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Am Rande einer Bayou-Landschaft feiern diverse Jugendliche und Twenty-Somethings eine für ländliche Regionen typische Party: Zwecks Entfliehen der Langeweile des Alltags, trifft man sich abends an außerhalb der Stadt gelegenen Stellen, zündet Lagerfeuer an, dreht die Musik laut auf und lässt den Alkohol in Strömen fließen. Ein Pärchen hält irgendwann den Moment für gekommen, sich von den anderen zu entfernen und etwas tiefer in den Sumpf hineinzugehen, um sich ungestört einander zuwenden zu können: Ein Kanu soll der Schauplatz ihrer sexuellen Aktivität werden, welche sie sogleich freudig erregt in dem zwischen den Bäumen dahindümpelnden Bötchen in Angriff nehmen – bis plötzlich etwas aus der Dunkelheit, das wie ein Ast oder eine Liane ausschaut, hervorschnellt, den Jungen aufspießt und in die Schwärze der Nacht hinfortreißt, während das Mädel nackt, Blut-besudelt sowie panisch schreiend im Boot verbleibt…

Mit diesem Prolog eröffnet „Man-Thing“ – der über 20 Millionen Dollar teueren Verfilmung eines „Marvel“-Comics. In gewisser Weise ein Gegenstück des bekannteren Titels „Swamp Thing“ aus dem Hause „DC“, sicherte sich „Lions Gate“ die Rechte an dieser Steve Gerber Kreation (übrigens auch Schöpfer der Vorlage des Desasters „Howard the Duck“) im Paket mit denen vom „Punisher“ – genau zu der Zeit, als Adaptionen á la „Blade“, „Spider-Man“ oder „X-Men“ regelmäßig Blockbuster-Status erreichten. Dementsprechend war ursprünglich eine reguläre Kinoauswertung angedacht – bis die Verantwortlichen Regisseur Brett Leonard´s fertiges Produkt zu sehen bekamen und folgend einberufene Testvorführungen vernichtende Bewertungen zutage förderten: Nach vereinzelten Durchläufen auf großen Leinwänden in Russland oder Singapur, welche die Prognosen bzw Befürchtungen vorwiegend bestätigten, feierte der Streifen schließlich (noch vor seiner DTV-Veröffentlichung) seine US-Premiere auf dem „Sci-Fi Channel“…

Kyle Williams (Matthew Le Nevez) ist ein junger Gesetzeshüter, der gerade seine neue Stelle als Sheriff des in den Sumpflandschaften des amerikanischen Südostens gelegenen Örtchens Bywater antritt. Warum die Stadt so heißt, erklärt ihm ein etwas ungepflegter Bewohner auf Anfrage bei seiner Ankunft: „Because it's by the Water.“ Mit dieser wichtigen Gegebenheit geklärt, will er sich eigentlich gemach in seine neue Aufgabe hineinarbeiten, doch Deputy Fraser´s (Alex O´Lachlan) erste Einweisung lässt erahnen, dass die Chancen dafür relativ schlecht stehen: Sein Vorgänger ist anscheinend irre geworden, ehe er vor einiger Zeit spurlos verschwand – dieses Schicksal ereilte zudem eine ganze Reihe anderer Personen aus der Gegend, deren Vermisstenanzeigen die große Pinnwand des Reviers säumen. Kurz darauf informiert ihn der Leichenbeschauer, dass die grässlich entstellten Überreste eines Jugendlichen gefunden wurden – die Wunden weisen eine merkwürdige Form auf, ein Krokodilangriff wird als Ursache in Betracht gezogen. Und als ob das nicht genug für seinen ersten Nachmittag wäre, ruft man ihn im Anschluss raus auf das Öl-Förder-Gelände des Industriellen Frederic Schist (Jack Thompson), der sich aktuell mit einigen Öko-Aktivisten auseinandersetzen muss, welche sich an einen die Anlage erweiternden Bagger gekettet haben. Da Teri (Rachel Taylor), eine attraktive Grundschullehrerin und zugleich Rädelsführerin der Gruppe, Kyle die Stirn bietet und gar in eine schlammige Pfütze schubst, nimmt er sie in Gewahrsam, worauf die anderen Beteiligten widerwillig die Aktion abbrechen. Schist ist zufrieden, die Arbeiten können fortgesetzt werden – so hatte sich jener den Ablauf vorgestellt, denn was Kyle nicht weiß, ist dass er gezielt aufgrund seiner Unerfahrenheit für den Posten ausgesucht wurde, um den Machenschaften der Firma nicht in die Quere zu kommen.

