Nach John Boormans phantastischem „Excalibur“ und Jerry Zuckers romantischem „First Knight“ geht nun Antoine Fuquas („Training Day“) roher „King Arthur“ an den Start, um sich der wohl bekanntesten britischen Sage anzunehmen. In wiefern das Endresultat nun noch seiner Vision entspricht ist fraglich, denn selbst Blockbusterproduzent Jerry Bruckheimer, der letztes Jahr noch eine R-Rated-Produktion ankündigte, musste sich dem Druck Disneys beugen. Der Konzern brauchte nach etlichen Flops Kohle und die wollte er mit „King Arthur“ machen, was dazu führte, dass die Vorgabe noch während der Dreharbeiten gekippt worden ist – eine PG-13-Produktion musste her und das sieht man den Schlachten leider deutlich an. Nachdem Fuqua schon in „Tears of the sun“ von Bruce Willis reingeredet wurde, musste er sich hier erneut dem Druck beugen. Hoffentlich passiert ihm das bei „Tru Blu“ (mit Denzel Washington in der Hauptrolle) nicht erneut. Aus dem „Wild Bunch“ Britanniens wird ein „Soft Bunch“, der trotz der niedrigen Freigabe in Amerika zu DEM Flop des Sommers mutierte. Muss ein eigenartiges Gefühl für Bruckheimer sein, nach Jahren des Erfolgs mal wieder einen Flop produziert zu haben.
Ob und wie korrekt der historische Background um Arthur und seine Jungs ist, kann kaum bewertet werden, denn es gibt zig Versionen dieses Themas. „King Arthur“ kündigt aber in vorangehenden Texttafeln recht großspurig definitiv die authentischste Version zu sein und das weckt Ansprüche beim Publikum, schließlich wird die Sage komplett neu aufgerollt. Nicht aus Britannien selbst stammen die Figuren, sondern aus einem dem römischen Reich einverleibten Land. Lediglich die Namen erinnern noch an die uns bekannte Geschichte.
Antoine Fuqua vermag, obwohl er sämtliche Zauberei und Magie weg lässt, leider nie sein Versprechen einzulösen und das liegt nicht nur an den ihm aufgezwungenen Schnitten. Er ist ein Mann des rohen, harten, trostlosen Actionkinos. Das beweist er auch hier. Britannien ist 400 Jahre nach Christus (dank Farbfilter) ein unwirtliches Stück Land – kalt, nebelig, düster, verregnet, gefährlich. Es hat nichts Phantastisches und Pompöses an sich. Das muss auch Bischof Germanius (Ivano Marescotti) feststellen, als er den Hadrianswall besucht, um Arthur (Clive Owen, „Gosford Park“) und seine Männer Lancelot (Ioan Gruffudd), Tristan (Mads Mikkelsen), Gawain (Joel Edgerton), Galahad (Hugh Dancy), Bors (Ray Winstone) und Dagonet (Ray Stevenson) aus dem Dienst Roms zu entlassen. 15 Jahre haben sie für die römischen Ideale gekämpft, nun ist es Zeit sich eine eigene Existenz aufzubauen. Doch bevor es soweit ist, muss der Bischof erst mal vor einem Angriff der Piken, einem naturverbundenen, hinter dem Wall lebenden, kriegerischen Volk gerettet werden.
Dieses kurze Scharmützel krankt, wie übrigens auch die Endschlacht gegen die Sachsen unter seiner modernen Inszenierung. Seit Ridley Scotts „Gladiator“ scheint sich der Historienfilm fast nur noch negativ zu entwickeln. Mit wackeliger Kamera und vielen Close-Ups wird mitten ins Geschehen gehalten, ohne dass auch nur ein Detail zu erkennen ist. Kameramann Slawomir Idziak („Black Hawk Down“) ist dabei kein Vorwurf zu machen, in den ruhigeren Szenen beweist er sein Können, im Gemetzel durfte er wohl nicht wie er wollte. Das spätere Schwelgen in Winterlandschaft, Nebel und rauchenden Feuern (insbesondere im Finale) sind von surrealistischer Schönheit. Doch streng auf das Rating bedacht, fließt kein Tropfen Blut - da können noch so viele Pfeile im Körper stecken. Gestorben wird im Off, was dann auch der deutlichste Hinweis auf Kürzungen ist. Die Stiche und durch Fleisch schneidenden Klingen sind jeweils immer zu hören, nur zu sehen ist nichts. Man hat den Ton einfach verlagert und blendet aus. Ich erwarte ja kein Blutbad, nur sollte so ein rauer Streifen schon mit der gesunden Härte aufwarten können, die ihm gebührt – so wie etwa „Braveheart“.
