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RUSH, die kunterbunte Fundgrube aus dem Jahr 1983, spielt in einer fernen und trostlosen Zukunft, also wahrscheinlich im Jetzt. Um Geld und Zeit durch unnötig lange Einleitungen zu sparen, erklärt uns eine sympathische Off-Stimme zu Beginn schon mal den gesamten Film. O-Ton: “Eine große Katastrophe hat die Erde verwüstet. Der Tod hielt reiche Ernte. Die Überlebenden vegetieren dahin, kämpfen verzweifelt um ihre Existenz und ihre Freiheit. Denn die neue sogenannte ’Weltregierung’ besteht aus einer Clique skrupelloser Banditen. Schwerbewaffnet machen sie Jagd auf Männer und Frauen und stecken sie in Arbeitslager. Dort wird Rauschgift angebaut, das zweimal wöchentlich verteilt wird und alle nehmen müssen...“

Und so beschleicht den Zuschauer schon früh die Befürchtung, das Italiens einzige Kiesgrube (welche im Übrigen die Apokalypse perfekt illustriert), der Hintergrund für viele Filmminuten bleiben wird. Die Kamera immer schön von Oben, da sich die Illusion eines zerstörten Planeten spätestens am Grünstreifen in Staunen verwandeln würde, machen wir sehr schnell Bekanntschaft mit unserem Helden. Jener springt aus dem Nichts in das Geschehen und sorgt mit seinem ersten Auftritt für die wahrscheinlich skurrilste Szene des Streifens. Er teilt nämlich sein letztes Trinkwasser mit etwas selbst Gepflanzten. Da dieses dürftige Pflänzchen aber aller Voraussicht nach deutlich im Parkverbot steht, wird Rush auch sehr bald von einem sehr böse ausschauenden Beamten des Ordnungsamtes attackiert.

Der Boden, das Wasser und die Luft sind verseucht, deshalb ist es strengstens verboten (das macht Sinn) Grün anzupflanzen. Die unwirtliche Umgebung scheint aber zumindest für unseren Protagonisten wie geschaffen. In einer Szene wird Rush von seinem Folterer Gordon Mitchell gefragt (O-Ton): “Warum siehst du nicht so abgerissen aus wie die anderen?!” Antwort: “Weiß nicht, hab eben Glück gehabt!” Mitchell gibt seinen ewigen grimmigen Maximo Leader und versprüht mal wieder so viel Charme wie ein zurück gewiesener Jörg Kachelmann.

Die Fleisch gewordene Sollbruchstelle Bruno Minniti, hat von all seinen schönen schlechten Filmen, mit Rush seinen schlecht schönsten gedreht. Die größte Stärke des Werkes ist, dass er sich selbst ernst nimmt. Da dieser Trumpf ständig ausgespielt wird, verträgt sich das ausgezeichnet mit dem Faktor Spaß. Allerdings schweift am Ende des Streifens ein viel sagendes Lächeln von Bruno Minniti in die Kamera. Welches alles oder einfach auch nur ‘verarscht’ bedeuten könnte.

Die aus anderen Werken entliehene Musik Francesco De Masis, kann die billigst erstellten und hanebüchenen Locations nicht wirklich besser machen. Fast 70 Prozent der Handlung Fuhrwerken die Darsteller in einem Gewächshaus respektive in einem Klärwerk umher! In der Gewächsanlage werden die letzten Überlebenden der nuklearen Katastrophe (sozusagen gegen ihren ausdrücklichen Wunsch) festgehalten und müssen (Achtung!) Blümchen züchten. Aus diesen Pflanzen wird eine Droge gewonnen, die wiederum dazu dient die Festgehaltenen bei Laune zu halten. Wer jetzt nichts verstanden hat, liegt genau richtig.

Die restliche Zeit füllt Tonino Ricci damit, seinen Hauptdarsteller unglaubliche Actionchoreographien in Szene setzten zu lassen. Etliche Komparsen werden auf übliche und sehr oft auch auf unbeholfene Art ins Jenseits befördert.

Die gekonnt zusammen getüftelten Schwachheiten, können nur in einem wohlwollenden Resümee enden. RUSH ist die Subsumierung des Billigkinos und gleichzeitig der Beweis das kostengünstig charmant sein darf. Ich würde mir wünschen, dass Armin Müller-Stahl in seinem nächsten Leben als Komparse in Tonino Ricci- Filmen wieder geboren wird.

Michael Cholhas

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