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Selten hat ein Film mich so in den Bann gezogen wie 'Der letzte Tango in Paris'. Bernardo Bertolucci inszenierte dieses eigentümliche und tiefgehende Drama, das in seiner Art und Weise, gleichwie in seiner Intensität 1972 als Skandalfilm abgestempelt wurde. Heute herrschen andere Zeiten; ein wahnsinniges Kammerspiel bleibt dennoch.
Mit Marlon Brando und Maria Schneider in den Hauptrollen wurden die perfekten Kandidaten gefunden. Marlon Brando als der alternde Amerikaner Paul, trifft in einer leerstehenden Wohnung auf die junge Jeanne (Maria Schneider), die kurz vor einer Heirat steht, sich aber dennoch unsicher fühlt. Zusammen leben beide ihre sexuellen Fantasien aus und erzählen eindringlich von ihren Gedanken und Ängsten. Die Differenzen zwischen den beiden werden mal mehr, mal weniger wichtig interpretiert, sorgen aber für ein unvereintes Ende.

Nun, die Darstellungsweise des Dramas ist, gemäß Bertolucci, sehr intensiv und fördert immer die Stimmungslage der Charaktere. Da sei nur die Erzählung von Marlon Brando, wobei die Kamera durchgehend für mehrere Minuten ein Close-Up auf sein Gesicht zeigt. Mit Marlon Brando als Top-Darsteller und gerade richtig in dieser Rolle kommen die Gedankengänge sehr erinnerungswürdig und eingehend rüber. Trotz der langsamen Inszenierung bleibt man immer im Bann der beiden.
Paul's teils recht derben Fantasien, bei denen, so denkt man, er nur drauf gewartet hat, diese mal laut aussprechen zu können, wird es Jeanne manchmal durchaus unwohl, trotzdem fühlt sie sich von Paul angezogen, da sie sich selbst in einer Phase der Unsicherheit und des Experimentierens befindet. Die beiden tragen gleichzeitig ihre Konflikte aus und kombinieren sie mit ihrem Sexleben.

So kommen auch die ziemlich graphischen Erotikszenen zustande. Sehr ausgiebig, facettenreich und eindringlich filmt Bertolucci die Fantasien der beiden. Da brauch es kein großes Kamera-Movement und auch keine Aufregung; ruhige Musik und ein anspruchsvolles Bild reichen da allemal aus, um die Szenen in das Gehirn des Zuschauers zu meißeln. Wenn es richtig zur Sache geht, dann lebt der Außenstehende mit. Und wenn dann wieder die beiden lange miteinander reden, hat man das Feeling um die beiden zu verstehen und ihr Handeln nachzuvollziehen.

Da ist selbst in der stattlichen Länge von 130 Minuten keine Sekunde verschwendet. Zum Abschluss eine grandiose Szene in einer Pariser Bar, wo es dann auch zum titelgebenden letzten Tango kommt (mit mehr oder weniger stabilen Beinen)..

Dass Marlon Brando ein Ausnahmeschauspieler ist, stellt er wieder einmal unter Beweis. Ein Jahr zuvor noch im Mafiaepos 'Der Pate' dabei, schafft er es hier die ruhigen und energischen und wütenden Seiten Pauls zu verbinden. In einem dialoglastigen Film schafft es Brando immer, den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen, ja selbst die Leidenschaft verkörpert er perfekt.
Ein weiteres großes Lob geht an die damals sehr junge Maria Schneider, die wirklich sehr mutig und offen spielt. man fühlt richtig mit ihr; man kann mit ihr weinen, mit ihr lachen und mit ihr vor Schmerz das Gesicht verziehen. Die Performance reicht auch wieder vom niedlichen bis zum traurigen, wobei sie die komplette Skala vollkommen überzeugend ausfüllt.

Was macht 'Der letzte Tango' nun zusammenfassend zu einem einmaligen Drama? Es ist das Zusammenspiel der Schauspielerin in einer im Grunde gradlinigen Story. Diese kann jedoch mit so einer Umsetzung gleichzeitig düster und brilliant sein. Das reicht vom Wunderschönen bis gar zum Augen zuhalten. Emotion und Leidenschaft sowie ein ungeheurer Anspruch in den Dialogen machen 'Der letzte Tango in Paris' so eigenartig. Der Film trägt einfach die Handschrift Bertoluccis.

Ein unglaublicher Marlon Brando und eine mutige Maria Schneider tanzen im Film dann doch noch. Auch wenn Brando beschwippst und Schneider verzweifelt ist, gelingt das. Die Musik ist im gesamten Film so melancholisch, dass man mitgenommen wird in die ach so zerrüttete Welt der beiden Hauptfiguren.
Perfekt inszeniert mit unglaublich eindringlicher Kameraarbeit, die die anspruchsvollen Dialoge zu einem ganz großen Werk komponieren. Brando vollbringt eine großartige Leistung, und auch Maria Schneider spielt so unbekümmert wie dramatisch. Bertolucci hat es geschafft, den Film mit provokanten Szenen zu einem anspruchsvollen Erotik-Drama zu verschmelzen.
Selten hat mich ein Drama derart berührt. Ganz großes, intensives Kino.

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