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Es ist sicherlich kein leichtes Unterfangen, einen Film zu besprechen, bei dem man Fan der literarischen Vorlage und des Autors im Allgemeinen ist, aber wenn die Umsetzung gelungen ist, sollte man es vielleicht doch wagen. "Garp und wie er die Welt" sah gilt in Fankreisen weiterhin als eines von John Irvings herausragenden Werken und die Leinwandadaption braucht sich mit Sicherheit nicht vor "Hotel New Hampshire" und "Gottes Werk und Teufels Beitrag" zu verstecken.

George Roy Hill folgt, ziemlich werkgetreu, dem Leben T. S. Garps, bei dem schon die Zeugung etwas anders verläuft als bei 'normalen' Menschen. Erzogen von seiner resoluten Mutter, einer Gegnerin der "Wollust" und später gefeierten Feministin, wächst Garp zu einem Mann heran, der manchen vielleicht an "Forrest Gump" erinnern wird, obwohl Garp zweifellos mit einer höheren Intelligenz gesegnet ist und nicht ganz so naiv durch seine Umwelt spaziert. Beide verbindet aber die Fähigkeit, das Leben von der lockeren Seite zu betrachten und sämtliche Schicksalsschläge wegzustecken. Selbst im Angesicht des Todes hat Garp noch ein Grinsen auf dem Gesicht und träumt vor sich hin, er könne nun fleigen, obwohl er schwer verletzt in einem Rettungshubschrauber liegt.

Die episodenhafte Struktur der Vorlage wurde beibehalten, wodurch zwangsläufig manche Zusammenhänge etwas schleierhaft erscheinen. Irving ließ sich knapp 600 Seiten Zeit, um alle Facetten seiner Figuren und seiner Geschichte zu erfassen, Hill musste das alles auf 130 Minuten komprimieren. Umso erstaunlicher, dass sein Film dennoch über weite Strecken den Ton des Buches trifft. Minutiös wechseln sich Trauer, Glück und Witz ab, zudem spart Hill nicht an Irving-typischer Sequenzen, die eigentlich ins Reich des Phantastischen gehören. So stürzt schon mal ein Flugzeug während einer Besichtigung ins Haus und Garps Visionen als Schriftsteller erwachen zum Leben.

Das unbestrittene Highlight des Buches, die Szene mit Helens Liebhaber vor der Garageneinfahrt und der folgenden Tragödie, ist schließlich auch im Film ein kleiner Wendepunkt, von dem an eher traurigere Töne dominieren. Garps Mutter fällt im Rahmen eines Attentats einem Frauenfeind zum Opfer und Garp wird eine ewig währende Feindschaft zum Verhängnis. Die Gründe dafür legt wiederum der Roman sehr viel nachvollziehbarer dar, aber ein rundes Ende findet Hill ebenso wie Irving, wenn auch in etwas anderer Form.

Überragende Darstellerleistungen runden einen schönen Film ab: Unvergesslich bleiben Robin Williams in der Hauptrolle und John Lithgow als Ex-Footballer und jetziger Transvestit Roberta Murdoch. Aber auch Mary Beth Hurt und Jessica Lange bleiben dauerhaft im Gedächtnis.

"Garp und wie er die Welt sah" ist ein Film zum Drin-Versinken, bei dem man auch in Unkenntnis der Vorlage für knapp zwei Stunden seine Alltagssorgen vergessen kann. Als Einstieg in die Welt Irvings eignet sich übrigens Hills sehr werkgetreue Adaption, ebenso wie die Vorlage, prima.

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