Zurück auf der Wache, klärt ihn Teri über die Lage vorort auf: Unter nebulösen Umständen war es Schist vor einiger Zeit gelungen, eine weite Fläche Land aufzukaufen, das unter den Einheimischen bzw indianischen Ureinwohnern als „heiliger Boden“ gilt, weshalb sie die Durchführung der Pläne, das betreffende Sumpfgebiet trocken zu legen und dort nach Öl zu bohren, unbedingt verhindern wollen. Einige glauben, dass keinerlei Verbindung zu den tödlichen Vorfällen besteht und tatsächlich große Panzerechsen dahinter stecken, andere halten den radikalen Einsiedler Rene LaRoque (Steven Bastoni) dafür verantwortlich, dessen Ziel es ist, Schist unter Verwendung aller zur Verfügung stehender Mittel aufzuhalten. Der Medizinmann Pete Horn (Rawiri Paratene) verdächtigt gar eine mystische Kreatur, welche alte Überlieferungen einen „Wächter der Natur“ (speziell dieser gesegneten Region) nennen und die scheinbar eine ziemlich rachsüchtige Gemütsverfassung vorweist. Natürlich stempelt der in der Großstadt aufgewachsene Polizist letztere Theorie als Unsinn ab, doch schon bald tauchen immer mehr Leichen auf, aus denen irgendwelche Pflanzen von innen heraus zu wachsen scheinen, und ein bekannter „Monsterjäger“ namens Ploog (Robert Mammone) reist extra an, um den Gerüchten nachzugehen. Erwartungsgemäß bleibt Kyle skeptisch – bis er selbst Augenzeuge wird, wie ein großes, entfernt Menschen-ähnliches Geschöpf Fraser zuerst aufspießt und anschließend in zwei Stücke reißt. Eine „Nacht der Entscheidung“ steht an, in welcher sich diverse bewaffnete Parteien (Einheimische, Vertreter der Ölgesellschaft etc) aufmachen, um in dem als „Black Water“ bekannten Zentrum des Sumpfes Licht ins Dunkel der Angelegenheit zu bringen…

„Lions Gate“ war verdammt dienlich damit beraten, „Man-Thing“ einen („wide Release“-) Kinostart zu verwehren, denn so blieb ihnen eine umfassende Kritikerschelte sowie ein großer Flop auf diesem Sektor erspart. Ironischerweise wandten sie diese Taktik wenig später leider nicht im Falle ihres „Boll-Werks“ „Alone in the Dark“ an – das beschämende Resultat ist ja weitläufig bekannt. Als Flick, den man sich am Wochenende mal so auf die Schnelle aus der Videothek seines Vertrauens mit nach Hause nimmt, funktioniert das Werk jedoch verhältnismäßig gut – zwar nicht im Sinne einer gängigen Comic-Superhero-Umsetzung, wie man sie in Anbetracht des „Marvel“-Logos vermuten könnte, sondern primär im Stile eines modernen Creature-Features, inklusive allem, was so dazu gehört (Gore, T&A etc). Der klassische Einstieg weist eindrucksvoll die Richtung, der gesamte erste Akt verströmt entlang dieser Route einen unterhaltsamen B-Movie-Charme, bevor das Geschehen im Mittelteil geringfügig ins Stocken gerät – in dieser Phase gibt es (zu) viele Aufnahmen von Personen, die nachts (aus unterschiedlichen Gründen) durch die Sümpfe waten. Die Kreatur bekommt man erst im letzten Drittel in ihrer vollen Pracht zu sehen – bis dato halten kurze Andeutungen (wie zwei rote Augen in der Dunkelheit oder sich flüchtig abzeichnende Konturen in der Landschaft) den Zuschauer bei Laune. Einerseits resultiert dieses Vorgehen gewiss aus Budget-bedingten Einschränkungen, auf der anderen Seite verhindert es eine Sättigung des Interesses bezüglich des konkreten Aussehens und verleiht der vollen Offenbarung im Zuge des Finales zusätzliches Gewicht, welches ein vorzeitiges Preisgeben bzw Aufzeigen der Design-Details zunichte gemacht hätte.

