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Der Mörder ist immer der Gärtner

Zwei Jahre nach Serien-Slasher Jason Voorhees‘ erfolgreicher Wiederbelebung als Zombie mit übermenschlichen Kräften kam im Jahre 1988 der mittlerweile siebte Teil der Reihe, „Jason im Blutrausch“, in die Kinos, entstanden unter der Regie John Carl Buechlers, der zuvor bereits für „Herrscher der Hölle“ und „Troll“ im Horror-Genre aktiv war. Zwischen beiden „Freitagen“ lagen Schlitzerfilme wie „Die Todesparty“, der karikierende „Return to Horror High“, der fulminante dritte Auftritt Freddy Kruegers und die italienischen Beiträge „Body Count“ und „Stage Fright“. Das übernatürliche Element der Zombifizierung Jasons wurde verstärkt durch seine Gegenspielerin in diesem Teil, die telekinetisch veranlagte Tina Shepard (Lar Park-Lincoln, „House II – Das Unerwartete“), deren Rollenname als Reminiszenz an John Shepherd, den Darsteller Tommy Jarvis‘ aus Teil 5, zu verstehen ist.

Als Kind floh Tina vor ihrem gewalttätigen Vater an den Crystal Lake, wo sie ihn mittels ihrer telekinetischen Fähigkeiten ungewollt ums Leben brachte. Geplagt von tiefsitzenden Schuldgefühlen und dem nicht verarbeiteten Trauma kehrt sie im Rahmen ihrer Therapie mit ihrem Psychiater Dr. Crews (Terry Kiser, „Die Nacht der Schreie“) und ihrer Mutter Armanda (Susan Blu, „Killer Kid“) an den Ort des Geschehens zurück. Da sie ihre in Zuständen starker emotionaler Erregung auftretenden Telekinese-Anfälle nicht kontrollieren kann, befreit sie den am Grund des Sees angeketteten untoten Massenmörder Jason Voorhees (Kane Hodder, „Wishmaster“), indem sie versehentlich seine Ketten sprengt. Jason ist wieder aktiv und hat es zunächst einmal auf die jugendlichen Gäste einer Geburtstagsparty abgesehen…

Auch diese Fortsetzung beginnt mit Szenen vorausgegangener „Freitag der 13.“-Filme, ein Sprecher aus dem Off liefert Erklärungen. Tina erleidet einen ihrer Alpträume hinsichtlich des Tods ihres Vaters, der ebenfalls als Rückblende dient. Mit Jasons Befreiung beginnt der neue Mörderreigen; Jason stapft eindrucksvoll aus dem Wasser und Tina fällt in Ohnmacht. Als sie wieder Herrin ihrer Sinne ist, besucht sie zusammen mit dem netten Jungen Nick (Kevin Spirtas, „Im Todestal der Wölfe“) die Geburtstagsparty, während Jason das erste sich fleischlichen Gelüsten hingebende Pärchen meuchelt. Auf der Party bekommt sie Visionen von Jasons Morden und sucht erschrocken das Weite. Die Charaktere sind hier klar umrissen; selten war der Großteil der Jugendlichen derart eindeutig Jasons Machetenfutter, sodass sie in ihrer Klischeehaftigkeit lediglich grob skizziert denn charakterisiert wurden. Anders verhält es sich bei den für den Film bedeutenderen Rollen: Mit der unzweideutig von Stephen Kings respektive Brian De Palmas „Carrie“ inspirierten Tina stellt man Jason eine starke, erstmals selbst über übernatürliche Fähigkeiten verfügende Gegnerin gegenüber, die in der Lage ist, ihm ordentlich Paroli zu bieten. Nick, der mit ihr anbändelt, ist ein (für einen Film dieses Subgenres) angenehm mehrdimensional konzipierter Charakter, der sowohl vom unbedarften Party-Teenie als auch vom integren, einfühlsamen und sympathischen Gegenentwurf zur oberflächlichen Bums- und Kiff-Party-Klientel etwas an sich hat. Tinas Mutter ist die gütige, besorgte Witwe, die für ihre Tochter nur das Beste will, doch genau wie Tina auf den schmierigen Dr. Crews hereinfällt, der ein falsches Spiel treibt.

