Als Yang Rui [ Yunlong Lin ] durch einen Bekannten auf eine aussergewöhnliche Frau in der örtlichen Taek Kwon Do Schule aufmerksam gemacht wird, will er sich selber überzeugen und meldet sich dort an. An Xin [ Vicky Zhao ], die dort als Mädchen für alles arbeitet, sticht ihm auch sofort heraus und er startet mehrere Versuche, sie einzuladen oder sonst wie anzusprechen. Doch diese reagiert nicht. Beide sind unbeeindruckt von dem Verhalten des anderen; je mehr sie ablehnt, desto mehr will er sie.
Da erfährt er ihre wahre Geschichte.
An Xin ist eigentlich Polizistin in der kleinen Grenzstadt Nande, wo die bevorzugten Schmugglerwege für Drogenhandel liegen. Sie liebt den Journalisten Zhang Tiejun [ Chen Jianbin ], der allerdings nur einmal im Monat nach einer achtstündigen Zugfahrt bei ihr sein kann. Auch deswegen hat sie eine kurze, stürmische Affäre mit dem Einheimischen Mao Jie [ Nicholas Tse ], der sich später als Drogendealer entpuppt und einen Prozess in Gang setzt, der kein erlösendes Ende findet.
Regisseurin Ann Hui bricht die Chronologie des Geschehens und erzählt in einer grossen Rückblende von An Xin’s Vorgeschichte, die zusammen mit der später noch zusammenlaufenden Handlung von Yang Rui das Leben einer Frau zwischen drei Männern ergibt.
Anfangs aufgestellte Fragen werden detailliert in ruhiger Weise beantwortet; das Genre setzt bei einer Liebesgeschichte an und wandelt sich über die erklärten Hinweise zu einer dramatischen Tragödie um, wobei Elemente des Polizeithrillers angerissen werden. Eine einheitliche Richtung wird dabei aber nicht vorgegeben, der Grundton kann sich durchaus in den verschiedenen Szenen ändern. Tempo- und Stimmungswechsel werden aber nie so abrupt umgestaltet, dass man die Sichtweise ändern muss oder dass einzelne Szenen aussen vorstehen.
Da die Erzählung von An Xin den Zuhörer Yang Rui später aktiv mit einbindet und auch auf ihn entschieden zurückkommt, ist Goddess of Mercy trotz des langen Rückblicks kein Film über eine abgeschlossene Vergangenheit. Sondern ein Film über die Menschen mit der Vergangenheit, die nicht einfach vergessen und abgeschlossen werden kann; der Schlussstrich kann hier nicht ohne tödliche Konsequenzen gezogen werden.
"Only after death can we find life."
Die Regisseurin hat keine Mühe, die verschiedenen Voraussetzungen und Ursachen mit den Folgen in allgemeine, zweckmässige Strukturen zu bringen, arbeitet dabei aber auch mit vorhersehbaren Standards und bekannten Storypfaden sowie sogar einigen zufälligen Übertreibungen. Es wird keine eigene, überraschende Logik entwickelt, auch die Figuren sind relativ klar umrissen. Die Männlichen geben in universal angelegten Entwürfen einen festen Gegenpart zu An Xin und stellen jeweils drei grundverschiedene Charaktere dar, die dann auch ihre jeweilige Rolle als Frau, Mutter und Polizistin bestimmen.
Die Ausweglosigkeit der Liebe hat allen gemeinsam; die Geschichte konstruiert ein vernetztes Ursache/Wirkung - Puzzle, dass sich in den entscheidenden Momenten darauf verlagert, ohne sich prätentiös oder überinszeniert zu geben.
Das wirkliche Empfinden dieser Leidenschaft wird aber nicht spürbar; was einerseits daran liegt, dass die immer wieder aufbrechende Thrillerhandlung zu kühl ist und auch mit gut eingesetztem Suspense einen Teil dieser Kraft abzieht. Und anderseits die Analogie und Hinführung zur chinesischen Bodhisattva Guan yin, der „Göttin der Barmherzigkeit“ zu gross und gestellt ist; hierbei wird es zu aufwendig projiziert.
Die Bildsprache ist einfach und für das Setting der Provinz auch konsequent, es wird zudem sehr gut mit den unberührten Weiten der Landschaften gearbeitet; sowieso sieht der Film so stilistisch rein aus, wie man es sich angesichts der Vorgaben vorstellt.
Inhaltlich hätte man vielleicht etwas mehr erwarten können.