Kaum zu glauben, dass das Drehbuch wirklich aus der Feder David Franzonis stammt. Der Mann hat mit seinem Skript zu „Gladiator“ doch gezeigt, dass er spannende Geschichten schreiben kann, hier wird er beziehungsweise seine Arbeit zur größten Schwäche des Films. Fangen wir bei den Figuren an. Ihr Schicksal, mitunter ist es sehr tragisch, vermag kaum emotionell zu berühren. Einer von Arthurs Gefolgsleuten wird sich opfern, aber diese Tat hat keinen Effekt auf den Zuschauer, weil die Figuren nur oberflächlich behandelt werden. Keiner mit dem man sich richtig identifizieren kann, keiner der deutlich aus der Truppe heraussticht. Ich will mit den Jungs mitfiebern und mit ihnen schwitzen, weil ich ihre Ziele teile und nicht gähnend zuschauen. Arthurs Gesinnung wird mal eben, inklusive Excalibur, in einem kurzen, motivationslosen Flashback abgehandelt.
Besonders Tristan, Gawain und Galahad verkommen hier fast zu Statisten, über die man nichts erfährt. Fuqua besetzte seine Figuren größtenteils mit in Amerika unbekannten europäischen Darstellern, die nie ihre Rollen ausfüllen können. Zumindest über Lancelot erfährt man zu Beginn etwas, dann ist auch damit Schluss. Selbst Arthur bleibt unterwickelt und seltsam undurchsichtig. Warum wird nicht mehr von diesen interessanten Männern preisgegeben? Stattdessen versumpft die Konstellation in langweiligen und oft ziellosen Diskussionen um Rom, Religion und Bestimmung oder pseudolustigen Machogehabe um Frau und Kind. Arthur lässt kaum eine Gelegenheit verstreichen, vom tollem Rom zu berichten und in kitschigen Ansprachen Freiheit für jeden Untertan zu propagandieren. Auf die Dauer repetiv, denn ihm fällt nichts Neues ein.
Doch nicht alles an „King Arthur“ ist schlecht. Als Arthur mit seinen Mannen, gezwungen von Germanius, nach Norden, hinter den Wall reitet, um seinen letzten Auftrag, die Rettung einer wichtigen römischen Familie, durchzuführen, landen an Britanniens Küste die Sachsen. Die haben davon Wind bekommen, dass Rom die Insel aufgeben will und sehen nun ihre Chance. Ihr Anführer Cerdic (Stellan Skarsgård, „Exorcist: The Beginning“, „Ronin“) ist die stärkste Figur des Films, von Skarsgård wunderbar fies und gnadenlos verkörpert. Der Mann hat die Aura, die Arthur und seinen Leuten fehlt. (Nur warum opfert er in der Endschlacht erst ein paar Männer, um dann doch volle Kanne in die Falle zu rennen?) Schade, dass er so selten zu sehen ist und sein Sohn Cynric nun ausgerechnet von Til Schweiger („(T)Raumschiff Surprise - Periode 1“, „Lara Croft Tomb Raider: The Cradle of Life“) verkörpert wird. Ich habe nichts gegen den Mann, nur wenn er mit aufgesetztem Finstermannblick (Ich bin so böse...) durch die Botanik stampft, kommt bei mir das große Prusten. Sorry, Herr Schweiger, aber in Filmen in denen ihnen ein Schuss Selbstironie anhaftet, sind sie wesentlich besser aufgehoben.
Als diese „Spezialeinheit des Pre-Mittelalters“ an ihrem Ziel angelangt ist, beginnt sich zumindest Arthurs Denkweise zu verändern. Seine ihm so wichtigen Ideale, seine Liebe zur Religion, gerät ins Wanken, als er sieht, wie die dortigen Untertanen behandelt werden und wie die Religion dort ausgelegt oder missbraucht wird. Nun, viel Zeit bleibt ihm nicht darüber nachzudenken und so wird kurz die heidnische Guinevere (Keira Knightley, „Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl“, „ Bend It Like Beckham“) in einem Verlies aufgegabelt und vor den Sachsen geflüchtet. Ein reichlich später Auftritt für einen den Kern des Kinoposters zierenden Charakter.
