Tom Hanks spielt einen homosexuellen Anwalt, der, nachdem er an AIDS erkrankt ist, mit einem Vorwand aus der Kanzlei entlassen wird. Er entschließt sich, gegen seine ehemaligen Arbeitgeber vor Gericht zu ziehen und holt sich seinen Kollegen Denzel Washington mit ins Boot, der nach anfänglichem Widerstand doch noch zusagt.
Amerika ist bekanntermaßen überaus prüde, umso erstaunlicher ist es, dass man sich nicht nur mit der Homosexualität und nicht ausschließlich mit AIDS beschäftigt, sondern, dass man gleich beides auf einmal thematisiert. Der Ansatz, diesen Aufruf zur Toleranz zu starten ist auf jeden Fall lobenswert und überaus mutig. Der Film wirbt die ganze Zeit über für Verständnis gegenüber den Randgruppen, distanziert sich aber selbst stellenweise ein wenig von seiner Hauptfigur. Ansonsten ist die Story auf jeden Fall gut gestrickt. Neben dem überaus dramatischen und emotionalen Kampf von Hanks um Anerkennung und Toleranz, stellt man auch dar, wie der konservative Anwalt Washington mehr Verständnis für seinen Klienten zu entwickeln beginnt und lässt den Zuschauer hervorragend daran teilhaben. Die eigentliche Verhandlung ist relativ realistisch gemacht und enthält einige geschickte Wendungen, wobei das Ende dann doch leider ein bisschen zu vorsehbar ist. Darüber hinaus wird auch die Beziehung von Hanks und seinem Freund, gespielt von Antonio Banderas, genauer dargestellt. Alles in allem ein gelungener Aufruf zur Toleranz.
Auch wenn die Story ohne Frage gut ist, hätte sie vermutlich nicht ganz gereicht, um den ganzen Film voll auszufüllen, ohne dass er langweilig wird, aber genau hier kommt der hervorragende Cast ins Spiel. "Philadelphia" ist ein Film, der über weite Strecken von seinen überragenden Darstellern lebt, die die emotionale Handlung hervorragend umsetzen und die Gefühle so echt wirken lassen, dass Regisseur Jonathan Demme nicht einmal künstlich auf die Tränendrüse drücken muss. Tom Hanks zeigt nach Rollen in diversen Komödien wie "Schlappe Bullen beißen nicht" oder "Big" erstmals, dass er zur absoluten schauspielerischen Weltelite gehört und beeindruckt in seiner emotionalen Rolle als AIDS-Kranker Homosexueller und verdient seinen ersten Oscar redlich. Mit "Der Soldat James Ryan", "Forrest Gump" oder "Cast away" stellte er auch später unter Beweis, dass "Philadelphia" kein Glückstreffer war. Denzel Washington kommt zwar bei Weitem nicht an die überragende Leistung seines Kollegen heran, spielt aber dennoch sehr gut und präsentiert sich nach "Glory" und "Malcom X" gewohnt stark. Antonio Banderas begeht einen ja schon beinahe einen Stilbruch, indem der Schönling und Frauenheld die Rolle des homosexuellen Liebhabers übernimmt, wobei ich ihm dies hoch anrechne, da auch seine Darstellung und seine Botschaft überaus ehrlich rüberkommt.
Nach "Das Schweigen der Lämmer" setzt Regisseur Jonathan Demme auch "Philadelphia" virtuos in Szene. Die Filmmusik ist entsprechend melancholisch und betont damit die überaus gefühlvolle, beinahe dramatische Atmosphäre, die Demme den ganzen Film über aufrechterhalten kann. Die Kulisse von Philadelphia, das ja eine Art Leitmotiv des Films ist, setzt er hervorragend in Szene. Vor allem beim langen Verfahren zeigt er seine Routine. Er lässt sich Zeit, die verschiedensten Zeugen aussagen, so z.B. die konservativen Vorstandsmitglieder, die Hanks entlassen haben, aber auch andere Homosexuelle und AIDS-Kranke, wobei positiv anzumerken wäre, dass sie nicht alle unter einen Teppich gekehrt werden. Dennoch kann Demme das Tempo so schnell halten, dass der Film überaus unterhaltsam, spannend und dramatisch bleibt, sodass man als Zuschauer auch in Hinsicht auf den Unterhaltungswert voll auf seine Kosten kommt. Leider arbeitet er dabei zu offensichtlich auf sein vorhersehbares Ende zu, dass aufgrund dieser Vorhersehbarkeit nicht ganz so emotional wird, wie es hätte wirken können und nicht ganz die verstörende Wirkung erreicht, die ich mir persönlich erhofft hätte. Denn, je schockierender der Film geworden wäre, desto mehr hätte er bewegen können. Dennoch ist die Umsetzung bis auf ein paar kleinere Fehler virtuos und routiniert.
Fazit:
Mit einer guten Story und einer virtuosen Umsetzung präsentiert Jonathan Demme dem überaus prüden Amerika seinen bewegenden Aufruf zur Toleranz, der einerseits die gesellschaftlichen Missstände analysiert, andererseits aber auch gut unterhalten kann. Der Film lebt dabei vor allem von seinen überragenden Darstellern, wobei vor allem Tom Hanks mit seiner packenden und eindringlichen schauspielerischen Leistung glänzen kann. Kleinere Abzüge gibt es, weil die letzte Konsequenz und die verstörende Wirkung teilweise ausbleiben und das Ende dann doch ein bisschen zu vorhersehbar ist. Ansonsten: Unbedingt ansehen!