Ein Punkt, welcher Fans der Vorlage sicher verärgern dürfte, ist die Art, wie man die Titel-Figur konzipiert hat: In groben Zügen lässt sich „Man-Thing“ nämlich eher mit „Pumpkinhead“ vergleichen – er besitzt keine Persönlichkeit, verbleibt die meiste Zeit im Hintergrund und übt grausame Vergeltung auf Basis eines bestimmten Auslösers, nur kann man ihn keineswegs als einen „Helden“ bezeichnen, da sein Vorgehen auch unschuldige Opfer (wie den Teenager am Anfang) umfasst. Es ist eine merkwürdige Situation, die ein eindimensionales Gefühl erzeugt – weder tragische Gestalt noch anfeuerungswürdiger Öko-Selbstjustizler, wirkt er hier bloß wie ein mordendes Monster, das es aufzuhalten gilt. Soll man ihn nun fürchten oder seine Taten bejubeln? Ich weiß es, ganz ehrlich, nicht. Im Comic geht er auf Ted Sallis zurück, einem Wissenschaftler, der sich selbst ein experimentelles Serum injiziert, um zu verhindern, dass es in die falschen Hände gerät. Er flüchtet in die Everglades, wo sich die Wirkung mit der Umgebung vereinigt und er zu jener Kreatur mutiert, die allerdings eine menschliche Seite behält sowie ihre Gegner per Absondern einer entzündlichen Substanz verbrennen kann – „Fear burns at the Man-Thing´s Touch“ lautete eine der Taglines. All das ist vorliegend anders: Keine Flammen, keine Humanität. Über Sallis erfährt man, dass er, ein Indianer, von Schist ermordet wurde, um an das ehrwürdige, rohstoffreiche Land zu gelangen – sie begruben ihn daraufhin unter der Förderanlage und verbreiteten die Geschichte des erfolgreichen Deals, nach welchem er, das Geld im Gepäck, getürmt wäre. Ted´s Knochen werden irgendwann vom Geist des Sumpfes wiedererweckt, worauf er alle tötet, die dem als „Black Water“ bekannten Bereich zu nahe kommen. Nach knapp 70 Minuten tritt er schließlich aus den Schatten direkt ins Rampenlicht und offenbart somit seine körperliche Beschaffenheit: Eine Verbindung aus Ästen, Wurzeln, Moos, Blätter und Lianen, die an eine „Lord of the Rings“-Schöpfung erinnert (vgl. die lebenden Bäume dort). Die Machart (Kostüm plus CGI-Schnickschnack drum herum) würde ich als „einigermaßen ansprechend“ bezeichnen, nur empfand ich die gebündelte Fülle an PC-generierten Effekten im letzten Akt als störend (Stichwort: Explosion) – weniger wäre (mal wieder) mehr gewesen. Auf der heimischen TV-Mattscheibe kann man mit dem Ergebnis trotzdem gerade noch so passabel leben, aber aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet, begrüße ich es, dass man ihn so lange im Verlauf verborgen gehalten hat.

Um Kosten zu sparen, verzichtete man auf „on Location“-Dreharbeiten in Louisiana – stattdessen wurde die Produktion komplett nach Australien verlegt. Die Verpflichtung (dort) einheimischer Darsteller ging jedoch mit einem speziellen Problem einher, das fürs fertige Produkt nicht vollständig ausgemerzt werden konnte – nämlich die Aussprache: Der Versuch, die markanten Aussie-Akzente durch kräftige Südstaaten-Tonfälle zu überlagern, führte zu unfreiwillig komischen Klangvarianten, die in einer Hillbilly-Parodie (made in „Down Under“) besser aufgehoben wären. Was mich gewundert hat, ist dass kein wirklich berühmter bzw gar allgemein stärker geläufiger Name auf der Besetzungsliste zu finden ist. Matthew Le Nevez („Garage Days“/„Feed“) liefert eine solide, sympathische Performance in der Hauptrolle ab, welche im Prinzip an die einer typisch amerikanischen TV-Serie erinnert (ich musste immerzu an den Ranger in „Invasion“ denken). Rachel Taylor („See No Evil“/„Transformers“) agiert ebenso in Ordnung – sie ist hübsch und tough zugleich. Schade, dass der Funke zwischen Kyle und Teri nie wirklich überspringen will. Jack Thompson, der einigen aus „Original Sin“ oder (vor allem) „the Assassination of Richard Nixon“ bekannt sein dürfte, reichert sein Spiel mit genau der richtigen Portion „Over-Acting“ an, um einen den Ursprüngen angepassten Baddie aufzubieten, ähnlich wie Travolta in „the Punisher“ (2004). Ferner bleibt eigentlich nur noch zu erwähnen, dass ein paar Nebenrollen nach Comic-Zeichnern benannt wurden.

