Review

Ich bin wirklich einer der Letzten, der Hollywood für seine oberflächlichen, inhaltslosen Unterhaltungsfilme verdammt, aber manchmal werden dort Filme vom Stapel gelassen, die in Pathos und Kitsch ersaufen. Diese Machwerke sind dann kaum noch zu ertragen, weil sie so dick Klischees auftragen und vehement die Realität für sich in Anspruch nehmen, dass ihnen der Heiligenschein zu eng wird.
„Men of Honor“, der Titel verspricht schon mal einiges in dieser Richtung, erscheint gleich doppelt negativ, weil man sich auf eine historische Figur stürzt, der hier ein filmisches Denkmal gesetzt werden soll. Ich bezweifele allerdings, dass der Film letztlich, bis auf das Schicksal von Carl Brashear, noch viel mit dessen Leben zu tun hat, wurde dafür aber davon überzeugt, dass Robert De Niro („Heat“, „Meet the Fockers“) nach „Ronin“ abseits der beiden Focker-Komödien mit seiner Rollenwahl seinem ehemals gutem Ruf nur noch schadet.

Cuba Gooding Jr. sucht seit „Jerry Maguire” nach der richtigen Rolle und soll sie auch hier nicht finden. Da dran ist aber nicht er, sondern der Film schuld. Sein Carl Brashear ist der Sohn eines einfachen Farmers, der in der Jugend mit ansehen muss, wie sein Vater für einen Hungerlohn fremde Felder bestellen muss. Der einzige Weg aus dem Elend, der ihm von seinem Vater eindrücklich gewiesen wurde, scheint das Militär zu sein. Doch Schwarze sind in der NAVY nicht gern gesehen und so verdingt er sich zunächst in der Kombüse. Dem Rassismus zum Trotz beweist er sich als Schwimmer, worauf ihn Captain Pullman (Powers Boothe, „Southern Comfort“, „Sudden Death“) zum Rettungsschwimmer befördert. Als er bei einem Helikopterabsturz die wagemutigen Taucher beobachtet, scheint für ihn der Traumjob gefunden. Doch noch gibt es keine schwarze Taucher in der Navy.

„Men of Honor“ ist in so ziemlich jeder Beziehung widerwertig. Da wäre zum einen Carl Brashear, der mit seinem unbändigen Willen Taucher zu werden, sich allgegenwärtigen Rassismus ausgesetzt sieht, dem aber so stolz und aufrecht entgegenblickt, als könnte allein sein Willen ihn immunisieren. Bis auf die so typische Ausnahme Snowhill (Michael Rapaport, „Metro“, „The 6th Day“), die dann selbst gemobbt wird, sind alle gegen ihn. Von seinen weißen Kameraden, dem alten Ausbildungslagerkommandanten, ein verbohrtes Relikt aus dem 2. Weltkrieg, bis hin zu seinem Ausbilder Master Chief Leslie Sunday (De Niro), dessen letzter Tauchgang ihn erst zu seinen Karrieretraum anstachelte, wollen alle das er abbricht und nicht besteht. Sie mobben, schikanieren und beleidigen ihn, doch nichts kann diesen stolzen Gutmenschen Snowhill, der während der Ausbildung auch einen Kameraden rettet, zum Aufgeben bewegen. Der Wille und sein Empfinden entgegen aller Vorurteile das Richtige tun zu müssen, tropfen Cuba Gooding Jr. dabei aus jeder Pore. Schnell ist er auf einen Konflikt mit seinem verbitterten Ausbilder Sunday, der selbst nicht mehr tauchen darf, weil er wagemutig einem Kameraden das Leben rettete und dabei irreparabel seine Lungen beschädigte und später, genau wie seine Frau Gwen (Charlize Theron, „Reindeer Games“, „Trapped“), zu oft und tief ins Glas schaute.
Neben der obligatorischen Romanze, trifft er natürlich, als dann die Abschlussprüfung ansteht, auch auf unüberwindbare Hindernisse, die von ihm mit seinem Willen bezwungen werden, so dass er sogar erstaunte Blicke der engstirnigsten Rassisten erntet, die ihn von nun an respektieren. Hier hätte auch eigentlich Schluss sein können, aber Regisseur George Tillman Jr. („Soul Food“) hatte wohl nicht genug und spendiert obendrauf noch eine Extraportion Invalidendrama, bei dem zwei Feinde zusammenfinden, weil das Tauchen sie verbindet.

Nicht nur Cuba Gooding Jr. sondern auch Robert De Niro wird mit seiner vor Klischees strotzenden Rolle gestraft, obwohl er nichts verbrochen hätte, das diese Rolle rechtfertigen würde. Allein seine Ansprachen, die verbrämten Ansichten und sein seit der Kindheit schwellender Rassismus sind so penetrant formuliert, als würde es darum gehen ein Paradebeispiel mieser Hollywoodkost zu inszenieren.
Das Militär selbst thront mit seiner Menschlichkeit und seinem Verständnis weit drüber, um auch ja den behinderten Taucher wieder in seinen Anzug zurückzuschicken und nicht in Ruhestand zu schicken.

„Men of Honor“ bleibt seiner Linie bis zum Schluss konsequent treu, heroisiert seinen vermeintlichen Helden, der mit seiner Leidenschaft sogar körperliche Nachteile zu annullieren scheint, über alle erdenkliche Maße und propagandiert die Perfektion des amerikanischen Militärsystems, dem höchstens mal das Ego eines Schreibtischhengstes, der von der Materie keine Ahnung hat, im Wege steht.

Ich will dabei nicht leugnen, dass „Men of Honor“ recht solide inszeniert worden ist und auch über ein paar gute Momente verfügt, in denen es spannend wird und man vom dem Schicksal Carls wahrhaft mitgerissen wird, vorzugsweise gen Meeresboden. Die Situationen genießen allerdings Seltenheitswert. Überschwänglicher Patriotismus und glorifizierender Pathos stehen im Vordergrund. Dazu drückt der Score auf die Tränendrüse und wir dürfen verfolgen, wie Carl jedes noch so große Hindernis überwindet und selbst, als er sein Bein verliert, nur daran denken kann wieder in einen Tauchanzug zu steigen. Bäh...


Fazit:
Maßlos überzogener Hollywoodkitsch der übelsten Sorte, mit einer Hauptfigur, die von einer Aura umhüllt wird, die den Anschein erwecken soll, dass Wille und Mut alles aufbrechen können, auch Rassismus und sogar die Tür zum Nationalhelden öffnen. Dass dabei die Klischees meterhoch aufgetürmt werden, penetrant Schwarzweißmalerei betrieben wird, Stereotypen abgerufen werden und der Pathos ungeahnte Ausmaße annimmt, scheint da nur noch wenige zu interessieren. Selbst die solide Inszenierung konnte mir nicht vormachen, ich solle mich hier gefälligst unterhalten fühlen. Dafür fehlt es vor allem an Tiefe, denn zumindest die Faszination am Tauchen hätte eine Erwähnung finden dürfen. Mit der Realität hat dieses Werk vermutlich wenig zu tun.
Pfui Deibel!

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