Auf der beschwerlichen Reise zurück, darf der geneigte Zuschauer feststellen, dass Frauen damals auch schon ihre Achseln rasierten und harte Männer wie Arthur selbst im Schnee weder Decke noch Feuer brauchen, um nachts in Ruhe zu schlafen. Die Dreiecksbeziehung zwischen Lancelot, Guinevere und Arthur wird zwar kurz angedeutet, aber sofort wieder fallen gelassen. Dafür wird eine Allianz eingegangen, die schließlich zur verlustreichen Endschlacht mit angehängtem, aufgesetzten Happyend führen soll.
Bevor es soweit ist, gibt es aber noch das Highlight des Films zu sehen und das ist die Schlacht auf einem zugefrorenem See. Arthur, seine Männer und Guinevere gegen Cynric und 200 Sachsen. Nicht ganz ungeschickt lockt die kleine Gruppe ihre Feinde auf das bald brüchige Eis, auf das sie einbrechen und ersaufen. Eigenartig wie klasse Fuqua diese Konfrontation hier auf einmal inszeniert - vielleicht lag es daran, dass sich hier eben nur aus der Ferne bekämpft wird und eben kein Schlachtengetümmel statt findet. Pfeile surren durch die Luft, Sachsen klammern sich verzweifelt an Eisschollen und Til schaut grimmig drein, weil er zurückweichen muss.
Wäre „King Arthur“ komplett aus diesem Holz geschnitzt, wäre er ein ganz Großer, so ist er nur ein Kleiner unter vielen. Sein Hauptproblem ist, dass er ewig vor sich hin plätschert und gar nicht mit der Story voran kommt. Die Diskussionen zwischen Arthur und Lancelot und Religion und Pflicht sind peinlich belanglos und uninteressant. Die materialistischen Reden und Ansprachen sind pathetisch. Das muss nicht unbedingt schlecht sein, wenn sie im Film denn funktionieren. Peter Jackson hat vor Minas Tirith vorgemacht, wie sich so was anhören muss. Hier sind sie zum Gähnen, verursachen keine kribbelnde Erwartungshaltung beim Zuschauer, kein Mitfiebern mit den Helden. Arthur redet und palavert von Schicksal und Vorhersehung, aber niemanden interessiert es. Nicht zuletzt weil längst vorhersehbar ist, dass „seine“ Männer, auch wenn sie ihre Freiheit erlangt haben, mit ihm in den letzten Kampf ziehen werden. Dass sie in Britannien längst ihre neue Heimat gefunden haben, wird kaum deutlich gemacht.
Clive Owen ist als Arthur sicher keine Fehlbesetzung, aber viel aus seiner Figur herauszuholen vermag er auch nicht. Weder der Anspruch eines Anführer, noch der eines Denkers und Lenkers wird ihm gerecht. Neben den schon erwähnten Skarsgård und Schweiger, fallen vor allem die schwachen Leistungen von Lancelot und Co auf. Ioan Gruffudd, Mads Mikkelsen, Joel Edgerton, Hugh Dancy, Ray Winstone und Ray Stevenson schaffen es nicht mal ansatzweise ihren Figuren Konturen zu verpassen – man kann sie mitunter sogar schon mal verwechseln. Vielleicht hätte man hier auf erfahrene Schauspieler zurückgreifen sollen. Knightley fristet ein Dasein als kämpferische Amazone, ohne großartig wirken zu können. In „Pirates of the Caribbean: The Curse of the Black Pearl“ konnte sie letztes Jahr viel besser gefallen.
Fazit:
Nach den beiden sehr gelungenen Filmen “Training Day” und “Tears of the sun” ist “King Arthur” für Antoine Fuqua leider ein herber Rückschlag und zwar nicht nur wegen der offensichtlichen Gewaltschnitte. Hans Zimmers Score und Slawomir Idziaks Kameraarbeit sind auf einem hohem Niveau, die Optik ist hübsch dreckig und farblos, nur leider vermag Fuqua nicht viel aus dem schwachen Drehbuch herauszuholen. Bis auf Stellan Skarsgård kann keiner der Akteure richtig überzeugen, der Plot ist schrecklich vorhersehbar, die Dialoge furchtbar belanglos, die Ansprachen pathetisch und die Schlachten, bis auf jene auf dem Eis, schwach inszeniert. Bei mir bleibt da nicht viel hängen, aber diesen bescheuerten Meisterschuss, der den nicht sichtbaren Verräter kurz vor Schluss aus der Baumkrone holt, kröne ich als einen der blödsinnigsten Ideen des Jahres. Mein Fall war es nicht wirklich...