Im Endeffekt hätte Hans Rodionoff´s („the Skulls 2“/„Saint Sinner“) Skript getrost unter einem anderen Titel umgesetzt werden können – etwaige Verbindungen zum Ausgangsmaterial sind kaum ausgeprägt. Dieses Gefühl kam selbst mir, einem Nicht-Fan, beim Sichten in den Sinn, ist aber im Grunde egal, sofern der Unterhaltungsgrad stimmt. Ob nun mit dem „Marvel“-Logo oder nicht – Monster-Flicks sind bei mir nahezu immer willkommen, erst recht wenn sie (wie hier) achtbar gemacht sind und aufkeimender Langeweile auszuweichen vermögen. Das (grob gestrickte) Drehbuch ist trotzdem ein auffälliger Schwachpunkt: Die Charakterentwicklung ist auf ein Minimum beschränkt, Stereotypen begegnen einem an jeder Ecke – die Cajuns sind mehrheitlich ungepflegte Hinterwäldler, denen es an Hygiene und Schulbildung mangelt, die indianischen Ureinwohner stolze Menschen, welche vom „weißen Mann“ unterdrückt werden, der Öl-Tycoon ein rücksichtsloser Geschäftsmann (das Firmensymbol erinnert irgendwie an eines der Nazis), sein Sohn eifert ihm bereits stolz nach – von der netten Umweltschützerin und dem freundlichen, charmanten Sheriff ganz zu schweigen. Darüber hinaus wird der Fokus der Handlung zu sehr von der Kreatur, über die man bestenfalls spärliche Informationen erhält, fern gehalten, der Konflikt zwischen der Öl-Gesellschaft und einigen Bewohnern steht zu dominant im Vordergrund. LaRoque (z.B.) ist eine interessante Figur, welche allerdings hauptsächlich dafür verwendet wird, einen anderen Verdächtigen in den Ring zu werfen und die Auflösung künstlich hinauszuzögern – derartige Subplots wurden eher oberflächlich in die Story eingebunden. Ein rustikales Restaurant im Ort dient als beliebter Treffpunkt, und Rodionoff nutzt das als Möglichkeit, Kyle gebündelt mit allen bekannt zu machen, was positiv zu sehen ist, nur hätte man die so „eingesparte Zeit“ im zweiten Akt besser nutzen können, als diverse nächtliche Sumpfexkursionen aufzuzeigen. Fast vergessen: Eine ökologische Botschaft gibt es natürlich ebenfalls – nur befindet sich diese in etwa auf „On Deadly Ground“-Niveau (wenn alle friedlichen Mittel ausgeschöpft sind: die Verantwortlichen töten und den Förderturm sprengen)…

Regisseur Brett Leonard („the Dead Pitt“), der in den 90ern dafür bekannt wurde, „Virtual Reality“-Sequenzen in seine Filme einzuflechten (siehe „Hideaway“, „the Lawnmower Man“ oder „Virtuosity“), bevor es deutlich stiller um ihn wurde, bis ihm mit dem verstörenden Psycho-Schocker „Feed“ (2005) ein echter Geheimtipp gelang, gibt sich sichtlich Mühe, einen gewissen Comic-haften Stil zu kreieren, was ihm vornehmlich aufgrund der Verwendung diverser Farbfilter optisch reizvoll gelingt – außerdem liefert er selbst einen Gastauftritt als Leichenbeschauer ab. Die Aufnahmen am Tage sind meist in ein bräunliches Licht getaucht, der Sumpf weist einen beinahe neon-grünen, ansatzweise surrealen Schimmer auf, welcher entzückt. Dies passt hervorragend zu dem Setdesign, das teilweise leicht künstlich erscheint und ständigen Bodennebel sowie viel von den Bäumen hängendes Moos aufweist – der erzeugte Look ist einfach cool und erinnert an die Art der Vorlage. Hinzu kommen authentisch wirkende Locations, die wirksam zur stimmigen Atmosphäre beitragen, u.a. ein baufälliges Gebäude, in dem einige Männer erlegte Alligatoren häuten sowie ihre Knochen abkochen, um daraus strahlend weiße Trophäen oder Souvenirs herzustellen. Szenenübergänge werden (teils) in Form von hektisch zwischengeschnitten Bildmontagen (in wechselnden Abspielgeschwindigkeiten) überbrückt, die alt-ehrwürdige „Monster Vision“ findet Verwendung und der abwechslungsreiche Soundtrack (plus Score) weiß zu gefallen. Der Gewaltgrad ist anständig: Leichen, aus deren Innern Äste und sonstige Pflanzen heraus wuchern, aufgespießte oder halb durchgerissene Körper, ein bisschen Blood-Spatter. Einige routinierte „Jump Scares“ runden die Sache schließlich ab – und dann wäre da noch ein fantastischer Schockeffekt in einem Krankenhaus, der voll ins Mark trifft!

Fazit: „Man-Thing“ ist eine formelhafte, nicht sonderlich aufregende Geschichte, welche sich einen Tick zu ernst nimmt, sich dafür aber in ihrer Gesamtheit als ein kurzweiliger „DTV-Zeitvertreib“ eignet und all jenen gefallen dürfte, die allgemein mit „Creature Features“ etwas anzufangen wissen …

„6 von 10“

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