollegen mit der Polizei kollaboriert haben, um die Anklage zu stützen, weswegen sie den Prozess gegen die Teenager bereits im Vorfeld aufgrund eines Verfahrensfehlers abschmettern kann. Joel und die anderen sind damit aus dem Schneider, weswegen bei den Carters der Haussegen in der Folgezeit auch reichlich schief hängt. Plötzlich werden die vermeintlichen Täter nach und nach tot aufgefunden... versucht da etwa jemand, auf eigene Faust doch noch für Gerechtigkeit zu sorgen? "Im Zweifel für die Angeklagten" ist ein recht abgründiger Krimi, der ein paar moralische und ethische Fragen aufwirft, die durchaus interessanter sind, als die doch eher herkömmliche Thriller-Handlung. Dem Skript von David Schultz gelingt es dabei, bereits von Anfang an mit der Erwartungshaltung des Zuschauers zu spielen, der ebenso wie die Protagonisten immer wieder auf falsche Fährten gelockt und dadurch gezwungen wird, die Angelegenheit ständig zu überdenken und neu zu bewerten. Klar, dass da manches anders läuft, als man sich das zu Beginn noch so gedacht hat. Dank der wendungsreichen Storyline vergibt man dann auch die unspektakuläre Machart im sterilen TV-Film-Stil und den leicht unausgewogenen Mix aus reiner Spannungs-Ware und für meinen Geschmack zu prominent gefeaturtem Anwalts- beziehungsweise Familien-Drama. Gerade jene Szenen, bei denen es im trauten Heim der Carters kracht oder die allzu alltäglichen Problemchen des Ehepaares ("Wie finanziere ich den neuen Landrover?") im Vordergrund stehen, fressen zu viel Zeit, die man besser dafür hätte verwenden sollen, den Mystery-Aspekt der Chose ein wenig mehr zu vertiefen. Für den beinharten Fan bietet der Streifen folglich auch viel zu wenig, obwohl mit David Keith und Michael Ironside zwei beliebte B-Darsteller mit im Cast sind. Deren Anwesenheit rettet das Ganze dann auch über ein paar zu erwartende Durchhänger hinweg, denn wirklich genregerecht wird der Stoff nun nicht gerade angegangen. Regisseur Rick Stevenson schlägt halt kaum Kapital aus der einsetzenden Mordserie und der daraus resultierenden Frage nach dem wahren Täter und selbst die Leichenfunde werden beinahe schon beiläufig und ohne große Schock-Wirkung abgehandelt. Die Auflösung drückt "Im Zweifel für die Angeklagten" (der Titel ist übrigens Programm) noch mal ein wenig in Richtung Rape-and-Revenge-Streifen, ob es wirklich eine "familienfreundliche" Flimmerkisten-Variante von "Ich spuck auf dein Grab" oder "Last House on the Left" gebraucht hätte, bleibt aber mal dahingestellt. Ob einiger inhaltlicher Verwicklungen verliert die Handlung zudem irgendwann ihren Fokus ein wenig aus den Augen, da vergisst man auch, dass es anfänglich mal eigentlich um das tote Mädchen ging. Und dennoch: "Im Zweifel für die Angeklagten" ist trotz der belanglosen DVD-Aufmachung und seiner Fernseh-Verklappung durch die öffentlich Rechtlichen hierzulande keinesfalls verschwendete Zeit.

6/10

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