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Die Unterscheidung zwischen Kunst und Schund, Meisterwerk und Travestie zählt zu den grundlegenden Problemen mit denen Kunsthistoriker und Besucher einer Ausstellung oder eines Bühnenstücks zu kämpfen haben. Kann man beispielsweise die in den 60er Jahren entstandene Stilrichtung des Wiener Aktionismus mit seiner Pervertierung der Performance-Kunst als Kunst begreifen oder ist es mit der Zurschaustellung von Tierkadavern und Leichen schlicht eine abartige Scheußlichkeit und Angriff auf den guten Geschmack? Häufig stellten sich solche Fragen. Auch in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, als das in England bis dahin geltende Schauspielverbot für Frauen aufgehoben wurde. Heute, in unserer emanzipierten, liberalen Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, wurde diese neue Regelung damals von den männlichen Schauspielern, die die Frauenrollen spielten, scharf kritisiert mit dem Argument, wo denn da die Kunst sei, wenn eine Frau eine Frau spiele.

Und hier setzt nun „Stage Beauty" von „Tagebuch eines Skandals"-Regisseur Richard Eyre an, indem er exemplarisch die Geschichte einer absteigenden Schauspielerkarriere erzählt. Der bisexuelle Theaterschauspieler Ned Kynaston (Billy Crudup, „Big Fish") glänzt stets mit seiner Verkörperung der Desdemona aus „Othello" und erntet dafür frenetischen Applaus vom Publikum. Sein nahezu perfektes Schauspiel suggeriert den Eindruck, als sei er tatsächlich eine Frau. Doch als Kynaston sich dann weigert, seine Rolle aufzugeben sowie mit Frauen zu spielen und König Charles II. (Rupert Everett) beschließt, ein Gesetz zu erlassen, bei dem Frauenrollen nur noch von Frauen gespielt werden dürfen, scheint seine Karriere beendet. Zumal seine Assistentin Maria (Claire Danes, „The Hours") ihm seine Rolle streitig zu machen scheint...

Angesichts der Nähe zum Theater des 17. Jahrhunderts und der pompösen Ausstattung werden bei „Stage Beauty" nahezu zwangsläufig Assoziationen mit „Shakespeare in Love" wach. Und ähnlich dem oscarprämierten Werk von John Madden gelingt es auch Richard Eyre ein Stück Geschichte leicht und humorvoll ohne einschläfernde Züge eines Epos zu inszenieren. Der Frauenrollen ausfüllende Ned Kynaston, die Hauptfigur, wird präsentiert einerseits als ein androgynes Wesen, welches sich auch im Liebesleben eher einer passiven,  homosexuellen Neigung hingibt, andererseits als Chauvinist, der Frauen unterdrücken will. Auf dieser zweiten Ebene fungiert „Stage Beauty" auch als Parabel auf den Kunstbetrieb, die zeitgenössischen Gepflogenheiten von einem Theater, dass aufgrund zunehmenden Drucks aus der Bevölkerung eine Reformierung benötigt. Die eingestreute, angedeutete Liebesgeschichte zwischen Kynaston und Maria hingegen verläuft etwas im Sand, wird aber durch die exquisite Optik in bernsteinfarben sowie einer äußerst packenden „Othello"-Inszenierung am Ende wett gemacht.

Fazit: Lockerleichtes, aber auch kritisches Stück Zeit- und Theatergeschichte, welches im Subtext durch Fragen nach dem (Performance-)Kunstbegriff und Immersion in Schauspielrollen durch Intelligenz überzeugt. Die teilweise auf ein Zwei-Personenstück reduzierte Inszenierung von „Stage Beauty" verzeiht man aufgrund eines eindrucksvollen Bilderbogens einer vergangenen Epoche und engagiert aufspielenden Darstellern gern.        

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