Diesem obliegt es schließlich auch, die Leichen im Wald zu finden, die von Jason kurioserweise diesmal u.a. mit allerlei Gartengerät sowie einer Tröte (!) dahingerafft wurden und werden. Trotz origineller Waffenwahl geht die ganze Chose relativ unblutig vonstatten, denn fürs R-Rating wurden die anscheinend ziemlich splatterigen Spezialeffekte leider massiv kastriert. Generell betrieb man diesmal viel grafischen Aufwand, so sah Jason nie so großartig aus wie hier: Faulig und modrig, in zerfetzten Klamotten, die einen Blick auf seine zum Teil freiliegende Wirbelsäule gestatten. Unter der Maske steckt erstmals der bullige, hochgewachsene Stuntman Kane Hodder, der zu dem Jason-Darsteller schlechthin avancierte und das „Muttersöhnchen“ auch in den darauffolgenden drei Teilen spielen sollte. Nicht zwingend nötig gehabt hätte Buechler, wiederkehrend auf billige Effekthascherei zurückzugreifen und trotz offensichtlich trockenen Wetters bei Auftritten Jasons Gewitterblitze zucken und in Suspense-Szenen Donner grummeln zu lassen. Evtl. wären Jasons unmittelbare Auswirkungen auf das Wetter aber auch einmal einer eigenen Analyse wert… Wenig zu analysieren gibt es beim Sleaze-Faktor, denn Tina bleibt „anständig“ und hat wahrlich andere Sorgen als ihre sexuelle Libido, der Rest treibt’s munter miteinander, doch die Kamera bleibt (bzw. die Schauspielerinnen bleiben) keusch, lediglich Elizabeth Kaitan („Jäger der verschollenen Galaxie“) bietet offen ihre Auslagen feil. Und das macht überhaupt nichts, denn Buechlers Beitrag zur Reihe ist böser und ernster als die beiden zuvor, so dass die üblichen Nackedei-Spielchen des Jungvolks hier fehl am Platze wären. Albernen Klamauk sparte man konsequent aus, lediglich die schwarzhumorige Essenz des Treibens Jasons blieb erhalten.

Dieser knöpft sich schließlich auch die Erwachsenenwelt vor und um das Finale einzuläuten, erinnerte man sich daran, dass es mit Dr. Crews Leichenfunden noch nicht getan sein kann, so dass man stilecht den Genrekonventionen genügend Final Girl Tina in den Wald zur Leichenbeschau schickt, woraufhin der große Showdown entbrennt – im wahrsten Sinne des Wortes, denn Tina gelingt es, ihre telekinetischen Kräfte gegen den Unhold einzusetzen, der erst demaskiert und im Anschluss angezündet und in die Luft gesprengt wird, aber immer noch lebt. Nun ist guter Rat teuer und anscheinend wusste man sich in Sachen Drehbuch nicht besser zu helfen, als sich einer äußerst fragwürdigen Pointe zu behelfen (Achtung, Spoiler!): Tina reanimiert ihren toten Vater, der Jason zurück in den Crystal Lake zieht. Wie auch immer das per Telekinese möglich sein soll... Damit wird „Freitag der 13. VII – Jason im Blutrausch“ endgültig hanebüchen, nachdem ich mich bereits mit der Idee der Telekinese in einem solchen Film nicht so ganz anfreunden konnte. Dies ist ebenso ein Wermutstropfen wie die Sünde des rabiaten Zensurschnitts, denn bis heute ist keine Unrated-Fassung in Sicht. Ansonsten aber weiß der siebte „Freitag“, der gemäß logischen Zeitstrahls ebenfalls in der Zukunft der 1990er spielt (und dies ebenso wenig thematisiert oder sich ansehen lässt wie die vorherigen beiden Teile), gut zu gefallen und wirkt mit viel Leidenschaft inszeniert, bisweilen ebenso geschauspielert und die Möglichkeiten des neuen Zombie-Jasons prima ausschöpfend. Dieser kann hier übrigens gern als Brachial-Metapher auf verdrängte Schuldgefühle und ihre destruktive Wirkung verstanden werden. Ein wahrlich solider Abschluss des Backwood-Sujets der Reihe, denn im nächsten Film verschlägt es Jason nach New York. Aber das ist ein anderes Kapitel...

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